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Sind sich einig: Uli Hoeneß (l.) und Karl-Heinz Rumenigge.
© picture alliance/dpa

FC Bayern München: Die Abrechnung mit Ankündigung

Die Chefs des FC Bayern holen zum Rundumschlag gegen Medien, Experten und ihre ehemaligen Spieler aus.

Niko Kovac war sicherlich informiert darüber, was folgen würde. Als der zuletzt in die Kritik geratene Trainer des FC Bayern München den prall gefüllten Medienraum an der Säbener Straße verließ, lächelte er vielsagend und rief den anwesenden Journalisten noch ein „viel Spaß“ hinterher. Die übliche Pressekonferenz des Trainers vor dem Spiel beim VfL Wolfsburg an diesem Samstag (15.30 Uhr, live bei Sky) sollte nicht die einzige am Freitagmittag bleiben.

Am Vorabend hatte der Klub mit einer knappen Mitteilung über eine weitere Medienrunde mit Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge und Hasan Salihamidzic informiert, ohne dabei ein konkretes Thema zu nennen. Dass sich Präsident, Vorstandsvorsitzender und Sportdirektor gemeinsam öffentlich äußern, ist selten. Zuletzt war dies vor einem Jahr bei der Vorstellung von Jupp Heynckes als neuem Trainer der Fall gewesen. Personelle Neuigkeiten gab es dieses Mal nicht, denkwürdig war die Pressekonferenz dennoch. Denn die Chefs des FC Bayern nutzten sie für eine in dieser Schärfe noch nicht dagewesene Kritik an den Medien.

Schon bei seinen einleitenden Worten redete sich Rummenigge in Rage. Die Berichterstattung nach der 0:3-Niederlage der deutschen Nationalmannschaft gegen die Niederlande hätte nichts mehr mit Kritik an der Leistung zu tun gehabt, „sondern war eine Abrechnung mit einzelnen Spielern, vor allem mit Spielern von Bayern München“. Als Beispiel nannte Rummenigge den Umgang mit Manuel Neuer, Jerome Boateng und Mats Hummels, führte dann aber auch noch Arjen Robben und Franck Ribéry an. Dass man beim FC Bayern seit 2012 „fast eine sechsjährige Dauerparty“ gefeiert habe, sei zu großen Teilen ein Verdienst dieser Spieler.

Die vergangenen vier Spiele – zwei Unentschieden, zwei Niederlagen, darunter zuletzt das 0:3 zu Hause gegen Borussia Mönchengladbach – hätten ihm auch nicht gefallen, sagte Rummenigge, „weder vom Ergebnis noch von der Spielweise“. Schuld an den schwachen Leistungen seien nicht die Medien, ihr Umgang mit den Profis sei aber teilweise respektlos. Dabei verwies Rummenigge auf die ersten sieben Pflichtspiele unter Kovac, die der FC Bayern allesamt gewann. Damals hätten manche Journalisten schon gewettet, zu welchem frühen Zeitpunkt die Münchner in dieser Saison Deutscher Meister werden würden. Nun steht der Klub nur noch auf Platz sechs der Bundesliga-Tabelle und damit so schlecht wie zuletzt 2010/11 unter Louis van Gaal.

„Polemik scheint keine Grenzen mehr zu kennen“, sagte der Vorstandschef. „Das gilt für Medien und für Experten – auch für solche, die mal bei diesem Verein Fußball gespielt haben.“ In den vergangenen Tagen hatten sich unter anderem Stefan Effenberg, Olaf Thon, Dietmar Hamann und Jürgen Kohler über die Krise des FC Bayern geäußert. Dabei waren vor allem der verpasste Umbruch im teilweise überalterten Kader und die fehlenden Alternativen auf wichtigen Positionen kritisiert worden.

Es sei ein wichtiger Tag für den Klub, sagte Rummenigge, „wir lassen uns diese herabwürdigende, hämische Berichterstattung nicht mehr bieten und werden unsere Spieler, unseren Trainer und unseren Klub schützen“. Artikel eins des Grundgesetzes – die Würde des Menschen ist unantastbar – gelte auch für Fußballer, sagte er.

Ebenfalls im Visier der Schelte: Juan Bernat aus, den die Bayern inzwischen nach Paris abgegeben haben.
Ebenfalls im Visier der Schelte: Juan Bernat aus, den die Bayern inzwischen nach Paris abgegeben haben.
© picture alliance / Sven Hoppe/dp

Dass damit vor allem jene des FC Bayern gemeint sind, wurde kurz darauf klar. Als der Verkauf von Juan Bernat an Paris im Sommer in Frage gestellt wurde, griff Hoeneß den Spanier, zuvor immerhin vier Jahre in München unter Vertrag, heftig an. Im vergangenen April sei Bernat im Viertelfinale gegen Sevilla „alleine“ dafür zuständig gewesen, „dass wir fast aus der Champions League ausgeschieden sind“. Direkt danach habe man sich entschieden, ihn zu verkaufen. Wenig später betonte Hoeneß, bezogen auf Neuer, wie wichtig Dankbarkeit beim FC Bayern sei.

Als nächstes schaltet der FC Bayern dann bestimmt auch noch [...] eine Denunzianten-Plattform im Internet, auf der kritisch berichtende Journalisten gemeldet werden können.

schreibt NutzerIn spreeathen

Doch nicht nur Bernat wurde namentlich an den Pranger gestellt. Mehreren Journalisten warf Rummenigge vor, falsche Fakten zu verbreiten und Politik zu betreiben. Der Klub habe bereits zwei Unterlassungserklärungen erwirkt und werde in Zukunft auch Gegendarstellungen verlangen. Hoeneß bezeichnete einen anwesenden Fernsehjournalisten als „ziemlich ahnungslos“. Zudem sagte Rummenigge beiläufig, man habe ja auch die eigenen Klubkanäle: soziale Medien und einen eigenen Fernsehsender. Es war durchaus als Drohung an die traditionellen Medien zu verstehen, dass man sie nicht zwingend zu brauchen glaubt.

Selbstkritik angesichts des Widerspruchs zwischen dem Anprangern der angeblich respektlosen Medienberichte und seiner oft wenig diplomatischen Art war bei Hoeneß kaum zu erkennen. Das Foul von Karim Bellarabi an Rafinha hätte er nicht „geisteskrank“ nennen und in Bezug auf Mesut Özils Leistungen lieber von „Mist“ als von „Dreck“ sprechen sollen. Nach dem Spiel sei er aber oft emotional geladen, merkte Hoeneß an, deshalb seien diese Äußerungen anders zu bewerten als viele journalistische Kommentare, die am nächsten Tag in Ruhe verfasst würden.

Das gilt für die beispiellose Medienschelte nicht. Diese war bewusst kalkuliert und fügt sich ein in die Reihe fragwürdiger Ablenkungsmanöver der Münchner Bosse in der Vergangenheit. Wenn der Druck auf Spieler und Trainer zu groß wird, ziehen Hoeneß und Rummenigge die Aufmerksamkeit mit kontroversen Aussagen auf sich. Das dürfte auch dieses Mal gelungen sein. Über Niko Kovac redete danach zumindest niemand mehr.

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