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Bald beim DFB vereint. Fritz Keller (r.) und Joachim Löw präsentierten 2014 Freiburgs damaligem Oberbürgermeister Dieter Salomon den WM-Pokal.
© Patrick Seeger/dpa

Fritz Keller soll den Verband erneuern: Die Freiburger Front im DFB

Mit Fritz Keller holt sich der Deutsche Fußball-Bund einen weiteren Funktionär aus Freiburg ins Haus. Was die Breisgauer Clique auszeichnet.

Von David Joram

Im Großen und Ganzen ist Freiburg ein hübsches Städtchen. Eines, das neben viel Lebensqualität auch ein paar Eigenheiten bietet, zum Beispiel die Freiburger Bächle. Wer in jene schmalen Wasserrinnen tritt, die vornehmlich in der Innenstadt zu finden sind, muss – so befiehlt der Brauch – eine Freiburgerin oder einen Freiburger heiraten. Alteingesessene Freiburgerinnen und Freiburger überspringen die Bächle längst instinktiv, was ein bisschen schade ist, weil ihnen so die darin schwimmenden Bächleboote entgehen. Die kleinen Schiffchen fahren manchmal sogar unter der Flagge des ortsansässigen Sportclubs, was erstaunlich gut passt. So ruhig und gelassen wie die Bächleboote durchs Wasser treiben, tickt nämlich auch der SC Freiburg.

Dass der SC ein wohltuend anderer Bundesligist ist, gilt längst als Phrasenschweinsatz. An diesem Mittwoch kommt man aber kaum umhin, dies noch einmal zu betonen. Der SC-Präsident Fritz Keller stellt sich nämlich in Berlin den Vertretern der Regionalverbände des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und der Profivereine vor. Keller, 62, soll bald dem DFB vorstehen, der sich mit dieser Nominierung jene Ruhe und Gelassenheit wünscht, die in Freiburg selbstverständlich ist. Die Wahl zum DFB-Präsidenten steht am 27. September auf dem Bundestag in Frankfurt am Main an. Von ihr soll – wieder einmal – ein Neuanfang ausgehen.

„Der DFB ist, was die Außendarstellung betrifft, in der Krise“, sagt Thomas Schmidt, Präsident des Südbadischen Fußballverbands, der Keller schon einige Jahrzehnte kennt und ihn für eine gute Wahl hält. „Er hat einen gewissen Stil. Seine Argumente vertritt er sehr dominant, er geht seinen Weg“, sagt Schmidt, der bekräftigt, dass es Keller um die Sache an sich gehe. „Südbadener sind keine Lautsprecher. Sie sagen nur etwas, wenn sie wissen, um was es geht und wenn es an der Zeit dazu ist. Konkret und ohne Polemik“, sagt Schmidt. „Sie sind deshalb auch in diversen Gremien von Wirtschaftsunternehmen gern gesehen.“

Vielleicht ist es also kein Zufall, dass die südbadische Metropole bald den Nabel des deutschen Fußballs bildet. Auch die Südbadener Joachim Löw, Bundestrainer, und Marcus Sorg, Löws Assistent, haben eine langjährige Freiburger Fußball-Vergangenheit. „Es geht beim Sportclub um Weiterentwicklung. Man hat nicht diesen Traditionsballast wie andere Standorte“, sagt Rudi Raschke, der von 2008 bis 2015 Pressesprecher des SC war.

Fußball auf Bundesliga-Niveau sei noch ein relativ junges Gefühl in der Stadt, man habe den Sport lange als Freizeitangebot gesehen. „Fritz Keller ist dem Stocker-Credo verhaftet. Es ging immer ums Konzept, nicht um klangvolle Namen“, sagt Raschke. Der 2009 verstorbene Achim Stocker, Vorgänger Kellers als SC-Präsident, baute etwa die Freiburger Fußballschule auf – gemeinsam mit einem gewissen Volker Finke.

Fritz Keller ist Tüftler und Bastler

Nachhaltigkeit und Innovation sind in Freiburg keine Worthülsen. Ein Hang zum Tüfteln wird den Menschen zwischen Oberrhein und Schwarzwald nachgesagt, sie gelten als pragmatisch und detailversessen, ideenreich, sofern das Umfeld überschaubar bleibt. Große Industriehallen sucht man in dieser Region vergebens, die stehen in Stuttgart oder Mannheim. Im Freiburger Umland sitzt der Mittelstand, in vielen Fällen noch in Familienhand, mehr oder weniger zwischen Wald, Wiesen, Flüssen und Bergen residierend. „Dieses ,Basteln‘, wie früher in der Uhrenindustrie, die Liebe fürs Detail, das ist schon typisch für die Menschen hier“, sagt Raschke, „das Rausgehenkönnen, gleich In-der-Landschaft-Sein“ rege an, „zur Reflexion, zur Einkehr“.

Auch dafür, für den Blick ins nahe Umfeld, steht Fritz Keller, der Winzer und Weinhändler, der im nahe der französischen Grenze gelegenen Kaiserstuhl ein Hotel betreibt und als Genussmensch gilt. „So wie er nun medial dargestellt worden ist, als ,Anti-Grindel‘, war das keine falsche Beobachtung“, sagt Raschke. Während Ex-DFB-Präsident Reinhard Grindel gerne die höheren Kreise bezirzte, soll Keller als echter Vertreter der Basis gelten. „Bislang war das so, etwa in Fragen von Integration und Inklusion, in denen wir mit ihm einen Schritt nach vorn gemacht haben“, sagt Schmidt. Südbadens Fußballchef hofft, dass „diese Randzonen, die normalerweise nicht so thematisiert werden“, durch Keller auch beim DFB wieder mehr Raum einnehmen.

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