Nach sieben Jahren bei den Füchsen Berlin: Der große Abschied des Mattias Zachrisson
Die Füchse gewinnen ihr Heimspiel gegen Wetzlar, das ist aber nur nebensächlich. Denn mit Zachrisson geht ein ganz Großer der Berliner Vereinsgeschichte.
Paul Drux hatte alles gegeben für einen gelungenen Abschluss des Sonntagnachmittags. Der Kapitän der Füchse Berlin warf sich in seiner unnachahmlichen Spielweise hinein in die Begegnung gegen die HSG Wetzlar und sicherte beinahe schon allein durch seine Präsenz den wichtigen Sieg seiner Mannschaft. Zwar sagte Jaron Sievert, Trainer des Handball-Bundesligisten, nach der Partie, die Füchse seien „nicht zum Siegen verdammt“ gewesen – aber, nun ja, das waren sie doch sehr wohl. Zum einen, weil der Verein – wohlwollend formuliert – eher durchwachsen in die Saison gestartet war und durch den klaren 35:28 (17:15)-Erfolg gegen Wetzlar nun den ganz großen Fehlstart noch einmal abwenden konnte. Zum anderen – und an diesem Tage der nicht viel unwichtigere Grund – sorgten Drux und seine Kollegen für den bestmöglichen Rahmen für das, was nach dem Spiel noch anstehen sollte. Nach sieben Jahren im Trikot der Füchse hatte Mattias Zachrisson am Sonntag offiziell seine Karriere beendet und sollte einen letzten Auftritt vor den 600 Fans in der Max-Schmeling-Halle erhalten.
Der 30 Jahre alte Schwede gibt den langen Kampf um sein Comeback verloren. Bald anderthalb Jahre ist es nun bereits her, als Zachrisson zum letzten Mal im Berliner Trikot mit der Nummer 21 aufgelaufen war und seitdem wegen einer Verletzung an seinem linken Wurfarm ausfiel. Der Rechtsaußen hatte eigentlich noch fünf Jahre lang Handball spielen wollen, doch der Arzt teilte ihm kürzlich mit, dass das auf dem allerhöchsten Niveau nie wieder möglich sei.
Die Füchse hatten bereits zu dieser Saison vorsorglich reagiert und mit dem Schweden Valter Chrintz einen Landsmann für die Position von Zachrisson geholt. Gegen Wetzlar schmorte der 20-Jährige jedoch die gesamte Spieldauer auf der Bank. Auch Stammkraft Hans Lindberg wirkte über weite Strecken teilnahmslos, erst kurz vor Schluss steuerte er noch zwei Treffer bei. Ganz anders aufgelegt an diesem Tage war sein Pendant auf der linken Seite.
Die Show von Milos Vujovic wirkte wie eine Reminiszenz an die Wundertaten des Mattias Zachrisson, mit der er über all die Spielzeiten das Publikum von den Stühlen riss. Vujovic vollendete nach Tempogegenstößen mit artistischen Sprungwürfen und überwand den gegnerischen Torhüter mit Hebern und Drehern. Er war – neben dem starken Schlussmann Dejan Milosavljev sowie den Schlüsselspielern Drux und Jacob Holm – mit seinen zehn Treffern der Garant für den deutlichen Sieg der Füchse. Vor den Spielen gegen Kiel (12.11.) und Flensburg (15.11.) steht der Verein in der Tabelle nun auf Platz zehn – doch an die kommenden schweren Aufgaben dachte nach Spielschluss wohl niemand.
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Der komplette Kader und die Betreuer hatten sich zu einem Spalier aufgestellt, durch das Zachrisson in die Halle gelaufen kam. Der Schwede trug eine Maske, war aber zweifelsfrei zu erkennen. Der markante Zopf und seine Größe (ungefähr eine Stirn größer als Berlins Manager Bob Hanning, wie bei ihrer Umarmung auffiel) verrieten ihn sofort. Seine größten Erfolge (zugleich alle Erfolge des gesamten Vereins) flimmerten über die Leinwand, und Klubpräsident Frank Steffel erinnerte sich in seiner Abschiedsrede an ihre erste Begegnung. Bei Zachrisson, der einen kleinen Berliner Bären und eine Golftasche im Füchse-Look bekam, flossen die Tränen. Am Ende nahmen seine ehemaligen Mitspieler den Olympia-Silbermedaillengewinner in ihre Mitte. Das Publikum applaudierte stehend – und die gerührten Profis applaudierten zurück.
Es war ein Abschied in vielerlei Hinsicht. Die Fans dürfen wegen der neuen Coronabestimmungen im November kein weiteres der zwei anstehenden Heimspiele der Füchse besuchen. Und so verließen sie alle gemeinsam die Halle in eine ungewisse Zukunft.
Benjamin Apitius