Frauen-Fußball: WM in Kanada: Die deutschen Stürmerinnen sind in Form
Nach dem lockeren 10:0 gegen die Elfenbeinküste werden die deutschen Fußballerinnen im nächsten Spiel gegen Norwegen deutlich stärker gefordert.
er
Silvia Neid hatte geflunkert, das wurde schon nach wenigen Minuten deutlich. Die Bundestrainerin hatte die Nationalmannschaft der Elfenbeinküste vor dem Spiel als schnell und zweikampfstark beschrieben. Ihre Schnelligkeit war in einigen Szenen zu sehen, aber von der angeblichen Zweikampfstärke war wirklich gar nichts zu erkennen. Die Afrikanerinnen waren den deutschen Fußballerinnen so sehr unterlegen – der 10:0 (5:0)-Erfolg des DFB-Teams am Sonntag in Ottawa hätte noch um einiges deutlicher ausfallen können.
Da die Ivorerinnen Neids Mannschaft in keiner Phase herausforderten, fällt es schwer, den Auftakt der Deutschen bei der Weltmeisterschaft in Kanada zu bewerten. Die stärkste Erkenntnis ist dabei: Die Stürmerinnen sind auf jeden Fall in Form. Celia Sasic und Anja Mittag ragten heraus, weil beiden ein Hattrick gelang. Bereits nach drei Minuten schoss Sasic das 1:0, nachdem Leonie Maier gleich die erste Lücke in der gegnerischen Abwehr zu einer Vorlage genutzt hatte. Kurz darauf erzielte die 26-Jährige ihren zweiten Treffer und wechselte sich fortan mit Mittag ab. Die Tore bis zum 6:0 nach einer guten Stunde hatten allein die zwei Stürmerinnen zu verantworten, danach durften sich auch noch Simone Laudehr, Sara Däbritz, Melanie Behringer und Alexandra Popp über eigene Tore freuen.
„Recht gut durchgekommen“ seien sie gegen die in Zweikämpfen oft an die Grenze gehenden Afrikanerinnen, sagte Sasic, die zur zweiten Halbzeit bereits ausgewechselt wurde. Nicht, weil die Bundestrainerin noch mehr Tore erwartet hätte, sondern weil Neid sie für den weiteren Turnierverlauf schonen wollte. Schließlich ist Sasic ihre beste Angreiferin. Und es wirkt, als müsse sie deren Elan derzeit sogar etwas bremsen. Sasic hat kürzlich ihren Vertrag beim 1. FFC Frankfurt gekündigt. Eventuell möchte sich die Bundesliga-Torschützenkönigin nach der WM ins Privatleben zurückziehen. Vorher will Sasic aber noch unbedingt den Titel gewinnen.
Anja Mittag blüht auf
Auch Mittag wirkte zuletzt besonders motiviert. „Anja blüht auf“, befand Neid, „sie ist zufrieden mit sich.“ Was auch mit ihrem im Mai bekannt gegebenen Wechsel vom FC Rosengard in Schweden zum Champions-League-Finalisten Paris St. Germain zu tun haben könnte. Nach der Partie gegen die Elfenbeinküste wurde die ehemalige Stürmerin von Turbine Potsdam auch von der Fifa zum „Player of the Match“ ausgezeichnet und bekam dafür eine sperrig gerahmte Urkunde überreicht. Mittags Kommentar zum Spiel war dann dementsprechend ausgelassen: „Es war cool, wir sind glücklich und alle sind guter Laune.“
Neid lobte daher nicht nur ihre beiden Torjägerinnen. „Es war ein perfekter Start. Es gibt nichts zu meckern“, sagte sie. So hofft die Bundestrainerin vor allem darauf, dass bis zur nächsten Partie auch wieder die Mittelfeldspielerin Melanie Leupolz fit ist, die bei einem Zweikampf ein Knie in den Unterleib bekam und mit einer Schambeinprellung ausscheiden musste.
Sicher ist nach dem 10:0 nur: Das nächste Spiel am Donnerstag gegen Norwegen wird für die Deutschen erheblich schwerer. Es wird die Neuauflage des EM-Finals von 2013 – und die Norwegerinnen hatten bei ihrem Auftakt auch keine große Mühe. Sie besiegten Thailand mit 4:0. Die starken Isabell Herlovsen, Ada Hegerberg und Trine Ronning dürften für das DFB-Team eine deutlich größere Herausforderung darstellen als die Frauen von der Elfenbeinküste. Davon geht auch Silva Neid aus. „Das wird ein ausgeglichenes Spiel“, sagte sie, ganz ohne Flunkern.
Gerd Braune