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Finale Prügelei. Beim letzten "Clasico" trat Reals Sergio Ramos (Mitte) erst Lionel Messi (rechts am Boden) um, sah dafür Rot und ging dann auch noch Barcas Kapitän Carles Puyol an die Gurgel.
© pixathlon / Manuel Queimadelos

Real gegen Barca: Der Clasico: Mehr als ein Spiel

Das Duell Real Madrid gegen den FC Barcelona bewegt Spanien seit Francos Zeiten – Im Jahr 2011 gab es den Clasico gleich vier Mal kurz nacheinander. Ein Artikel aus dem Jahr 2011.

Angewidert verzieht der Mann sein Gesicht. „Das ist ja wie zu Francos Zeiten“, sagt er zum Verkäufer im Kiosk und legt die Zeitung weg. Um zu zeigen, dass dem FC Barcelona ein Tor aus vermeintlicher Abseitsposition zugesprochen wurde, hatte die Madrider Zeitung „As“ einen gegnerischen Spieler aus dem Bild entfernt. Nun bat das Sportblatt seine Leser für diesen „technischen Fehler“ um Verzeihung.

Es gehört in Spanien zum Alltag, dass die großen Sportzeitungen des Landes aus Madrid und Barcelona den Rivalen aus der anderen Stadt verunglimpfen. Dabei ist oft jedes Mittel recht und sei es das Retuschieren von Bildern. Ebenso ist es bei den Gegnern Sitte, alles, was zum Vorteil Reals geschieht, mit der Diktatur unter General Francisco Franco in Verbindung zu bringen. Gerade unter Älteren.

Das wird auch heute wieder so sein, wenn Real Madrid und der FC Barcelona im Estadio Santiago Bernabeu aufeinander treffen (22 Uhr, live im Internet unter www.laola1.tv). Die Spanier nennen das Spiel „El Clasico“, den Klassiker. Real gegen Barca, das ist etwas Besonderes und verdient nach Ansicht der Spanier einen eigenen Namen. Dieses Mal ist es noch besonderer als sonst. Heute fällt der Startschuss zu einer ganzen Reihe von „Clasicos“. In den nächsten drei Wochen begegnen sich Real und Barcelona in der Liga, im Pokalfinale und im Halbfinale der Champions League insgesamt vier Mal.

Wenn Real Madrid und der FC Barcelona gegeneinander spielen, geht es für viele Spanier um mehr als nur um Fußball. Kein Spiel auf dem Globus erreicht eine derart politische Tiefe wie Real gegen Barca. Bis heute sind die Narben, die der spanische Bürgerkrieg und die anschließende Diktatur unter Franco hinterlassen haben, in weiten Teilen Spaniens nicht verheilt. Vor allem nicht in Katalonien. Die seit vielen hundert Jahren nach Unabhängigkeit strebende Region im Nordosten der iberischen Halbinsel hatte sich im Bürgerkrieg besonders vehement gegen die Truppen des Diktators gewehrt. Später unterdrückte Franco die separatistischen Kräfte in und um Barcelona mit rigoroser Gewalt. Der General entwickelte einen regelrechten Hass auf alles Katalanische und verbot neben alten Bräuchen auch die katalanische Sprache. Straßen wurden umbenannt und es war gesetzlich verboten, Kindern typisch katalanische Namen zu geben. Auflehnung gegen den franquistischen Überwachungsapparat war nur im Sport möglich. Und kein Verein provozierte die Machthaber in der Hauptstadt Madrid so sehr wie der CF Barcelona, wie sich der Verein in diesen Jahren nennen musste, weil es spanischer klang. Obwohl Franco das Präsidium des katalanischen Klubs nach dem Bürgerkrieg mit Gefolgsleuten besetzen ließ, gelang es nicht, den Verein zu schwächen. Barcelona gehörte in den vierziger Jahren zu den erfolgreichsten Mannschaften Spaniens und wurde für die Katalanen zum Symbol des Widerstandes und der Hoffnung. Ein Sieg Barças war auch immer ein Sieg gegen Franco. So erklärt sich der heutige Slogan des Vereins. „Més que un club.“ Mehr als ein Klub.

In die ersten Jahre nach dem Ende des Bürgerkrieges fällt auch der Beginn der Rivalität zu Real Madrid. Bei einem Pokalspiel in Barcelona war Real von den Katalanen derart ausgepfiffen worden, dass die Madrilenen für das Rückspiel Vergeltung ankündigten. In der hitzigen Atmosphäre erlebte Barca ein Desaster und lag bereits zur Pause mit 0:8 zurück. Der Legende nach fürchteten die Spieler um ihre Sicherheit und wollten zur zweiten Halbzeit nicht mehr antreten. Francos Polizei aber trieb sie zurück aufs Spielfeld, wo sie am Ende mit 1:11 unterlagen. Die Katalanen wurden vor den Augen Francos gedemütigt, der Opfermythos des FC Barcelona war geboren. Real geriet durch die Vorfälle bei vielen Anhängern in Verdacht, der Klub des Regimes zu sein und von Franco bevorzugt zu werden. Bis heute verteidigt sich der Klub gegen diesen Vorwurf und versteht sich wie ein Großteil seiner Anhänger als unpolitisch. Doch es waren eine Reihe von Fehlentscheidungen der Schiedsrichter, die meistens zu Gunsten Reals ausfielen, und andere Begünstigen wie etwa beim Stadionbau, die dem Verein den Ruf des „Franco-Klubs“ einbrachten. Franco selbst ließ sich dabei nicht selten auf der Stadiontribüne sehen, um ein Spiel Reals zu verfolgen. Als sich Real in den fünfziger Jahren die Dienste von Alfredo di Stefano sicherte, witterten viele Spanier eine Verschwörung. Di Stefano hatte bereits einen Vertag in Barcelona unterschrieben, weil es aber Probleme mit der Spiellizenz gab, landete der Argentinier bei Real. Dafür hielten die Madrilenen Barca vor, den Stürmer Ladislao Kubala einige Jahre zuvor mit unlauteren Mitteln Real weggeschnappt zu haben. Angeblich hätten Mitarbeiter des CF Barcelona Kubala im Zug aufgelauert und den trinkfesten Slowaken so abgefüllt, bis dieser bei Barca unterschrieb.

In dieser Zeit wurden Real und Barcelona zum magischen Anziehungspunkt für die besten Fußballer der Welt. Ob Alfredo di Stefano, Ferenc Puskas, Johann Cryuff, Bernd Schuster, Diego Maradona, Ronaldo, Zinedine Zidane, Luis Figo, Ronaldinho, oder heute Lionel Messi und Cristiano Ronaldo – sie alle tagen oder trugen das Trikot eines dieser beiden Vereine. Aber nur Wenige spielten im Laufe ihrer Karriere für beide Teams. Welche Emotionen ein Wechsel zum jeweils anderen bei den Fans auslöst, musste Luis Figo im Jahr 2000 erfahren. Der Portugiese war im Sommer von Barcelona nach Madrid gewechselt, bei seiner Rückkehr nach Barcelona warfen die Zuschauer im Camp Nou sogar einen Schweinekopf nach ihm.

Obwohl heute auf beiden Seiten viele ausländische Spieler im Kader stehen, ist die politische Komponente des „Clasico“ kaum schwächer als zu Zeiten der Diktatur. Barcelonas Kapitän Carles Puyol trägt eine Kapitänsbinde in den Farben der katalanischen Flagge und bei Spielen gegen Real Madrid halten die Zuschauer im Camp Nou regelmäßig Plakate mit der Aufschrift „Catalunia is not Spain“ hoch. Die separatistische Botschaft in englischer Sprache ist eine doppelte Provokation gegen den spanischen Staat. In Madrid werden diese Plakate heute Abend nicht zu sehen sein. Beide Fangruppen reisen traditionell nur sehr spärlich zu Spielen ins Stadion des verhassten Rivalen. Für Madrids Fans hätte sich die Reise nach Barcelona im vergangenen November auch nicht gelohnt. Barca überrollte Real, die Katalanen siegten mit 5:0, Reals Sergio Ramos sah Rot für ein Foul an Lionel Messi und hätte daraufhin beinahe eine Massenprügelei angezettelt. Am nächsten Tag gestand „As“ die Überlegenheit des Gegners ein. Fünf Tore hätten sich nur schwer retuschieren lassen.

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