Die Münchner hadern mit der Niederlage: Der FC Bayern und die „extreme Ineffizienz“
Nach dem 1:2 gegen Leverkusen sind die Bayern bemüht, keine Diskussion über Hansi Flick aufkommen zu lassen. Die Niederlage taugt gar als gutes Omen.
Eigentlich ist tabu, was in der Kabine eines Profiklubs gesprochen wird. Zumindest dann, wenn es nicht nur um Heiteres, Lobendes geht, soll möglichst alles im Innersten bleiben. Thomas Müller hielt sich daran am Samstag nicht ganz, aber er muss sich auch nicht sorgen, damit gegen den Kodex verstoßen zu haben. Der Offensivspieler des FC Bayern gab preis, worüber er sich mit den Kollegen unter der Dusche unterhalten hatte. Klingt nur etwas delikat, ist es aber nicht.
Denn es ging um Torchancen, um Aluminium-Treffer, insgesamt eine „extreme, fast nie dagewesene Ineffizienz“, wie Müller den Wucher mit besten Gelegenheiten am Samstag beim 1:2 gegen Bayer Leverkusen bezeichnete. Darüber habe er mit den Kollegen bei der Körperpflege „hin- und herdiskutiert“.
Fehler in der defensiven Abstimmung
Zum zweiten Mal in dieser Saison verlor der Rekordmeister vier Tage nach einer Gala in der Champions League ein Bundesligaspiel. Und doch ist die Niederlage vom Samstag nicht mit der gegen Hoffenheim vor zwei Monaten zu vergleichen. Eine Parallele ist nur, dass sich die Bayern womöglich am 6:0 gegen Roter Stern Belgrad zu sehr beseelt hatten – wie am 7:2 gegen Tottenham. Damals lag mehr im Argen als das Auslassen von besten Torchancen. Es war der Anfang vom Ende für Trainer Niko Kovac.
Die Fehler in der Defensive sind noch kein Grund, die bisherige Arbeit von Hansi Flick in Frage zu stellen. „Keine gute Kontersicherung“, gab Leon Goretzka zu, hätte man bei den beiden Gegentoren von Leon Bailey gehabt. Leverkusen war da nicht nur gedanklich schneller, dann trafen einmal Benjamin Pavard und später Javier Martinez auch noch eine falsche Entscheidung. „Die Abstimmung stimmte da nicht so ganz“, sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic.
Am Ende der kräftezehrenden Partie war es für die Gäste aus Leverkusen aber trotzdem nur noch ein Kampf ums Überleben. Denn insgesamt drei Mall landete der Ball in den gut 90 Minuten am Aluminium des Leverkusener Tores, mindestens ebenso oft rettete Torwart Lukas Hradecky in höchster Not, insgesamt standen in der Statistik zwölf Paraden des Finnen.
Flick ist eben nicht der neue Heynckes
Und der nach seinen vier Treffern in Belgrad vier Tage zuvor noch in den Himmel gehobene Robert Lewandowski erlebte einen sehr irdischen Abend. Die Chancen, die sich die Münchner herausspielten, hätte eigentlich reichen müssen, um drei Partien zu gewinnen. „Zu fahrlässig“ sei man damit umgegangen, kritisierte Flick.
Die Bayern sind bemüht, keine Diskussion aufkommen lassen, ob die vier Siege mit 16:0-Toren zuvor unter Flick womöglich nur ein kurzes Aufbäumen gewesen sind und der Zauber des Trainerwechsels schon wieder verflogen sein könnte. „Sehr viel Gutes“ habe das Spiel der Münchner gehabt, „sonst kommst du gar nicht zu den Torchancen“, sagte Müller. Tatsächlich pendeln sich die Münchner gerade ein auf das tatsächliche Leistungsniveau: Weder die Torflut in den vergangenen Partien ist ein Gradmesser, noch das Duell mit Bayer. Irgendwo dazwischen eben. Ähnliches trifft wohl auch für die Beurteilung von Flick zu. Dass er eine Spielidee hat, ein Gespür für die Profis hat, steht außer Zweifel. Aber er ist eben auch nicht der neue Jupp Heynckes, zu dem er zuletzt fast schon hochstilisiert worden war.
Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler betrachtet das Ergebnis der Münchner nur als Ausrutscher: „Die Bayern haben heute wieder gezeigt, dass sie Deutscher Meister werden, davon bin ich überzeugt.“ Ein schlechtes Omen ist das 1:2 jedenfalls nicht. Nach der letzten Heimniederlage gegen Leverkusen – im Oktober 2012 – verloren die Bayern nur noch ein Spiel in jener Saison. Am Ende gewannen sie das Triple.