STEILPASS Ausland: Die besseren Südländer
Markus Hesselmann holt für deutsche Schlitzohren Elfmeter heraus
Kein Schlitzohr mehr, nirgends. Diese fußballdramaturgische Nebenrolle, in Ernst Hubertys besten Zeiten meist südländisch besetzt, wurde aus dem Rasen-Ensemble gestrichen – zusammen mit dem Bomber und dem Fliegenfänger. Eine der Fertigkeiten des Schlitzohrs, das Fallen im Strafraum, bleibt aber präsent. Und wird in Deutschland auch noch sprachlich gewürdigt. Oder was sonst soll die landläufige Formulierung „einen Elfmeter herausholen“ bedeuten, für die es in ihrer positiven Konnotation in den anderen großen Fußballsprachen gar keine Entsprechung gibt?
Einen Strafstoß – sagen wir mal vorsichtig – zu verursachen, wird bei uns anerkennend vermerkt: Von der U 17 des FC Bürgstadt („Elfmeter herausgeholt von Dominik“) bis zu Thomas Müller in der Champions League. Einschlägige Statistiken listen Elfmeterherausholer als Torvorbereiter auf.
Das fröhliche Herausholen ist eine deutsche Tugend. Ein Schwenk in andere Ligen legt das nahe. In England gibt es zwar den Ausdruck „to win a penalty“. Doch der wird fast immer in Zusammenhang mit der Kritik an einer Schwalbe („dive“) verwendet. Und „Diver“ (Taucher, Springer) sind auf der Insel Schwerkriminelle.
In Spanien wird der Strafraum für Elfmeter-Taucher sogar zum Schwimmbad („piscina“). Herausgeholt wird da aber nichts. Italiener provozieren auch gern Elfmeter. Doch dem Wort „provocare“ fehlt der positive Unterton. Wir Deutschen sind schon Schlitzohren – die besseren Südländer.
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