zum Hauptinhalt
Neuland: Endlich einmal steht Patrick Hausding (r.) nach einem großen internationalen Wettkampf auf dem Podium.
© AFP

Bronze für Patrick Hausding: Der ewige Vierte besiegt den Fluch

Nach unzähligen Vierten und Fünften Plätzen holt der Berliner Wasserspringer Patrick Hausding endlich seine ersehnte Medaille - mit einer sehr ungewöhnlichen Wettkampfstrategie im Finale.

Patrick Hausding kramte noch einmal in unschönen Erinnerungen. „Wo war ich denn überall schon Vierter und Fünfter?“, fragte er kokett und überlegte angestrengt. „In London vor vier Jahren auf jeden Fall, in Schanghai war ich schlecht, in Peking hat es auch nicht geklappt. Ich bin so oft vorbeigeschrammt.“ 13 Mal war der Wasserspringer schon Europameister, bei Wettkämpfen mit weltweiter Beteiligung aber verpasste er regelmäßig das Siegerpodest. Auch bei den Spielen von Rio hatte er schon zweimal zielsicher Platz vier erreicht, im Synchronspringen von Turm und Brett.

Erste Medaille für den DSV

Am Dienstagabend aber gewann der 27-Jährige endlich seine erste Olympia-Einzelmedaille: Hinter dem Chinesen Cao Yuan und dem Briten Jack Laugher holte er Bronze vom Dreimeterbrett. „Eine Medaille wollte ich, das habe ich geschafft, und die Farbe ist auch egal“, sagte er und kündigte eine dem Anlass entsprechende Feier an.

Auch Lutz Buschkow war anschließend nach „nicht nur einem brasilianischen Getränk“ zumute. „Da sind Felsen gefallen“, sagte der Leistungssportdirektor des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV). Nach dem Debakel der Beckenschwimmer war es die erste Medaille für seinen Verband für Olympia.

"Deutschland lechzt nach Medaillen"

„Schwimmen ist Kernsportart, da haben wir eine Verantwortung, die wollen wir auch erfüllen“, sagte Buschkow. „Sechste und achte Plätze sind schön, aber Deutschland lechzt nach Medaillen.“ Er freute sich auch für Hausding selbst „nach zwei vierten Plätzen, zweimal der goldenen Ananas“.

Dabei hatte nach dem ersten Sprung alles darauf hingedeutet, dass Hausding seiner

Ananassammlung ein weiteres Exemplar hinzufügt. Gleich den zweieinhalbfachen Rückwärtssalto zu Beginn hatte er verrissen und lag nach einer schlechten Wertung nur auf Rang zehn von zwölf Finalspringern. „Ich habe gewohnt kacke begonnen, aber ich habe mich sehr stark zurückgekämpft“, sagte der Berliner. „Nach meinen ganzen Verletzungen in der Vorbereitung war das mehr, als ich erwarten konnte.“

Um sich den Druck nach den beiden vierten Plätzen im Synchronspringen von Turm und Brett zu nehmen, hatte er seine Strategie umgestellt. Er blendete den Wettkampf einfach aus. „Ich habe mich abgeschottet“, sagte er. So saß er da, mit Kopfhörern auf den Ohren, hörte Musik und

interessierte sich nicht für die Darbietungen der Konkurrenten. Nur für seine eigenen Sprünge gab er die selbstgewählte Isolation auf, danach zog er sich wieder in seine kleine Ecke des Maria Lenk Aquatic Centre zurück.

Hausding gelingt der beste Sprung des Tages

So entging ihm, wie er mit jedem Sprung ein Stückchen höher in der Rangliste rutschte. Er sprang eine starke Serie, den dreieinhalbfachen Auerbachsalto, den dreieinhalbfachen Delphinsalto - der viereinhalbfache Salto vorwärts gehockt war sogar der am besten benotete Sprung der gesamten Konkurrenz. Nach dem vorletzten der sechs Sprünge lag er plötzlich auf Rang drei. „Ich habe nichts mitbekommen, ich wusste auch nach dem letzten Sprung nicht genau, wo ich bin“, sagte Hausding. An den Reaktionen der Trainer, die um ihn herum auf und ab sprangen, erkannte er, dass er so schlecht nicht liegen konnte.

Als der Russe Jewgeni Kusnezow seinen letzten Sprung absolviert hatte und hinter ihm lag, wusste auch Hausding dass er endlich eine Medaille gewonnen hatte. Er riss die Fäuste in die Höhe und schüttelte ungläubig den Kopf. „Ich bin froh, dass ich was um den Hals hängen habe“, sagte er und blickte noch einmal auf das funkelnde Ding vor seiner Brust. Nein, ganz sicher, es war keine Ananas.

Zur Startseite