Rückraumspieler der Füchse Berlin: Die Karriere von Simon Ernst steht auf der Kippe
Die Füchse Berlin sind nach dem bereits dritten Kreuzbandriss von Simon Ernst geschockt – und suchen nach Ersatz für den Rückraum.
Beim Training der Füchse Berlin sind am Dienstagmorgen Tränen geflossen. Nach Trainer Velimir Petkovic richtete auch Simon Ernst ein paar Worte an die Mannschaft. Welche genau, ist nicht überliefert – doch allein der Anlass, die dritte Kreuzbandverletzung von Rückraumspieler Ernst innerhalb von nur zweieinhalb Jahren, war schon tragisch genug. Der 25-Jährige muss um die Fortsetzung seiner Karriere bangen.
„Der Schock ist groß. Ich habe es nach dem Spiel schon vermutet, weil er mir schon ein paar Sätze gesagt hat“, erklärt Petkovic am Dienstag. Die traurige Gewissheit gab es dann bei der Untersuchung am Montag. Doch auch ohne ärztlichen Befund habe Ernst gewusst, dass etwas kaputt ist. Passiert war es Mitte der zweiten Hälfte des Heimspiels gegen den Bergischen HC am Sonntag (27:24). Ohne gegnerische Einwirkung kam Ernst unglücklich auf und trabte danach erst durch den Kreis und anschließend Richtung Bank. Seine Körpersprache verhieß schon da nichts Gutes.
„Er weiß selbst noch nicht, was er machen will. Er denkt an alle möglichen Optionen“, sagt Petkovic. Der erfahrene Trainer hat ihm geraten, zunächst ein paar Tage zu überlegen, Gespräche mit Ärzten und seiner Familie zu führen. Dass er in dem jungen Alter bereit ist, den Reha-Weg „noch einmal zu gehen und dann vielleicht noch einmal“, so Petkovic – das ist tatsächlich schwer vorstellbar.
Mit Ernst verliert Petkovic „einen absoluten Profispieler“, wie er ihn nennt. Und ganz nebenbei auch einen Europameister von 2016. Ernst, der bei der EM in Polen nur in der Abwehr spielte, galt schon seinerzeit als großes deutsches Handballtalent, er war der Jüngste im jungen Kader des damaligen Bundestrainers Dagur Sigurdsson. Mit Fabian Wiede spielte er schon zusammen in der Nationalmannschaft, mit dem Linkshänder und Paul Drux durchlief er sämtliche U-Nationalmannschaften. Bei den Füchsen bildeten sie zuletzt ein starkes Trio im Rückraum.
Ernst genießt innerhalb der Mannschaft sowohl als Mensch als auch als Handballer hohes Ansehen. Allein seine Arbeitsauffassung hat Petkovic immer wieder beeindruckt. „Er macht mehr für sich als viele, viele andere – und wird trotzdem immer wieder bestraft. Er war der, der noch zwei Stunden länger geblieben ist nach dem Training, als die anderen nach Hause gingen“, sagt Petkovic. Dass Ernst genau das tat, hat auch mit seiner Verletzungsgeschichte zu tun.
Füchse verlängerten Ernst' Vertrag in der Reha
Seit Sommer 2018 spielt er bei den Füchsen Berlin. Als die Verpflichtung schon feststand, riss er sich noch in Diensten des VfL Gummersbach zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres das Kreuzband – nur sechs Wochen, nachdem er aufs Spielfeld zurückgekehrt war. Zum Unmut von Füchse-Manager Bob Hanning, für den Ernst viel zu früh wieder eingesetzt wurde. So fiel der fest eingeplante Zugang für die komplette Saison 2018/19 aus. Noch während der Reha verlängerten die Füchse den Vertrag mit Ernst vorzeitig um ein Jahr bis 2021 – ein mutiger wie ungewöhnlicher Schritt.
Zwar hätte Ernst bereits zum Ende der vergangenen Spielzeit wieder spielen können – doch die Füchse wollten nicht den gleichen Fehler machen wie die Gummersbacher im Jahr zuvor. Sie ließen ihm alle Zeit, um sich zu regenerieren, wollten kein Risiko eingehen. In der Vorbereitung war er dann ein gefühlter Neuzugang, überzeugte auch zu Beginn der neuen Saison. Bis zum Sonntag.
Die Lücke, die Ernst hinterlässt, versuchen die Füchse wiederum mit einem externen Neuzugang zu schließen. „Jemand muss jetzt kommen und uns helfen. Jetzt kommt ein schweres Programm, ja auch noch der Europapokal hinzu“, sagt Petkovic, der mit seinem Team in der dritten Qualifikationsrunde des EHF-Cups auf den schwedischen Vizemeister aus Malmö treffen wird. Das ergab die Auslosung am Dienstag. „Ich habe gestern lange mit Bob Hanning gesprochen“, sagt Petkovic zu potenziellen Nachverpflichtungen, „er ist sich dessen bewusst.“
Am Sonntag in Balingen, im letzten Bundesliga-Spiel vor der Länderspielpause, muss Petkovic allerdings noch ohne schnellen Ersatz auskommen. Kurzfristig soll die Lücke mannschaftsintern geschlossen werden – durch Jacob Holm etwa, der nach einer Knieverletzung selbst erst seit wenigen Wochen wieder richtig fit ist. „Mein Knie ist okay, ich bin bei fast 100 Prozent“, sagt Holm. Ihm gefalle zwar gut, dass er durch den Ausfall von Ernst mehr Verantwortung übernehmen dürfe, sagt der dänische Rückraumspieler. „Nur ist es nicht schön, dass es deswegen so ist.“