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Eine große Nummer. Filip Filipovic trägt die Zehn auf der Kappe, wie Messi. Und im Wasserball sind seine Fähigkeiten und Erfolge genauso außergewöhnlich. Foto: Imago/Insidefoto
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Olympiasieger Filip Filipovic: Der Lionel Messi des Wasserballs

Filip Filipovic ist der beste Wasserballer der Welt, am Dienstag zeigte der Serbe beim Sieg gegen Deutschland sein Können in Berlin.

Nach einigen Querpässen landet der Ball natürlich bei Filip Filipovic. Er schraubt seinen Oberkörper nach oben und fährt seinen langen linken Arm aus. Ein Gegner blockt ihn, aber er täuscht einmal an, täuscht ein zweites Mal an und wirft den Ball dann mit voller Wucht ins lange Eck zum 2:1. Später lässt der Serbe noch einen wunderschönen Treffer in den Winkel folgen. Den Rest steuern am Dienstagabend in Berlin seine Teamkollegen bei. Und so gewinnt der große Favorit Serbien die Weltliga-Partie gegen Deutschland mit 15:9 (7:3).

Von den etwa 800 Zuschauern in der gut besuchten Schwimmhalle Schöneberg waren mehr als die Hälfte für Serbien. Besonders lautstark feuerten sie Filipovic an. Denn den Status, den Lionel Messi im Fußball genießt, hat er im Wasserball. Er gilt als bester Spieler der Welt. Der 29-Jährige führte Serbien im Sommer zum Olympiasieg in Rio, er gewann zwei WM-Titel mit seiner Mannschaft und fünf EM-Titel. Zweimal wurde er offiziell als weltbester Spieler ausgezeichnet.

Filipovics Status zeigt sich auch in dem großen Respekt, den ihm seine Gegenspieler entgegenbringen. Der Berliner Marko Stamm sagt: „Sein linker Arm ist Wahnsinn. Er hat einen Schuss wie ein Pferd.“ Und Marin Restovic, der in Serbien geboren ist und mittlerweile für Deutschland spielt, braucht nur wenige Worte, um ihn genau zu beschreiben: „Im Wasser ist er ein Monster.“

In Serbien berichten auch die Boulevardmedien über ihn

Auch an Land ist Filipovic eine imposante Erscheinung. Mit seinen 1,96 Meter, 101 Kilogramm und den breiten Schultern könnte er auch problemlos als Türsteher arbeiten. Wirklich furchteinflößend wirkt er allerdings nicht, als er direkt vor einem steht am Nachmittag vor dem Länderspiel. Filipovic hat zwar Hände so groß wie Bratpfannen, aber einen weichen Händedruck. Er bedankt sich mehrmals für den Interviewtermin, spricht ruhig und langsam mit tiefer Stimme und blickt seinen Gegenüber stets mit seinen müden, grün-braunen Augen an. Wenn er lacht, blitzen zwischen seinem Dreitagebart schneeweiße Zähne hervor. Fast schüchtern spielt er während des Gesprächs mit einem Papierschnipsel.

Filipovic ist in Serbien ein Superstar. Als er heiratete und als er Vater wurde, berichteten die Boulevardmedien groß darüber. Er spielt beim italienischen Klub Pro Recco, dessen Mannschaft ebenfalls als die beste der Welt gilt, und verdient dort etwa soviel wie ein Zweitliga-Fußballer in Deutschland. „Die Messi-Vergleiche mag ich aber gar nicht“, sagt Filipovic. Und das klingt nicht künstlich oder aufgesetzt. „Ich denke auch selbst nicht von mir als bester Wasserballer der Welt. Das wäre eine Falle. Denn ich will immer weiter an mir arbeiten“, betont er. Filipovic trägt auch keine blinkenden Ohrstecker oder Tattoos. Er fällt allein dank seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten auf.

Mit seinem starken linken Arm findet er immer einen Weg, ein Tor zu erzielen. Filipovic schwimmt enorm schnell und ist auch körperlich den meisten Kontrahenten weit überlegen. Gelernt hat er vieles davon in der berühmten Wasserballausbildung von Partizan Belgrad. Bereits mit sieben Jahren fing er dort an. Er wuchs in einem Stadtteil der serbischen Hauptstadt auf, in dem es viele Straßenbanden gab. „Meine Eltern wollten, dass ich im Sport den Alltag vergessen kann“, betont er.

Filipovic hat noch große Ziele

Doch das Jugendtraining war hart, oft wollte Filipovic hinwerfen. „Aber irgendwann hat es mich gepackt. Es ist so faszinierend, welche Bewegungen wir im Wasser hinbekommen, um gemeinsam den Ball ins gegnerische Tor zu bringen“, sagt er. Wasserball ist für ihn mehr als ein Sport. „Ich habe damit viel für das Leben gelernt: Disziplin, Teamgeist.“ Auch achteten die Trainer bei Partizan darauf, dass er ein guter Schüler war. Sich in Belgrad durchgesetzt zu haben, sieht er als wichtigsten Schritt für seine Karriere. „Talent sind nur zehn Prozent. Man muss dickköpfig sein.“ Zudem sei die größte Herausforderung beim Wasserball, das enorme Fitnesslevel zu halten. „Es dauert so lange, bis wir körperlich in Topform sind. Und es geht so schnell wieder weg, wenn man nichts tut“, sagt er.

Filipovic ist also vor allem mit seiner Einstellung ein Vorbild. „Meine Ziele sind noch nicht erreicht“, betont er. Obwohl er alles bereits gewonnen hat, kann er sich noch immer motivieren: „Jetzt will ich mit meiner Mannschaft das wiederholen.“ Verbissen wirkt Filipovic jedoch nicht. „Früher habe ich vor Nervosität geschwitzt. Nun genieße ich es einfach, gemeinsam mit dem Team meine Fähigkeiten teilen zu können“, betont er. „Es geht nicht um Leben oder Tod.“ Auch diese Einstellung unterscheidet Filipovic deutlich von den Superstars anderer Sportarten.

Johannes Nedo

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