EHF-Cup im Handball: Die Füchse Berlin planen ein Abwehrbollwerk am Balaton
Die Füchse Berlin setzen am Donnerstag im EHF-Cup gegen den ungarischen Klub Balatonfüredi wieder auf ihre starke Defensive.
Velimir Petkovic ist nicht gerade bekannt dafür, auf unkonventionelle Methoden zu setzen. In der Vorbereitung holt der Trainer der Füchse Berlin zum Beispiel gern mal die Medizinbälle aus dem Schrank, auch darüber hinaus ist seine Idee von erfolgreichem Handball eher oldschool: gute Torhüter, eine aggressive, giftige, ordentlich eingestellte Abwehr – dann ist das schon die halbe Miete.
Am späten Sonntagnachmittag hat Petkovic nun bewiesen, wie wandelbar und aufgeschlossen er auch im fortgeschrittenen Alter von 62 Jahren geblieben ist. Im ersten Spiel der Gruppenphase des EHF-Pokals gegen den französischen Erstligisten St. Raphael lief die letzte Minute, als der Füchse-Trainer die Grüne Karte beim Wettkampfgericht einreichte – Auszeit. Seine Mannschaft führte zu diesem Zeitpunkt mit drei Treffern Vorsprung und hatte Ballbesitz; die Angelegenheit war durch, auf den ersten Blick bedurfte es keiner weiteren Instruktionen. Warum also diese Auszeit?
"Rhythmus finden, Spannung aufbauen"
"Ich habe natürlich mitbekommen, dass manche auf der Tribüne und der gegnerische Trainer schief geguckt haben", sagt Petkovic, "normalerweise macht man so etwas ja nicht, weil es unfair ist." Im konkreten Fall hatte der Füchse-Trainer allerdings gute Argumente auf seiner Seite: Es ging ihm um das Torverhältnis im direkten Vergleich mit St. Raphael, dem stärksten Gegner der Gruppenphase. "Das kann am Ende über den Gruppensieg und unsere Ausgangsposition entscheiden", sagt Petkovic, "deshalb war die Auszeit eher weitsichtig und perspektivisch wichtig."
Am Donnerstag können die Berliner weiter an ihren Europapokal-Perspektiven arbeiten. Dann bestreiten sie nach St. Raphael das zweite von insgesamt sechs Gruppenspielen im EHF-Cup beim ungarischen Klub Balatonfüredi KSE (18 Uhr/live bei Dazn). Für die Dienstreise an den Balaton hat Petkovic – neben zwei Punkten – eine klare Vorgabe formuliert: "Wir müssen unseren Rhythmus finden und wieder richtig Spannung aufbauen." Letzterer Wunsch gilt vor allem für einen Mannschaftsteil: die Defensive.
In der Hinrunde war das Abwehrbollwerk um Jakov Gojun und dessen Nebenleute sowie die Torhüter Silvio Heinevetter/Malte Semisch einer der Garanten dafür, dass die Berliner im DHB- und EHF-Pokal weiter berechtigte Hoffnungen auf einen großen Titel hegen dürfen. Zuletzt offenbarten die Füchse in diesem Bereich allerdings ungeahnte Schwächen: Zum Bundesliga-Start 2019 kassierten sie in Lemgo 34 Tore, drei Tage später waren es gegen St. Raphael 29 Gegentreffer. "Wir hatten da gewisse Probleme, das war offensichtlich", sagt Petkovic, "deshalb bin ich auch ein paar Mal lauter geworden als normal." Der Coach führt diesen Umstand nicht zuletzt darauf zurück, dass die Berliner insgesamt sieben Spieler für die Handball-Weltmeisterschaft abstellen mussten und nicht wie gewöhnlich in kompletter Mannschaftsstärke trainieren konnten. Defensive ist im Handball Detailarbeit, sie bedarf feinster Abstimmung und x-facher Wiederholung im Training.
Immerhin wird Petkovic in absehbarer Zeit wieder auf einen seiner besten Verteidiger zurückgreifen können. Linksaußen Kevin Struck, der Abwehrchef der U21-Nationalmannschaft, könnte am Sonntag im Bundesliga-Heimspiel gegen den VfL Gummersbach nach auskurierter Verletzung ebenso wieder zum Kader stoßen wie der schwedische Nationalspieler Mattias Zachrisson. Gegen Balatonfüredi wird Petkovic zunächst einen Plan ohne besagtes Duo schmieden müssen.
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