Aufstiegskampf in der Zweiten Liga: Der eine muss, der andere darf
Die Zweite Liga garantiert zum Start einen spannenden Aufstiegskampf. Und das liegt nicht nur an der kuriosen Winterpause beim Hamburger SV.
Die glorreichen Zeiten des VfB Lübeck liegen schon etwas länger zurück. 16 Jahre ist es her, dass die Grün-Weißen ins Halbfinale des DFB-Pokals einzogen – im gleichen Jahr aber auch aus der Zweiten Fußball-Bundesliga abstiegen. Dorthin ist der Nord-Regionalligist bis dato nicht mehr zurückgekehrt. Die heimische Lohmühle, auf die der Zusatz altehrwürdig tatsächlich noch passt, ist jüngst dennoch zur Falle für einen Zweitligisten geworden.
2:5 verlor nämlich der Hamburger SV vorige Woche beim VfB und fügte seiner an peinlichen Auftritten reichen Serie einen weiteren hinzu. Und weil der HSV mit seinem besten Personal zur Generalprobe nach Lübeck gereist war, ist die Stimmung beim Aufstiegsfavoriten vor dem Start in die Rückrunde der Zweiten Liga eher gedämpft. „Ich weiß, was solche Spiele bewirken oder auch nicht bewirken können“, sagte HSV-Trainer Dieter Hecking anschließend.
Drei Punkte liegen die Hamburger vor ihrem Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg (Donnerstag, 20.30 Uhr, live bis Sky) hinter dem überraschenden Tabellenführer Arminia Bielefeld. Mit dem Dritten aus Stuttgart sind die Hanseaten punktgleich, die Außenseiter Heidenheim und Aue folgen mit lediglich einem beziehungsweise zwei Punkten Rückstand.
„Hamburg und Stuttgart haben aber natürlich den qualitativ deutlich besseren Kader“, sagt Bielefelds Trainer Uwe Neuhaus. Für seine Elf spiele Druck dafür keine Rolle. „Andere Vereine müssen, wir dürfen.“
Der HSV muss. Weil der Finanzplan dies voraussetzt. Die Fans hoffen darauf, dass Trainer Hecking die vorhandenen Qualitäten voll ausspielen lassen kann und im notorisch unruhigen Klub mit der nötigen Ruhe weiterarbeiten darf. Sportlich hat der HSV vorgesorgt. Mit dem Leverkusener Stürmer Joel Pohjanpalo und Rechtsverteidiger Jordan Beyer, der von Borussia Mönchengladbach kam, stellte die HSV-Führung dem Coach nochmal zwei gut ausgebildete Leihspieler zur Verfügung.
Bei den Bielefeldern hängt vieles von Fabian Klos ab
„Am Ende der Saison werden sie auf einem der ersten beiden Plätze stehen“, sagt Ex-Trainer Thomas Doll der Deutschen Presse-Agentur. Er hält viel von Hecking. „Dieter Hecking hat so viel Erfahrung, zudem haben auch die anderen Verantwortlichen wie Sportdirektor Jonas Boldt und Präsident Bernd Hoffmann dafür gesorgt, dass etwas mehr Ruhe herrscht. Das ist wichtig“, sagt er.
Doch der HSV würde nicht nach Hamburg passen, wenn es in der Winterpause keinerlei Zwischentöne gegeben hätte. Dem besagten Präsidenten Bernd Hoffmann wurden im ICE Geld und Laptop vom Nebensitz gestohlen. Laut „Bild“ erpressten die Diebe Hoffmann sogar.
Infos zum Verbleib des Computers gebe es nur gegen Bares, mailten sie. Hoffmann zog die Polizei hinzu und mimte beim Erpressungsversuch den Lockvogel. „Das war alles gut organisiert und ist gut abgelaufen“, sagte er dem NDR, nachdem die Aktion offenbar erfolgreich verlaufen war.
Während Hoffmann passiv in Erscheinung trat, mischte sich ein anderer einmal mehr aktiv ein. Wobei es ja längst zum guten Ton gehört, dass der Investor Klaus-Michael Kühne selbigen mitangeben will.
In der Winterpause bezeichnete er sein Engagement beim HSV wiederholt als „sehr trauriges Kapitel“; er wundere sich manchmal über ihn selbst, dass er sich dazu habe hinreißen lassen, sagte er der „FAZ“. „Aber das ist für mich eine emotionale Sache. Ich habe das für Hamburg getan. Ich will, dass die Stadt insgesamt stark ist und an Ausstrahlung gewinnt.“ So weit nichts Neues aus Hamburg.
Schlusslicht Dynamo Dresden setzt auf eine Aufholjagd
Bei den Bielefeldern hängt vieles vom ligaweit besten Schützen Fabian Klos (13 Tore) ab, in Stuttgart hoffen sie, dass der neue Trainer und studierte Mathematiker Pellegrino Matarazzo den Aufstiegskurs exakt berechnen kann.
Im Abstiegskampf setzt Schlusslicht Dynamo Dresden auf eine Aufholjagd, die ihren Namen dann auch verdient hätte. Sieben Punkte liegt der Tabellenletzte hinter dem Rang-15., Aufsteiger Karlsruher SC.
Praktischerweise startet die Mannschaft von Markus Kauczinski, der beim KSC seine sportlich erfolgreichste Trainerstation hatte, gleich gegen die Badener. Weniger praktisch für das Vorhaben Klassenverbleib ist der Abgang von Topstürmer Moussa Koné, den die Sachsen zum französischen Erstligisten Olympique Nîmes transferierten.
Auch der KSC gab einen Stürmer ab. Marvin Pourié, in der vergangenen Drittliga-Saison mit 22 Toren noch Karlsruher Aufstiegsheld, wechselte nach Braunschweig. Falls die Eintracht, derzeit Fünfter in Liga drei, in der Relegation auf den KSC treffen sollte, dürfte Pourié dank einer entsprechenden Klausel allerdings nicht mitwirken.
Aber neben dem KSC steckt sowieso noch die halbe Liga im Abstiegskampf. Gerade mal sieben Punkte trennen den Sechsten Osnabrück vom Drittletzten Nürnberg. Bei so viel Spannung kommt fast schon eine diebische Freude auf.