Rücktritt von Hans-Dieter Flick: Der treue Hansi wird untreu
Einer der engsten Vertrauten von Joachim Löw hört auf. Hans-Dieter Flick hat seinen Posten als Sportdirektor beim Deutschen Fußball-Bund überraschend aufgegeben.
Davie Selke hat in der Hinrunde für Rasenballsport Leipzig nur einmal von Anfang an gespielt; zwei Tore hat der 22-Jährige für den Tabellenzweiten der Fußball-Bundesliga in zehn Spielen erzielt. Das ist immerhin besser als die Bilanz von Johannes Eggestein, der zwar auch auf zwei Tore kommt, allerdings nur für die U 23 von Werder Bremen in der Dritten Liga. Für die Profis ist der 18 Jahre alte Stürmer noch kein einziges Mal zum Einsatz gekommen. Selke und Eggestein – diese Namen sind immer wieder genannt wurden, wenn es um den Stürmer-Notstand im deutschen Fußball ging. Vielleicht hat auch Hans-Dieter Flick , der Sportdirektor des Deutschen Fußball- Bundes (DFB), verstärkte Hoffnungen in Selke und Eggestein gesetzt. Immerhin hat Bundestrainer Joachim Löw ihm beim Amtsantritt vor knapp zweieinhalb Jahren den Auftrag erteilt, ihm ein paar Nachfolger für Miroslav Klose zu beschaffen.
Der frühere U-21-Nationaltrainer Hrubesch übernimmt bis auf Weiteres
Flick hat diesen Auftrag noch nicht erfüllt – und er wird ihn auch nicht mehr erfüllen. Am Montagvormittag verkündete der DFB, dass der 51-Jährige um die Auflösung seines noch bis 2019 laufenden Vertrages gebeten habe. Der vermeintlich treue Hansi ist dem DFB überraschend untreu geworden. Bis auf Weiteres wird der frühere U-21-Nationaltrainer Horst Hrubesch die Aufgabe übernehmen. Der 65-Jährige hatte seine Arbeit beim Verband erst im Spätsommer beendet, nachdem er bei Olympia mit seinem Team die Silbermedaille gewonnen hatte.
Flick stand insgesamt mehr als zehn Jahre in Diensten des DFB. 2006 war er Assistent von Bundestrainer Joachim Löw geworden; nach dem Titelgewinn bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien übernahm er dann den Job des Sportdirektors. „Hansi Flick hat sich in den zehn Jahren beim DFB große Verdienste um den deutschen Fußball erworben“, sagte Verbandspräsident Reinhard Grindel. „Mit seiner fachlichen Kompetenz und seiner menschlichen Qualität ist er im Verband und in der Liga gleichermaßen anerkannt. Wir lassen ihn nur schweren Herzens gehen, aber wir respektieren seinen persönlichen Wunsch.“
Der Wunsch: mehr Zeit für die Familie
Flick verlässt den DFB aus persönlichen Gründen, Differenzen mit dem Verband oder ein anderes Angebot gibt es nach eigener Aussage nicht. „Der einzige Grund ist der persönliche Wunsch, mich in der nächsten Zeit mehr auf meine Familie konzentrieren zu können“, sagte Flick. „Wenn ich eine Aufgabe angehe, dann mit absoluter Energie und hohem Einsatz. Das galt für die WM 2014 genauso wie für das Amt des Sportdirektors, in dem ich viel gestalten konnte.“
Das Amt war erst 2006 auf Wunsch des damaligen Bundestrainers Jürgen Klinsmann geschaffen worden. Mit seiner Vorstellung, den Posten mit Bernhard Peters, dem Nationaltrainer der Hockey-Nationalmannschaft, zu besetzen, konnte er sich allerdings nicht durchsetzen. Stattdessen entschied sich das DFB-Präsidium für Matthias Sammer. Der frühere Nationalspieler blieb sechs Jahre, ehe er 2012 Sportdirektor bei Bayern München wurde. Auch sein Nachfolger Robin Dutt entschied sich für ein Angebot aus der Bundesliga. Nach nicht einmal einem Jahr im Amt wechselte er als Trainer zu Werder Bremen. Flick ist der dritte Sportdirektor, der den Verband vorzeitig verlässt.
Was wird aus der DFB-Akademie?
In seinem Amt war Flick für die konzeptionelle Ausrichtung des Verbandes verantwortlich, die Trainerausbildung, die Nachwuchsabteilung und eine einheitliche Spielphilosophie aller U-Mannschaften. Dabei hat er auch von seinem guten Verhältnis zu Bundestrainer Joachim Löw profitiert, dem er acht Jahre lang ein verlässlicher Zuarbeiter gewesen war. Die Reibungsverluste fielen dadurch deutlich geringer aus als etwa zu Zeiten Sammers, dem Löw immer außerordentlich kritisch gegenüberstand. Mit Flick verliert der DFB einen Mitarbeiter, dem für die strategische Ausrichtung eine wichtige Rolle zugedacht war. In die Zuständigkeit des Sportdirektors fällt auch die DFB-Akademie. Bei diesem Projekt kommt es ebenfalls zu Verzögerungen im Betriebsablauf. Eigentlich sollten die Bauarbeiten auf der früheren Galopprennbahn in Frankfurt am Main längst begonnen haben. Passiert ist noch nichts. Nur die Kosten steigen verlässlich, weshalb der DFB in diesem Jahr einen außerordentlichen Bundestag abhalten will, um sich erneut die Zustimmung seiner Mitglieder zu diesem sogenannten Jahrhundertprojekt einzuholen. Seit diesem Montag gibt es beim Deutschen Fußball-Bund im Ressort Zukunft noch ein anderes unvorhergesehenes Problem.