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Rückblick auf große Spiele: Deutschland gegen Holland - ein Duell mit Geschichte

Deutschland spielt am Mittwoch gegen Holland. Ein unsinniges Testspiel, meinen einige. Doch es ist immer noch das Duell Deutschland gegen Holland, ein Duell zwischen zwei Fußballgroßmächten, ein Duell mit großer Geschichte. Ein Rückblick.

WM-Finale 1974

Das WM-Finale in München ist die Keimzelle der deutsch-niederländischen Fußballrivalität. Vor diesem Spiel pflegten die Nachbarn ein ganz normales Verhältnis zueinander. Unmittelbar nach dem Spiel eigentlich auch noch. Sieger und Besiegte nahmen gemeinsam am Bankett der Fifa teil. Nach ihrer Rückkehr in die Heimat wurden die Holländer ausgelassen gefeiert, die Königin lud das Team zum Empfang, der zweite Platz galt als sensationeller Erfolg. Zum Trauma für die Holländer wurde das – aus ihrer Sicht – unverdiente 1:2 erst mit dem Abstand vieler Jahre. Dabei war die Niederlage vor allem selbst verschuldet. Nach dem 1:0 durch den von Johan Neeskens verwandelten Foulelfmeter, der genauso wenig berechtigt war wie der zum 1:1 für die Bundesrepublik, versuchten die Holländer ihren Gegner vorzuführen. Das sollte man mit den Deutschen nicht machen

WM 1978, zweite Finalrunde

Die Weltmeisterschaft in Argentinien gilt – Stichwort: Cordoba – als einer der Tiefpunkte der deutschen Fußballgeschichte. Dabei hätte nicht viel gefehlt, und die Nationalmannschaft wäre vier Jahre nach dem Triumph von München erneut ins Finale eingezogen. Im Grunde fehlten ganze sechs Minuten. Im zweiten Spiel der zweiten Finalrunde zeigten die Deutschen ihre wohl beste Leistung des Turniers. Und bis sechs Minuten vor dem Ende lief alles blendend. Die Mannschaft von Bundestrainer Helmut Schön führte gegen Holland in Cordoba durch Tore von Rüdiger Abramczik und Dieter Müller 2:1. Dann aber traf René van de Kerkhof zum 2:2-Endstand. Die Chancen, sich fürs Endspiel zu qualifizieren, waren damit vor dem abschließenden Gruppenspiel gegen Österreich nur noch theoretischer Natur. Dass diese Begegnung trotzdem in die deutsche Fußballgeschichte eingegangen ist, ist wieder ein anderes Thema.

EM 1980, Vorrunde

Bernard Dietz hatte einfach Mitleid mit dem jungen, ehrgeizigen Mann, der sich da seit gefühlten Ewigkeiten an der Seitenlinie warm lief. 3:0 führten die Deutschen durch drei Tore von Klaus Allofs. Was sollte da noch schief gehen? Also täuschte Kapitän Dietz eine Blessur vor und ließ sich in der 73. Minute auswechseln, um dem 19 Jahre alten Mittelfeldspieler von Borussia Mönchengladbach zu seinem Länderspieldebüt zu verhelfen. Sein Name: Lothar Matthäus. Ein paar Minuten später verschuldete Matthäus einen Elfmeter; fünf Minuten vor Schluss fiel der Anschlusstreffer. „Draußen auf der Bank ist mir der Angstschweiß ausgebrochen“, erinnert sich Dietz. Doch die Mannschaft rettete das 3:2 über die Zeit, qualifizierte sich vorzeitig fürs Finale und holte am Ende auch den Titel. Nur Lothar Matthäus bestritt bei der EM in Italien kein weiteres Spiel mehr. Das hat er dann aber später noch zur Genüge nachgeholt.

EM 1988, Halbfinale

Die Stimmung ist prächtig, als Franz Beckenbauer kurz vor Mitternacht den Mannschaftsbus betritt. Es ist der Mannschaftsbus der Holländer, die ihren Einzug ins EM-Finale mit Schmähliedern gegen die Deutschen feiern. Als die Holländer Beckenbauer erkennen, wird es plötzlich ganz still. Sie hätten verdient gewonnen, sagt der Teamchef der deutschen Nationalmannschaft, am Ende seiner kurzen Rede wünscht er viel Glück fürs Finale. Nach einem kurzen Moment der Stille bricht Applaus los. Beckenbauers Auftritt ist der bemerkenswerte Schlussakt eines Spiels, das als ein ausgesprochen hässliches in Erinnerung geblieben ist. Vor allem die Holländer sind von Revanchegefühlen getrieben, sie wollen Rache nehmen für die Niederlage von 1974 – und das gelingt ihnen beim 2:1 auf beeindruckende Weise. Sie sind der verdiente Sieger von Hamburg. Ein großer Sieger aber sind sie schon deshalb nicht, weil sich Ronald Koeman nach dem Abpfiff mit dem Trikot von Olaf Thon über den Hintern wischt.

WM 1990, Achtelfinale

Was in Hamburg angefangen hat, wird zwei Jahre später in Mailand fortgeschrieben. Deutsche und Holländer haben im jeweils anderen ihren neuen Lieblingsfeind entdeckt. Dass zu viele Emotionen nicht gut sind, müssen an diesem Abend vor allem die Niederländer erfahren. Frank Rijkaard spuckt Rudi Völler gleich zweimal in die blonden Locken – was allerdings nicht nur dem Holländer eine Rote Karte einbringt, sondern auch dem völlig unschuldigen Völler. Die Deutschen fühlen sich betrogen, aber sie können ihre Emotionen fortan besser kanalisieren. „Die Platzverweise haben uns wahrscheinlich mehr geholfen als den Holländern“, sagt Guido Buchwald, der ein überragendes Spiel macht. Noch überragender ist nur Jürgen Klinsmann, der das 1:0 erzielt und mindestens für zwei läuft. Nach dem 2:0 durch Andreas Brehme verkürzt Ronald Koeman kurz vor Schluss durch einen Foulelfmeter noch zum 1:2-Endstand. Der Europameister ist ausgeschieden, die Deutschen hingegen wollen jetzt erst recht mehr. „Der Sieg gegen Holland war die letzte Gewissheit, dass wir Weltmeister werden können“, sagt Buchwald.

 Vom Freundschaftsspiel 2000 bis zum Duell in der "Todesgruppe" 2012

2000, Freundschaftsspiel

Es ist nicht bekannt, ob Zoltan Sebescen immer noch von Schwindelgefühlen geplagt wird. Möglich wäre es. Am 23. Februar 2000 kommt Sebescen beim Freundschaftsspiel in der Amsterdam-Arena zu seinem Länderspieldebüt. Es soll für den damals 24-Jährigen ein denkwürdiger Abend werden. Der Wolfsburger, eigentlich offensiver Mittelfeldspieler, muss als rechter Außenverteidiger aushelfen und ist für Hollands Linksaußen Boudewijn Zenden ein dankbares Opfer. Beim 1:2 ist Sebescen an beiden Gegentoren beteiligt, zur Pause schon wechselt Bundestrainer Erich Ribbeck den Debütanten wieder aus. Ein Länderspiel wird Sebescen nie wieder bestreiten. Dem jungen Mann, der ihn in der zweiten Halbzeit ersetzt und ebenfalls debütiert, wird es im Laufe seiner Karriere auch nicht viel besser ergehen. Sein Name: Sebastian Deisler.

EM 2004, Vorrunde

Mitte des vergangenen Jahrzehnts ist Ruud van Nistelrooy auf dem Höhepunkt seines fußballerischen Schaffens. Im ersten EM-Vorrundenspiel in Porto trifft er „sogar mit einem Deutschen auf dem Rücken“, wie eine holländische Zeitung voller Anerkennung schreibt. Der Stürmer hat Christian Wörns quasi huckepack genommen, als er zehn Minuten vor dem Ende in stabiler Seitenlage den 1:1-Endstand erzielt. Ohne dieses Tor wäre die Geschichte des deutschen Fußballs vermutlich etwas anders verlaufen. Die Nationalmannschaft hätte das Auftaktspiel, nicht mal unverdient, mit 1:0 gewonnen, sie wäre nicht nach der Vorrunde ausgeschieden, Rudi Völler nicht zurückgetreten, Jürgen Klinsmann nicht Bundestrainer geworden, Joachim Löw nicht sein Assistent. Und vermutlich hätte Deutschland nie, nie, nie 4:4 gegen Schweden gespielt.

2011, Freundschaftsspiel

Selbst die holländischen Fans konnten sich dem Zauber dieses Abends nicht entziehen. 0:2 lag ihre Mannschaft gegen den Erzrivalen zurück, trotzdem stimmten sie in der Hamburger Arena ein freudiges Stimmungsliedchen an. So viel Schönheit wie an diesem Novemberabend vor einem Jahr war von einer deutschen Nationalmannschaft lange nicht zu sehen. „Ich weiß nicht, ob man es viel besser spielen kann“, sagte Toni Kroos nach dem 3:0-Sieg. Es war der erste Erfolg gegen Holland seit 15 Jahren und der höchste Sieg gegen den Nachbarn seit 1959. An seiner Berechtigung bestand nicht der geringste Zweifel. Die Holländer hatten dem deutschen Kombinationsfluss nichts entgegenzusetzen. Ein Tor war schöner herausgespielt als das andere. „Es ist gut für uns, dass wir das mit Blick auf die EM jetzt wissen – und nicht erst in einem halben Jahr“, sagte Bondscoach Bert van Marwijk. Genutzt hat ihm dieses Wissen: nichts.

EM 2012, Vorrunde

Es war das Spitzenspiel in der "Todesgruppe", das mit Spannung erwartete Vorrunden-Duell zweier absoluter Topfavoriten auf den Titel. Am Ende zeigte sich, dass nur die Deutschen diesen Titel zu Recht trugen. Mit einer phasenweise überzeugenden Leistung und einem Doppelpack von Mario Gomez schlägt die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw den amtierenden Vizeweltmeister, der am Ende ohne einen einzigen Punkt geholt zu haben wieder nach hause reist.

Weitere Informationen und lustige Fakten finden Sie in unserer Infografik zur WM-Geschichte.

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