Handball-Bundesliga: Die Füchse und Magdeburg trennen sich in einem dramatischen Spiel 23:23
Bis kurz vor Schluss lagen die Füchse gegen den SC Magdeburg zurück, doch dann drehten sie noch einmal auf.
Silvio Heinevetter stapfte über das Parkett wie ein Roboter auf Starkstrom. Die Bewegungen des Torhüters der Füchse Berlin wirkten sehr grobmotorisch, in seinem Blick lag eine gehörige Portion Wahnsinn, als er schließlich unter einer Traube von Mitspielern begraben wurde. Heinevetter bestätigte am zweiten Weihnachtsfeiertag wieder einmal das ungeschriebene Gesetz, dass er gegen seinen Ex-Klub, den SC Magdeburg, stets zu besonderen Leistungen im Stande ist. Im Spitzenspiel in der Handball-Bundesliga lagen die Füchse Berlin lange Zeit aussichtslos in Rückstand, am Ende einer hochdramatischen zweiten Halbzeit verkürzten sie aber Tor um Tor und kamen 20 Sekunden vor dem Ende zum schmeichelhaften Ausgleich durch Petar Nenadic - und doch wären sie ohne Heinevetter mit leeren Händen in die EM-Pause gegangen. Die Uhr war bereits abgelaufen, als der Nationaltorhüter den finalen Wurf, einen Siebenmeter von Magdeburgs Robert Weber, parierte und seinem Team immerhin einen Punkt bescherte. 23:23 (11:16) hieß es vor 9000 Zuschauern in der ausverkauften Max-Schmeling-Halle, darunter eine lautstarke und am Ende reichlich frustrierte Delegation aus Sachsen-Anhalt.
„Die Frage, ob das ein gewonnener oder ein verlorener Punkt ist, stellte sich heute nicht“, sprach Matchwinner Heinevetter, „wir waren 40 Minuten richtig schlecht, sind überhaupt nicht ins Spiel gekommen, aber dann haben wir gekämpft und uns den Punkt verdient“. Trainer Velimir Petkovic bemühte ähnliche Worte. „Wir haben zuhause einen Punk gelassen, aber nach dem Spielverlauf bin ich natürlich erleichtert, dass wir nicht verloren haben“, sagte er, „40 Minuten war meine Mannschaft, die ich die ganze Saison gelobt habe, überhaupt nicht auf dem Feld.“ Magdeburgs Trainer Bennet Wiegert, Sohn des legendären DDR-Handballers Ingolf Wiegert, fühlte sich an das letzte Duell beider Abordnungen in Berlin und gleichwohl an einen Hollywood-Klassiker erinnert. „Ich kann zu diesem Spiel nur einen Satz sagen: Und täglich grüßt das Murmeltier.“ Beim letzten Aufeinandertreffen hatten die Magdeburger das Kunststück fertig gebracht, in den letzten 90 Sekunden noch drei Tore Vorsprung und damit einen sicher geglaubten Auswärtssieg zu verspielen, diesmal stellten sie sich nicht viel cleverer an.
Drama bis zum Schluss
Nach einer kleinen Abschiedszeremonie für Spielmacher und Torjäger Petar Nenadic, der die Füchse nach der Europameisterschaft in Kroatien (12. bis 28. Januar) Richtung Veszprem verlässt, erwischten die Gastgeber zunächst den besseren Start. Neben Heinevetter konnten sie sich offensiv konnten vor allem auf ihre Halbspieler verlassen: Steffen Fäth und Marko Kopljar erzielten sechs der ersten sieben Berliner Treffer und hatten großen Anteil an der ersten Drei-Tore-Führung (7:4/10.). In der Folge fiel den Füchsen allerdings nicht mehr viel ein; Magdeburg antwortete mit einem 6:0-Lauf, insgesamt blieben die Berliner elf Minuten ohne eigenen Treffer, erst Stipe Mandalinic unterbrach diesen Negativ-Lauf mit seinem Tor zum zwischenzeitlichen 8:10. Wirklich besser wurde es danach aber auch nicht aus Sicht der Gastgeber: Zur Pause (11:16) hatten die Magdeburger nicht nur auf der Anzeigetafel Oberwasser gewonnen, sondern auch auf den Rängen. Wie ein typisches Füchse-Heimspiel hörte sich die Schlussphase der ersten Hälfte jedenfalls nicht an, auf der Tribüne dominierten die Gäste-Fans.
Dass die Füchse nach dem Seitenwechsel überhaupt einigermaßen in Schlagdistanz bleiben, lag vor allem am scheidenden Peter Nenadic. Bis zur 40. Minute hatte der Serbe auffällig unauffällig agiert und die für seine Verhältnisse lächerliche Ausbeute von zwei Treffern beigesteuert, nun übernahm er in altbekannter Manier: jeder Angriff, jede Aktion lief über Nenadic. Am Ende musste er sich sogar als Siebenmeterwerfer versuchen, weil die Außenspieler Hans Lindberg und Bjarki Elisson keinen ihrer drei Strafwürfe unterbrachten. Bei Nenadics Ausgleich zum 23:23 herrschte ein Geräuschpegel in der Max-Schmeling-Halle, wie man ihn schon lange nicht mehr bei einem Handball-Spiel erlebt hatte. Sekunden später, nach Heinevetters letztem Akt, wurde er dann noch einmal getoppt.