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Dagur Sigurdsson verlässt die Füchse Berlin.
© dpa

Handball: Die Füchse Berlin nehmen Abschied und verlieren

Die Füchse Berlin verlieren ihr letztes Saisonspiel 28:32 gegen Flensburg, aber das interessiert an diesem Abend niemand. Gefeiert werden vier Spieler und Trainer Dagur Sigurdsson. Sie alle verlassen den Verein im Sommer.

Die Ehrenrunden, sie nahmen gar kein Ende. Warum auch, bei dieser Begeisterung? Selbst 30 Minuten nach der Schlusssirene hatte es noch kein Zuschauer gewagt, die Halle zu verlassen, jedenfalls keiner, der es mit den Füchsen Berlin hält. Gab ja auch einige zu verabschieden am Freitagabend, genau genommen vier arrivierte Spieler, namentlich Iker Romero, Konstantin Igropulo, Evgeni Pevnov sowie Pavel Horak. Und natürlich einen Mann, dessen Verdienste noch ungleich größer einzustufen sind und dem sie, passend zum Anlass, die Titelseite im Hallenheft gewidmet hatten: Trainer Dagur Sigurdsson, der den Handball-Bundesligisten nach sechs Jahren verlassen wird. Kein Wunder also, dass das letzte Pflichtspiel der Berliner in dieser Saison gegen die SG Flensburg-Handewitt zur Nebensache geriet. Es ging mit 28:32 (15:13) verloren, aber das interessierte auch niemanden mehr so recht. Wann gibt es das schonmal, dass Niederlagen derart bejubelt werden?

Für beide Mannschaften ging es um nichts mehr

Für die Berliner ging es ja nur noch um die Frage, ob sie in der Abschlussklassement auf dem sechsten oder siebten Rang landen würden, was für die Gesamtsituation von überschaubarer Relevanz und für die ohnehin ausgelassene Stimmung nur förderlich war: Durch den Sieg im EHF-Cup Mitte Mai ist den Füchsen die Qualifikation für den Europapokal in der neuen Saison nicht mehr zu nehmen. Bei den Flensburgern gestaltete sich die Gemengel ge ähnlich: Auch sie haben kürzlich mit dem DHB-Pokal einen bedeutsamen Titel gewonnen und sind als Bundesliga-Dritter bereits sicher für die Champions League qualifiziert.

Dieser Fakt in Kombination mit herrlichem Sommerwetter führte dazu, dass selbst der erfahrungsgemäß überaus reiselustige Anhang der Norddeutschen andere Pläne für die Abendgestaltung hatte als einen Ausflug nach Berlin. Dafür kamen zur letzten Vorstellung von Kapitän Iker Romero, Konstantin Igropulo, Evgeni Pevnov, Pavel Horak und Trainer Dagur Sigurdsson umso mehr Berliner: Die Max-Schmeling-Halle war am Freitagabend mit 9000 Besuchern zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ausverkauft.

Schon nach 15 Minuten waren 20 Treffer gefallen

Die Zuschauer sahen von Beginn an ein temporeiches und höchst unterhaltsames Spiel, dem allerdings fast jede Physis fehlte. Das Schaulaufen am letzten Spieltag war nicht in Ansätzen mit den umkämpften Begegnungen zu vergleichen, die sich beide Klubs in den zurückliegenden Jahren geliefert haben, etwa dem DHB-Pokalfinale 2014. Deutschlands WM-Schiedsrichtergespann Lars Geipel/Marcus Helbig hatten folglich kaum Sorgen mit der Spielleitung, sie konnten es ziemlich locker laufen lassen. Nach einer Viertelstunde waren bereits 20 Treffer gefallen (10:10), obwohl Petr Stochl im Berliner Tor und Mattias Andersson im Flensburger gar nicht mal schlecht hielten.

Nach dem Seitenwechsel ging es ähnlich wild weiter, mit einem feinen Unterschied: Jetzt durfte auch Romero aufs Feld, und der Spanier zeigte im letzten Spiel seiner großen Karriere noch einmal, welch ein Ausnahmespieler er ist: mit acht Treffern war er bester Schütze der Partie, die nun endgültig in ein Volksfest ausuferte.

Kurz vor dem Ende tat Trainer Sigurdsson dann etwas, was er normalerweise nie tut an Spieltagen. Er setzte sich auf die Bank, einfach so, und stellte sämtliche Anweisungen ein, um die letzten Minuten einfach zu genießen. Wenig später gesellte sich dann auch Manager Bob Hanning dazu, er legte seinen Arm um den scheidenden Trainer, wechselte ein paar Worte mit ihm und drehte sich lächelnd zu dem Mann um, der in der ersten Reihe hinter ihm saß: Erlingur Richardsson. In vier Wochen übernimmt der Isländer die Füchse als verantwortlicher Trainer.

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