Biathlet Arnd Peiffer: Der ungläubige Olympiasieger
Während die Favoriten patzen, gelingt Arnd Peiffer überraschend der größte Sieg seiner Karriere. Selbst ein Schreck kurz vor Start kann den Biathleten nicht schocken.
Arnd Peiffer mochte es selbst kaum glauben. Da saß der Biathlet in der Box des Führenden im Ziel, grinste beinah wie abwesend in die Kamera. Zu unwahrscheinlich erschien ihm selbst wohl, was in dem Moment mit ihm passierte: Olympiasieger, gegen alle Wahrscheinlichkeit. Gegen die übermächtig erwartete Konkurrenz aus Norwegen und Frankreich. Als es offiziell war, fiel er sich mit den Teamkollegen und Betreuern in die Arme. „Wahnsinn“, sagte er. „Ich hätte das nicht für möglich gehalten.“
Peiffer setzte sich am Sonntag bei klirrender Kälte unterm Flutlicht von Pyeongchang mit null Fehlern vor dem Tschechen Michal Krcmar und Dominik Windisch aus Italien durch. Für die deutschen Biathleten war die Goldmedaille einen Tag nach dem weitaus weniger überraschenden, aber freilich ebenso ausgelassen gefeierten Gold von Laura Dahlmeier im Sprint schon der zweite Grund zum Jubeln. Dabei war Peiffers beste Platzierung in diesem Winter zuvor ein dritter Platz im Sprint von Antholz gewesen.
Schon deshalb war er für die Einzel-Starts ohne große Erwartungen angereist. „Ein guter Lauf und 95 Prozent Trefferleistung sind für mich ein gelungenes Rennen“, hatte Peiffer vorab gesagt. Am Ende blieb er fehlerfrei. Und das, obwohl es um seine Waffe vor dem Start noch große Aufregung gab: Der Schlagbolzen war bei eisigen Temperaturen gebrochen. Schnell musste unter Hochdruck das empfindliche Arbeitsgerät repariert werden – eigentlich alles andere als eine optimale Vorbereitung auf einen Olympiasieg.
Doch Peiffer, mit 30 Jahren neben Simon Schempp der Erfahrenste im deutschen Team, ließ sich nicht irritieren. Ganz im Gegensatz zu den Top-Favoriten: Martin Fourcade (3 Fehler) aus Frankreich und Johannes Thingnes Bö (4) aus Norwegen patzten am Schießstand und landeten nur auf dem achten beziehungsweise 31. Rang. Im Saisonverlauf hatte Fourcade bislang stets auf dem Podest gestanden, Bö feierte mit außergewöhnlicher Laufleistung trotz schwankender Form am Schießstand ganze acht Siege. Insofern galt Gold für einen der beiden Ausnahmeathleten als ausgemachte Sache – nur nicht für den, der am Ende jubelte. Peiffer hatte schon vorher trotzig gesagt: „Wir müssen es jedes Mal wieder versuchen – und die müssen es auch erstmal rüberbringen.“
"Ein Bierchen" wollte Peiffer sich gönnen
Die Deutschen hätten sogar ein noch besseres Mannschaftsergebnis erreichen können. Doch Peiffers Teamkollegen leisteten sich allesamt jeweils einen Fehler. Besonders ärgerlich: Sowohl Erik Lesser als auch Benedikt Doll verfehlten ihren letzten Schuss. Doll belegte am Ende Platz sechs, Schempp wurde Siebter und Lesser landete auf Rang elf. Das soll es aber natürlich noch nicht gewesen sein mit den deutschen Erfolgen. In das Verfolgungsrennen am Montag geht Peiffer nun als Gejagter. Auch die anderen Deutschen sind mit den Abständen noch in aussichtsreicher Position. Eine weitere Einzel-Medaille ist also durchaus möglich für Peiffer bei seinen vermutlich letzten Olympischen Spielen. Mit der Staffel hat der Harzer eine Medaille ohnehin eingeplant. Im Team hatte er 2014 in Sotschi bereits Silber gewonnen. Aber ungeachtet der noch folgenden Verpflichtungen in den kommenden Tagen: Die Feier für seinen größten Triumph wollte Peiffer nicht aufschieben: „Mit 30 muss man die Feste feiern, wie sie fallen. Ein Bierchen lasse ich mir heute Abend nicht nehmen.“ Einzel-Erfolge waren in der Karriere Peiffers bislang selten gewesen. Seit seinem Debüt 2009 kam er auf acht Weltcup-Siege. 2011 gewann er im Sprint den Weltmeistertitel. In dieser Saison hatte Peiffer wie das ganze deutsche Team immer wieder mit sich gehadert. „Es ist keine schlechte Saison, auch wenn die Topresultate ein bisschen gefehlt haben.“ Im Weltcup standen die sonst erfolgsverwöhnten Männer nur drei Mal auf dem Podium – dreimal war es der dritte Platz. Es hagelte von allen Seiten Kritik. „Nicht objektiv“, entgegnete Peiffer gelassen. Jetzt ist das alles Schnee von gestern. „Wir haben gesagt, wir heben's uns für den Höhepunkt auf“, sagte Männer-Bundestrainer Mark Kirchner. „Aber dass es dann so ausgeht – einmalig.“