4:1 gegen Italien: DFB-Elf besiegt den Angstgegner
Die deutsche Nationalelf hat die Testspielpleite gegen England vergessen gemacht. Die sehr gut aufgestellten Deutschen feierten den ersten Sieg gegen Italien seit mehr als 20 Jahren.
Mario Götze ging in die Knie und beugte seinen Oberkörper in den Himmel, dorthin, wo gläubige Menschen eine höhere Kraft vermuten. Doch bevor sich Götze komplett in höhere Sphären verabschiedete, schritt sein Münchner Kollege Thomas Müller ein – und verpasste ihm ein paar ordentliche bayrische Watschn: rechts, links, rechts, links. Die Geschichte war ja auch fast schon zu kitschig. Ausgerechnet an dem Ort, der für ihn zuletzt wenig bis gar keine Erbauung bereitgehalten hatte, durfte sich Mario Götze mal wieder richtig feiern lassen. Im Testspiel gegen Italien erzielte der Münchner in letzter Minute vor der Pause das zwischenzeitliche 2:0 für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft.
So wie der Treffer für Götze das Ende einer langen Leidenszeit mit mehrmonatiger Verletzungspause und anschließender Missachtung durch seinen Münchner Vereinstrainer Pep Guardiola bedeutete, so war es auch für die Nationalmannschaft das Ende einer schwarzen Serie. Zum ersten Mal seit knapp 20 Jahren gelang ihr wieder ein Sieg gegen ihren zertifizierten Angstgegner Italien. Und was für einer. Bei ihrem überzeugenden 4:1 (2:0)-Erfolg gelangen der DFB-Elf so viele Tore wie in den jüngsten sieben Duellen mit der Squadra Azzurra zusammen.
Bundestrainer Joachim Löw hatte sein Team ordentlich umgemodelt. Für den erkrankten Manuel Neuer rückte Marc-André ter Stegen in die deutsche Mannschaft, der in seinen ersten vier Länderspielen im Schnitt drei Gegentore kassiert hatte. Auch sonst war es eine sehr ungewöhnliche Startelf. Löw ließ mit einer Dreierkette verteidigen, Mesut Özil rückte neben Toni Kroos ins defensive Mittelfeld. Was in der Theorie sehr gewöhnungsbedürftig erschien, sah in der Praxis gar nicht so übel aus. Mit Kroos und Özil hatten die Deutschen in der Zentrale eine hohe Ballsicherheit.
Götze wollte es gut machen, das war offensichtlich
Drei Tage nach dem unerquicklichen Test gegen England dominierten die Gastgeber die Begegnung von Beginn an. Thomas Müller, erstmals Kapitän des Nationalteams, hatte schon nach fünf Minuten mehr auffällige Szenen als in der kompletten Begegnung zuletzt in Berlin, was allerdings auch keine Kunst war. Auch Sebastian Rudy machte als Rechtsverteidiger ein ordentliches Spiel, nicht nur weil er eine Viertelstunde vor Schluss gegen Torhüter Gianluigi Buffon einen Elfmeter herausholte, den Özil zum 4:0 verwandelte. Der Hoffenheimer hatte mit einem guten Zuspiel auch die erste gute Chance der Deutschen vorbereitet – Matteo Darmian konnte gerade noch vor Özil klären.
Vorausgegangen war ein schöner zielstrebiger Konter, den Mario Götze mit einem klugen Pass kurz vor dem eigenen Strafraum initiiert hatte. Der Münchner, der bei den Bayern von den jüngsten acht Spielen bei sieben für jeweils 90 Minuten auf der Bank gesessen hatte, stand naturgemäß ganz besonders im Fokus. Götze wollte es gut machen, das war offensichtlich: Einmal entwand er Thiago Motta im Mittelfeld hinterrücks den Ball, einmal kam er bei einer scharfen Hereingabe von Julian Draxler knapp zu spät, und ein anderes Mal ließ er den Ball nur leicht über seinen Spann genau in den Lauf Draxlers flutschen. Es war aber auch nicht zu übersehen, dass der 23-Jährige nach seiner Verletzungspause noch ein bisschen schwerfällig wirkte.
Aber bis zur EM sind es ja noch ein paar Wochen. Aber schon der Auftritt gegen Italien wird die Nation deutlich beruhigt haben. Die Mannschaft stand im ungewohnten System sicher in der Defensive und versuchte sich offensiv an flottem Kombinationsfußball. Wie schon gegen England brachte Toni Kroos seine Mannschaft 1:0 in Führung. Nach einer zu kurzen Abwehr setzte er den Ball aus 18 Metern genau neben den Pfosten – Gianluigi Buffon streckte sich in seinem 156. Länderspiel vergebens. Auch gegen den Kopfball Götzes, der sich gegen zwei Abwehrspieler durchgesetzt hatte, war Italiens Torhüter machtlos.
Götze durfte nach einer Stunde vom Feld – und wurde von den 62 653 Zuschauern in der Münchner Arena mit freundlichem Applaus verabschiedet. Mit seiner letzten Aktion, einem feinen Hackentrick auf Draxler, hatte er zuvor noch schnell das 3:0 vorbereitet, das Jonas Hector erzielte. Für den Kölner war es im zwölften Länderspiel das erste Tor. Anders als gegen England spielten die Deutschen das Spiel seriös zu Ende, auch wenn die Italiener durch einen abgefälschten Schuss von Stephan El Shaarawy noch zum Ehrentreffer kamen. Wer vier Tore gegen Italien schießt, ist bestimmt erster Anwärter auf den EM-Titel. Mindestens.
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