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Weg damit! Stewards halten deutsche Fans davon ab, ihr Banner zu befestigen.
© dpa

WM 2014 - DFB gegen Fifa: Die Fifa verbietet Banner im Stadion, die Fans sind empört

Die Fifa verbannt bei der WM in Brasilien eine uralte Insignie der europäischen Fankultur: die traditionellen Banner. Jetzt reagiert der DFB.

Der 27. Juni 2010 war ein historischer Tag: Deutschland schlug England 4:1. Der Tag, an dem Deutschland späte Wiedergutmachung für das „Wembley-Tor“ erfuhr, war nicht nur sportlich von Bedeutung. Im Free-State-Stadion von Bloemfontein lieferten sich auch die gegnerischen Fangruppen einen gewohnten Wettkampf. Jede Tribünenbegrenzung, jede Balustrade, jeder Aufgang war verhängt mit Fahnen, Spruchbändern und Plakaten. Von den Terracotta-Tönen der offiziellen Fifa-Stadionausschmückung waren nur noch Bruchteile zu erkennen.

Das Scharmützel mit den Bannern hat Tradition. Seit den späten Achtzigern versuchen deutsche Fans, die Hegemonie der Briten in den Arenen beim Aufeinandertreffen ihrer Teams zu brechen. Das sorgt seither für eine beeindruckende Farbenpracht auf den Rängen. Doch die Zeiten, in denen unbeschwert Flagge gezeigt werden konnte, sind bei Fifa-Turnieren offenbar vorbei. Textilien mit einer Größe über 1,50 mal zwei Meter sind laut Hausordnung in WM-Stadien verboten. Bereits in Südafrika war das Mitbringen der Banner ein Politikum. Doch der Regenbogenstaat wollte der Welt ein freundliches Bild von sich vermitteln, dafür setzte er sich im Zweifelsfall auch über Fifa-Richtlinien hinweg.

In Brasilien herrscht eine No-Tolerance-Politik.

Beim Match der deutschen Elf gegen Ghana wurden Fahnen von der Stadionexekutive in teils rüder Art von den Zäunen und Tribünenmauern abgerissen. „Da wurde keine Rücksicht genommen“, sagt der Berliner Fan Marco Knieschewski, der seine Fahne vorsichtshalber nicht aufhing, „wenn die so dran zerren, ist die Fahne nicht mehr zu gebrauchen.“

Der Anhänger des BFC Dynamo blickt auf eine bewegte Vergangenheit als Fußballreisender zurück. Zu DDR-Zeiten geriet er öfter in Konflikt mit den Behörden. Die Rücksichtslosigkeit, mit der die Sicherheitskräfte in Brasilien auftreten, überrascht ihn dennoch. Die Stewards werden bei ihren Aktionen an den Tribünen mitunter von bewaffneten Militärpolizisten unterstützt. Marco Knieschewski sagt: „Viele von uns nehmen das Vorgehen widerspruchslos hin, weil sie keine Lust haben, in einem Land wie Brasilien in Gewahrsam genommen zu werden. In Europa würde das anders laufen.“

Von einigen Anhängern hatte die Security teils jahrzehntealte Banner, von hohem ideellen Wert, konfisziert. DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock sandte ein Schreiben an Fifa-Funktionär Jerome Valcke mit der nachhaltigen Bitte um Mäßigung: „Tausende deutscher Fans nehmen große Strapazen auf sich, um unsere Mannschaft bei diesem Turnier zu unterstützen. Wir wünschen uns, dass sie im Rahmen der geltenden Regeln möglichst viele Freiheiten bekommen, um ihre friedlichen und stimmungsvollen Aktionen in den Stadien zeigen zu können.“ Die Fifa bedauerte im Gegenzug das Vorgehen, vom generellen Banner-Verbot sah der Weltverband jedoch nicht ab. Der Versuch des DFB, eine Genehmigung für das Ausrollen einer Blockfahne oder das Ausbreiten des Riesen-Trikots für seine Fans zu erhalten, war bereits im Vorfeld des Turniers gescheitert. So bot sich beim Regenmatch in Recife das gewohnte Bild. Sämtliche mitgebrachten Fahnen wurden durch massives Polizeiaufgebot im Block eliminiert. Nachdem die Sicherheit zunächst kompromisslos aufgeräumt hatte, tauchten nach und nach viele alte Bekannte wieder an den Stadionbalkonen auf: das „Hochschwanger WM-Team“, „Bad Walchsee“, die „Lichtenberger Jungs“.

Am gegenüberliegenden Oberrang überdauerte derweil als Einziger der „KSC Freak“ unbehelligt das gesamte Spiel. Als die deutsche Mannschaft nach ihrem Sieg hinterm US-Tor zu den Fans kam, zeigte sich die Pracht mitgebrachter Faninsignien. Im Block rissen Dutzende von Anhängern stolz ihre Fahnen hoch: „Kamminke“, „Dudenhofen“, „Halle/S.“, „Weiler“, „Die Burker“ – und wie all die Unentwegten heißen, die mit den Aufschriften ihrer Banner längst eins geworden sind. Es sah sehr schön aus.

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