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Halt, Polizei! Während in anderen Ländern wie in Frankreich Anti-Doping-Gesetze schon zu Ermittlungserfolgen im Spitzensport geführt haben, hat der Staat in Deutschland vor allem Anabolikadealer in der Bodybuilding-Szene erwischt.
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Neues Anti-Doping-Gesetz: Der Staat droht

Das Bundeskabinett hat den Entwurf für ein Anti-Doping-Gesetz beschlossen. Er sieht für Spitzensportler auch Gefängnisstrafen vor.

Bisher waren mehrjährige Wettkampfsperren die schlimmste Strafe für Sportler, die beim Dopen erwischt wurden. Bald werden es Haftstrafen sein. Am Mittwoch hat das Bundeskabinett den Entwurf für ein Anti-Doping-Gesetz beschlossen. Es wäre das erste eigene Gesetz in Deutschland gegen Betrug im Sport. In anderen Ländern sind solche Gesetze schon seit vielen Jahren in Kraft und ermöglichen dem Staat ein hartes Durchgreifen gegen Doping.

Für diesen Gesetzentwurf hatten sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Bundesjustizminister Heiko Maas zusammengetan. Maas sagt nun: „In Deutschland wurde seit Jahrzehnten über ein Anti-Doping-Gesetz gestritten. Ich bin froh, dass uns jetzt ein Durchbruch gelungen ist.“ Und er fordert sogar einen Bonus für die deutsche Olympiabewerbung mit Hamburg ein: „Die Konsequenz im Kampf gegen Doping sollte bei der Vergabe von Olympischen Spielen eine Rolle spielen. Bewerber aus einem Land, in dem es ein Anti-Doping-Gesetz gibt, sollten einen Vorteil haben gegenüber Bewerbern, bei denen es keine solchen Gesetze gibt.“

Was sich ändert

Künftig reicht für einen Spitzensportler schon eine Dopingpille, um sich strafbar zu machen. Bisher war die Besitzstrafbarkeit auf „nicht geringe Mengen“ beschränkt. Die Ermittler könnten es dadurch in Zukunft leichter haben. Die Beweisführung bleibt aber eine Herausforderung.

Selbstdoping ist nach dem neuen Gesetz strafbar, und für die im Entwurf der Regierungskoalition beschriebenen Taten reicht das Strafmaß von einer Geldstrafe bis zu drei Jahren Gefängnis. Betroffen sind von der neuen Regelung ausschließlich Spitzensportler. Definiert wird diese Gruppe über den Testpool der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) oder den Umstand, dass Athleten „erhebliche Einnahmen“ aus dem Sport erzielen. Hintermänner, also Dealer, Trainer, Ärzte, Funktionäre, die eine große Zahl oder eine besondere Schwere an Gesundheitsschäden durch Doping zu verantworten haben, können mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden.

Was umstritten ist

Es gibt ganz grundsätzliche und praktische Einwände gegen den Gesetzentwurf. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) befürchtet nach wie vor, das Gesetz könne in seiner Konsequenz die Sportgerichtsbarkeit schwächen. Es werde also kein sich ergänzendes Nebeneinander von staatlichen und Verbandsgerichten geben, sondern möglicherweise Konflikte. „Uns geht es vor allem darum, dass das bewährte System der schnellen und internationalen urteilenden Sportgerichtsbarkeit durch die im Gesetz vorgesehenen Regelungen nicht gefährdet wird“, sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann.

Kritik kommt auch aus der Opposition. Unter anderem an der vorgesehenen Regelung, dass aus der staatlichen Strafverfolgung Daten an die Nada weitergegeben werden. Der sportpolitische Sprecher von Bündnis90/Die Grünen im Bundestag, Özcan Mutlu, sagte dazu: „Das Gesetz greift unverhältnismäßig in die Bürgerrechte der Sportlerinnen und Sportler ein. Hier wird der gläserne Athlet festgeschrieben. Die einseitige Kriminalisierung von Sportlerinnen und Sportlern ist der falsche Weg.“

Was jetzt passiert

Der Entwurf geht nun in die parlamentarische Debatte. Da werden andere Fraktionen, aber auch der DOSB versuchen, noch Einfluss zu nehmen. Ende des Jahres soll es im Bundestag verabschiedet werden. Aufhalten lässt es sich jedenfalls nicht mehr. Der Druck auf den Gesetzgeber hatte ohnehin immer mehr zugenommen, weil den Ermittlern mit den bestehenden Regelungen nur Fahndungserfolge im Freizeitsport gelungen waren. Dabei hatten sechs Prozent der deutschen Kaderathleten in einer anonymen Befragung Doping zugegeben – bei einer zweistelligen Dunkelziffer. (mit dpa)

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