0:1 bei Atlético Madrid in der Champions League: Der FC Bayern war besser als der FC Barcelona
Der FC Bayern vorm Aus? Mitnichten. Trotz der 0:1-Niederlage hat er gute Chancen aufs Finale. So stark wie München in Hälfte zwei hat lange kein Gast mehr bei Atlético gespielt. Ein Kommentar.
Blödsinn ist Blödsinn ist Blödsinn und darf auch gern so benannt werden. Also: Vor zwei Wochen war an dieser Stelle zu lesen, dass Bayern München die Champions League schon so gut wie gewonnen hat, weil da im Wettbewerb nur noch läppische Gegner warten, zum Beispiel Atlético Madrid, eine Mannschaft, deren Spielkunst sich auf die Darbietungen des Franzosen Antoine Griezmann reduziert, und das sich doch ein bisschen wenig. Alles völlig richtig. Wie es sich ja auch bei der Titanic um ein unsinkbares Schiff handelte und bei den Beatles um eine mäßig begabte Teenie-Band.
Nun ja.
Was im Allgemeinen die Titanic betrifft und die Beatles, hat die Geschichte gerichtet. Und im Besonderen: Nach der Inaugenscheinnahme des mittwöchlichen Wettspiels der Bayern im Estadio Vicente Calderón bleibt unbedingt festzuhalten: Atlético hat ganz hervorragenden Fußball gespielt, mit einer Vielzahl individueller Künstler, von denen Griezmann noch der unauffälligste war. Was für ein großartiges Tor hat Saúl Ñíguez geschossen, ein Kunststoß nach einem atemberaubenden Sololauf, vor dem sich auch Bayerns Trainer Pep Guardiola verneigte. Atléticos Spiel war zuweilen eine Augenweide. Der Kommentator gibt gern zu, dass der geirrt hat, was nicht weiter schlimm ist, denn im Irrtum steckt die höchste Form der Bestätigung. Noch ewig und drei Tage wird der Kommentator mit diesem Irrtum konfrontiert werden – aber hoffentlich auch mit seiner Richtigstellung.
Das heißt: So ganz lassen mag der Kommentator von seiner Einschätzung nicht. Ja, Atlético war großartig, aber war diese Großartigkeit von Nachhaltigkeit geprägt? Pfiff der blauweißrote Sturm 90 Minuten lang plus Nachspielzeit durch das Calderón? Hat er die Bayern an die Grenzen ihrer Schaffenskraft gebracht, zur Chancenlosigkeit verurteilt?
Nein.
Atléticos Hausse war limitiert auf die erste Halbzeit plus zwei, drei Nadelstiche in der zweiten. Als später die Sonne unterging, wurde es auch für Atlético dunkel im Calderón. Es ist den Bayern hoch anzurechnen, dass sie das Inferno im Süden Madrids durchaus befrieden konnten, sehr viel eindrucksvoller, als das etwa der FC Barcelona zustande gebracht hat. So viele Torchancen, wie sich die Bayern nach dem Überwinden ihres anfänglichen Schocks herausspielten, hat im Calderón in jüngster Vergangenheit noch keine Mannschaft verzeichnet.
Das waren die Bayern, von denen der Kommentator geglaubt hat, dass sie in der ihnen eigenen Souveränität ins Finale einziehen. Dieser Eindruck bleibt, und er darf am Dienstag in München gern seine Fortsetzung erfahren.