Alba Berlin verliert knapp in der Euroleague: Der Schleicher macht den Unterschied
Alba Berlin macht ein großes Spiel gegen Anadolu Istanbul. Am Ende entscheidet ein Mann die spannende Begegnung.
Seine Brille ließ Aito Garcia Reneses auch diesmal im Etui. Der Trainer von Alba Berlin ist mit seinen 73 Jahren nicht mehr der Jüngste, sein Augenlicht hat ihm schon öfter zu schaffen gemacht. Vor einer Woche noch hatte das beim Euroleague-Spiel seines Teams in St. Petersburg dazu geführt, dass er auf dem Aufstellungsbogen versehentlich den Namen von 2,13-Meter-Center Kresimir Nikic angekreuzt hatte anstatt den von Aufbauspieler Martin Hermannsson mit seinen 1,91 Metern – Alba musste ohne Spielmacher aufs Parkett.
Am Donnerstagabend jedoch traf Reneses mit seinem Kuli das richtige Kästchen, und Hermannsson stand kurz vor 20 Uhr mit seinen vier Alba-Kollegen aus der Startformation auf dem Parkett, als die Euroleague-Hymne das Spiel gegen den souveränen Tabellenführer Anadolu Istanbul ankündigte. Knapp zwei Stunden später hatten die Berliner das Spitzenteam ein zweites Mal nach der knappen 105:106-Hinrundenniederlage ins Wanken gebracht, unterlagen aber vor 9343 Fans in der Arena am Ostbahnhof am Ende mit 86:99 (21:32, 26:18, 18:29, 21:20).
Unter den Namen auf dem Spielberichtsbogen fehlten auch diesmal auf beiden Seiten ein paar prominente – vor allem aber der momentan wohl am meisten gefürchtete der gesamten Euroleague: Shane Larkin. Der explosive Aufbauspieler von Anadolu – mit knapp 22 Punkten pro Spiel der Topscorer unter Europas Basketball-Elite – wurde nicht mehr rechtzeitig fit, was angesichts des gleichzeitigen Ausfalls von seinem Berliner Pendant Peyton Siva nicht die schlechteste Nachricht für Alba war.
Ein packendes Spielmacherduell gab es dann aber trotzdem zu sehen. Schließlich hatte es Martin Hermannsson dank der Reneses'schen Ankreuzkünste ja aufs Feld geschafft und knüpfte mit 19 Punkten und acht Assists an seine starken Leistungen der vergangenen Spiele an. Auf der anderen Seite war es der serbische Nationalspieler Vasilije Micic, der das Spiel in seiner Hand hatte und für Alba kaum zu verteidigen war.
Micic macht 23 Punkte und legt neun Mal auf
Er trieb sein Team in der ersten Halbzeit an und schlich sich immer wieder durch die Berliner Defensive. Ob er selbst abschloss oder seinen Teamkollegen die Bälle servierte – es funktionierte. Geschickt stellte er sich die riskante Berliner Verteidigung zurecht und bediente den deutschen Nationalcenter Tibor Pleiß kurz vor Ende des ersten Viertels zum 32:21.
Aber weniger Risiko? Nicht mit Alba. Die Berliner waren weiterhin auf Ballgewinne aus, und Rokas Giedraitis machte zu Beginn des zweiten Viertels mit seinen schnellen Händen dann gleich dreimal Beute. Es folgten einfache Punkte, und die Berliner waren beim 28:32 wieder im Spiel.
Zu Beginn der zweiten Halbzeit kam dann auch Martin Hermannsson in Fahrt und sorgte für die ersten sieben Alba-Punkte im dritten Viertel. Dann jedoch drehten die Gäste wieder auf. Micic riss das Spiel erneut an sich und fand in Adrien Moerman unter dem Korb den passenden Abnehmer. Punkt um Punkt bauten die Gäste ihre Führung aus.
So ging es mit 79:65 ins Schlussviertel. Da taten die Berliner zwar alles, um Istanbul noch einmal in die Bredouille zu bringen – aber der abgezockte Schleicher Vasilije Micic hatte alles unter Kontrolle. Zwei Minuten vor Ende zog er geschickt ein unsportliches Foul und machte mit den Freiwürfen zum 93:81 alles klar. 23 Punkte und neun Assists hatte er am Ende auf dem Konto – da konnte nicht einmal Martin Hermannsson mithalten.
Leonard Brandbeck