LSB-Präsident Klaus Böger: „Der Sport ist bereit, für Flüchtlinge temporär Verzicht zu leisten“
Klaus Böger, Präsident des Landessportbunds Berlin, spricht im Interview mit dem Tagesspiegel über die Integration von Flüchtlingen im Berliner Sport.
Herr Böger, was kann der Sport in Berlin zur Integration von Flüchtlingen beitragen?
Eine ganze Menge. Er kann Integration erleichtern, den Menschen Entspannung und Freude geben, Kontakte vermitteln, ihnen Gemeinschaftsgefühl geben. Das ist allerdings nicht einfach, weil der Sport zwar keine Sprache, aber doch Verständigung braucht. Er braucht zudem Übungsleiterinnen und Übungsleiter, die Antennen dafür offen halten.
Macht sich die Ankunft der Flüchtlinge überhaupt im Berliner Sport bemerkbar?
Der Sport geht meist zu den Flüchtlingen und nicht umgekehrt. Das ist verständlich, die Menschen müssen sich hier einfinden, sich registrieren und so weiter. Hinzu kommt, dass in den Herkunftsländern manchmal eine andere kulturelle Tradition herrscht.
Aktuell werden neun Sporthallen als Flüchtlingsunterkünfte genutzt. Wie bewerten Sie das? Der Sport braucht in dieser Zeit die Sporthallen, um den Menschen die Integration zu erleichtern. Wenn immer mehr Sporthallen durch Flüchtlinge belegt werden, wird es für den Sport schwierig, solche Angebote zu machen. Klar ist auch, es gibt Verdruss, wenn Hallen belegt werden. Und es gab bereits Verdruss über die Kommunikation an der einen oder anderen Stelle. Sporthallen haben für mich genauso eine Bedeutung wie Unterrichtshäuser. Sport ist elementarer Bestandteil von Bildung und Erziehung. Da kann man nicht sagen, das können wir einfach so machen, das ist nur der Sport.
Auch der Spitzensport ist betroffen.
Die Umfunktionierung von Hallen wie dem Horst-Korber-Sportzentrum, das durch den Landessportbund betrieben wird, ist für unsere Mitarbeiter mit sehr hohem Einsatz verbunden. Der Sport will helfen und tut das auch. Doch bedeutet das für den Spitzensport, etwa die Volleyballer, einen großen Verlust. Wir haben Ausgleichsmöglichkeiten geschaffen für die Leichtathleten im Olympiastadion. Man muss sich behelfen. Der Sport ist bereit, temporär Verzicht zu leisten, so wie das viele andere auch tun. Für den Sport ist das nur dann problematisch, wenn sich der Eindruck verfestigen würde, dass gewissermaßen die Sporthallen, weil sie eben da sind, weil sie Toiletten bieten, Stromanschluss, den erforderlichen Brandschutz, als Flüchtlingsunterkünfte in Frage kommen. Während Gewerbegebäude, die das auch alles bieten, dafür nicht in Erwägung gezogen werden. Das beobachten wir genau, da bekomme ich auch Druck und Rückmeldung von der Basis.
Ist die Basis des Berliner Sports den Flüchtlingen abwehrend eingestellt?
Letztlich ist der Sport ein Querschnitt der Gesellschaft, der Landessportbund hat allein 620 000 Mitglieder, und natürlich gibt es da auch Stimmen, die abwehrend reagieren. Doch die sind klar in der Minderheit.
Derzeit kommen täglich mehrere hundert Flüchtlinge nach Berlin. Ist es da nicht verständlich, dass alle Unterbringungsmöglichkeiten, auch im Bereich des Sports, geprüft werden?
Unsere Haltung ist ganz klar, dass wir die Menschen hier willkommen heißen. Nochmals: Um das zu tun, brauchen wir aber unsere Sportstätten.