Kritik an Biathlon-Abschneiden: Deutsches Team muss sich künftig neu aufstellen
Nach der Saison ist Zeit für Bilanzen. Bei den deutschen Biathleten wird auch Kritik laut - und Veränderungen kündigen sich an.
Es könnte alles so schön sein. Eigentlich könnten sich die deutschen Biathleten feiern lassen nach dieser Saison, nach der numerisch spektakulären Ausbeute von sieben Olympiamedaillen. Und dennoch haben sich die Misstöne aus dem deutschen Lager in den vergangenen Tagen gehäuft. Sie wurden auch lauter. Ja, Laura Dahlmeier hat bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang gleich zweimal Gold gewonnen. Arnd Peiffer ist Sprint-Olympiasieger geworden. Es gab Silber für Simon Schempp, Bronze für Benedikt Doll, die Männerstaffel und auch noch einmal für Dahlmeier. Aber es ist längst nicht alles gut.
Über manches wird noch zu reden sein in den nächsten Tagen und Wochen. Weil sich die Deutschen eben nicht täuschen lassen von dem Satz Medaillen, der zum Saisonhöhepunkt errungen wurde. Auf dem Weg nach Pyeongchang ist einiges schiefgelaufen – und auch vor Ort bei Olympia. Die Männer erfüllten die Ansprüche bei den Spielen in Südkorea – es wäre angesichts des Saisonverlaufs auch zu viel verlangt, dass sie auch sonst immer um den Sieg hätten mitlaufen können.
Gegen die überragenden Athleten Martin Fourcade und Johannes Thignes Bö, die in dieser Saison nahezu alle Erfolge unter sich ausmachten und der Konkurrenz kaum ein Brotkrumen ließen, war im Gesamtweltcup kein Ankommen. Aber wenn Fourcade oder Bö dann doch mal einen schlechten Tag erwischten, waren es meist die Anderen, die die Chance zu nutzen wussten.
Die deutschen Männer blieben erstmals seit der Saison 1994/95 ohne Weltcupsieg. Nur dreimal reichte es für dritte Plätze. Dass Simon Schempps Rücken fast die ganze Saison streikte? Taugt leidlich als Ausrede. In den Jahren davor war das ganze Team in der Lage, Topplatzierungen zu erreichen. Und auch bei den Frauen überzeugte nur Laura Dahlmeier mit ihren Ergebnissen. Das zeigte sich dann auch in Pyeongchang bei der Staffel, als das deutsche Quartett schwer enttäuscht Rang acht belegte.
Zusammengenommen reichte es in diesem Winter bei Männern und Frauen für 21 Podestplätze. Im Vorjahr waren es noch 31 gewesen. Dennoch stellte Frauentrainer Gerald Hönig die Saison nicht in Frage. „Das Team kann sehr, sehr stolz sein auf das, was erreicht worden ist“, sagte er. Woraufhin Hönig dann selbst in Frage gestellt wurde. Kritik an seiner Person wurde laut – selbst aus dem eigenen Team. So äußerte etwa Routinier Franziska Hildebrand öffentlich überdeutlich ihr Unverständnis über die Staffelaufstellung Hönigs in Südkorea. Ob die 30-Jährige im kommenden Winter noch starten will, hat sie bisher offen gelassen. Sie deutete aber an, dass ihre Planungen durchaus weggehen vom aktiven Sport.
Definitiv haben inzwischen gleich zwei Co-Trainer ihren Abschied verkündet. Den Männern geht der charismatische Andreas Stitzl verloren. Bei den Frauen zieht sich Tobias Reiter zurück, aus persönlichen Gründen, wie es heißt. Das deutsche Biathlonteam wird sich neu aufstellen müssen. Auch auf den Chefposten? Männertrainer Mark Kirchner steht erst einmal nicht zur Debatte. Aber der Vertrag von Hönig läuft aus. Und Hönig hat in seinen vier Jahren auf dem Posten zwar Erfolge erzielen können. Doch Wohl und Wehe der Frauen hing zuletzt vor allem von der 24-jährigen Laura Dahlmeier ab. Ein freiwilliger Rückzug ist nicht zu erwarten. Hönig erklärte, er könne sich gut noch zwei Jahre vorstellen, aber vielleicht keinen ganzen olympischen Zyklus mehr. Möglich, dass der Verband ihm die Entscheidung abnimmt.
Nachfolger werden schon gehandelt. Vor allem der bei den Olympischen Spielen so erfolgreiche schwedische Trainer Wolfgang Pichler (63) und Ricco Groß (47), dessen Erfolge zuletzt in Russland unter den sportpolitischen Umständen litten, werden immer wieder genannt. Bislang hat sich niemand im deutschen Lager dazu geäußert. Die Saison sei noch auszuwerten, sagte der Sportliche Leiter Björn Weisheit der ARD: „Wir werden bei unserer Trainerklausur die Weichen stellen und die Ergebnisse im April kommunizieren.“