Nations League: DFB-Team verliert unglücklich gegen Frankreich
Die deutsche Nationalmannschaft hält eine Halbzeit mit Weltmeister Frankreich mit. Dann dreht Antoine Griezmann mit zwei Toren die Partie.
Die Stadt Paris hat in diesen Tagen etwas höchst Verführerisches. Die Sonne scheint, die Temperaturen erreichen immer noch sommerliche Höhen, und an den lauen Abenden ist es nicht ganz einfach, auf den Terrassen der Cafés einen freien Platz zu finden. Vielleicht hat sich auch Joachim Löw ein wenig von dieser Stimmung mitreißen lassen. Nach der bleiernen Schwere der vergangenen Tage schien es, als wäre der Bundestrainer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft rechtzeitig zum Nations-League-Spiel gegen Frankreich von einer ungeahnten Leichtigkeit erfasst worden. Seine runderneuerte und verjüngte Mannschaft zeigte gegen den Weltmeister eine Leistung, die man ihr gar nicht mehr zugetraut hatte.
Umso bitterer war es, dass ihr Aufwand nicht belohnt wurde. Durch zwei Tore in der zweiten Halbzeit drehten die Franzosen das Spiel noch und gewannen am Ende 2:1 (0:1). Den Deutschen droht nun mit nur einem Punkt nach drei Spielen in der Nations League der Abstieg aus der ersten Division.
„Ich bin über das Ergebnis enttäuscht. Es hätte nicht sein müssen. Wir waren auf Augenhöhe mit dem Weltmeister und hätten in der ersten Halbzeit das zweite Tor machen müssen. Wir sind für eine sehr gute Leistung nicht belohnt worden“, sagte Löw. Die Mannschaft habe nach der herben Kritik die Vorgaben „super umgesetzt“ meinte Löw. Dem erhöhten Druck nach der Pause konnten die Gäste aber nicht standhalten. „Wir dürfen den Glauben an die eigene Stärke nicht verlieren“, sagte der Bundestrainer in der ARD.
Zwei, drei Änderungen hatte Löw am Tag vor dem Spiel angekündigt, am Ende rückten fünf neue Spieler – Kehrer, Süle, Schulz, Gnabry und Sané – ins Team. Die halbe Startelf tauschte der Bundestrainer aus, als wollte er all seine Kritiker Lügen strafen, die ihm zuletzt ein starres Festhalten an Altbewährtem vorgeworfen hatten. Sowohl die personelle Auswahl als auch das Spielsystem 3-4-3 waren darauf ausgerichtet, hinten dicht zu machen und die Franzosen mit schnellen Kontern zu überrumpeln. Der Ex-Weltmeister wollte den Weltmeister gewissermaßen mit dessen eigenen Waffen schlagen. Und das gelang Löws Mannschaft in der ersten Halbzeit auf geradezu beeindruckende Weise. Immer wieder konterten die Deutschen mit hohem Tempo, in der Abwehr standen sie trotz der Bedrohung durch den formidablen Kylian Mbappé sehr sicher. Quasi mit dem Pausenpfiff kamen die Gastgeber durch Olivier Giroud zu ihrer ersten Chance überhaupt.
Ihre Fehler machte die deutsche Offensive durch ihren Eifer mehr als wett
Die Deutschen hätten zu diesem Zeitpunkt schon deutlich höher führen können als nur 1:0 durch einen verwandelten Handelfmeter von Toni Kroos. Das Eckenverhältnis hieß zur Pause 5:0 für die Gäste. Immer wieder ging es flott nach vorne. Löws Mannschaft zeigte Enthusiasmus, Leidenschaft und hier und da sogar einen zuletzt selten gesehenen Spielwitz. Ein Hauch von Confed-Cup lag über dem Stade de France. Selbst der zuletzt vor allem routinierte Kroos wirkte ganz erfrischt, spielte die Bälle auffallend oft nach vorne. Nur beim Elfmeter nach einer knappen Viertelstunde zitterte ihm ein wenig das rechte Füßchen. Mit ein bisschen Glück aber überwand er Frankreichs Torhüter Hugo Lloris, der in der ersten Hälfte der stärkste Spieler seiner Mannschaft war.
Auch der Handelfmeter, den Innenverteidiger Presnel Kimpembe verschuldete, resultierte aus einem forsch vorgetragenen Konter. Eingeleitet wurde er vom starken Joshua Kimmich, der diesmal das defensive Mittelfeld dominierte, den Ball eroberte und ohne Verzögerung Leroy Sané auf die Reise schickte. Seine Hereingabe wehrte Kimpenbe mit dem Oberarm ab. Sané stellte mit seinen flinken Füßen eine stete Bedrohung für die Franzosen dar. Er war auch an der besten Chance der Deutschen beteiligt, als er fast von der Mittellinie mit dem Ball loszog, es dann aber mit einem Pass in die Mitte versuchte, anstatt selbst abzuschließen, so dass Lloris klären konnte.
Dass auch im Zusammenspiel der drei Offensiven – Sané, Timo Werner und Serge Gnabry – nicht alles klappte, lag auf der Hand. Aber ihre Fehler machte die Mannschaft durch ihren Eifer mehr als wett. Nicht nur nach vorne ging es im Vollsprint, auch nach hinten. Dass es Paul Pogba nach etwas mehr als einer halben Stunde mit einem Schuss aus 30 Metern versuchte, der auch etwa 30 Meter am deutschen Tor vorbeiging, zeigte die ganze Hilflosigkeit der Franzosen.
Daran änderte sich auch zu Beginn der zweiten Hälfte erst einmal nichts, als sich die Deutschen weit zurückzogen. Doch der Stress für die Gäste nahm nun mit jeder Minute stetig zu. Die deutsche Defensive ermöglichte Mbappé die eigentlich sichere Chance zum Ausgleich. Als Manuel Neuer, zuletzt nicht immer ganz glücklich in seinen Entscheidungen, dank einem starken Reflex mit dem linken Fuß parierte, schien es fast so, als könnte den Deutschen an diesem Abend im Norden von Paris nichts passieren. Kurz darauf aber traf Antoine Griezmann mit einem grandiosen Kopfball zum 1:1 – und zehn Minuten vor dem Spielende nach einem strittigen Foulelfmeter sogar zum 2:1. Verdient hatte die deutsche Mannschaft das ganz sicher nicht.