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Kiyan Soltanpour hat beim BAK wieder zu alter Stärke gefunden.
© Ian Stenhouse/No Dice Magazine

Kolumne Berliner Fußball: Der BAK und die Glücksgriffe

Beide kommen aus dem Nachwuchsbereich des 1. FC Union, der eine als Trainer, der andere als Torjäger. Beim Berliner AK haben Engin Yanova und Kiyan Soltanpour ihr Glück gefunden – und den Klub damit früher als erwartet zu einer absoluten Spitzenmannschaft in der Regionalliga gemacht.

Heute machen wir eine kleine Zeitreise. Schnallen Sie sich an! Wir kehren zurück in den Mai 2011 und obwohl es vielleicht spannendere Sachen gibt, die man mit einer Zeitmaschine machen könnte, blicken wir zuerst auf die Tabelle der Oberliga Nordost Nord. Der Torgelower SV ist Meister, verzichtet aber aus finanziellen Gründen auf den Aufstieg in die Regionalliga. Dahinter kommt Hansa Rostock II, die dürfen aber nicht aufsteigen. Der einzige Aufstiegsplatz geht also an den drittplatzierten Berliner AK 07. Zwei Plätze dahinter steht die zweite Mannschaft des 1. FC Union, wo Stürmer Kiyan Soltanpour soeben eine tolle Saison gespielt hat. Mit 20 Treffern ist er der Top-Torjäger bei der Köpenicker Reserve, und überlegt, was er als nächstes macht.

„Union hat gesagt, dass es mit der ersten Mannschaft schwer wird, obwohl ich so viele Tore erzielt habe“, sagt Soltanpour rückblickend. „Ich habe von Dortmund II ein gutes Angebot bekommen und deswegen bin ich gewechselt.“ Der Abgang von Topstürmer Soltanpour ist nicht die einzige Veränderung bei Union II im Sommer 2011. Trainer Theo Gries wird entlassen und der 34-jährige Engin Yanova wird der neue Chef. Yanova und Soltanpour verpassen sich so knapp, doch sie kannten sich bereits - als ehemaliger Trainer der A-Jugend kennt Yanova alle talentierten Jungs im Verein. Und für Soltanpour sind die Qualitäten des Trainers Yanova schon jetzt klar: „Ich weiß, wenn Herr Yanova etwas anpackt, dann steckt was dahinter.“

Weiter geht es mit der Zeitreise. Jetzt ist es Sommer 2012, ein Jahr später. Der BAK beendet die erste Regionalliga-Saison auf einem beeindruckenden siebten Platz und gewinnt dazu den Berliner Pokalwettbewerb. Yanovas Union II spielt wunderbar schönen Fußball und steigt in die neue Regionalliga Nordost auf. Nur für Soltanpour war das erste Jahr bei Dortmund II trotz des Aufstiegs in die 3. Liga eine Enttäuschung. „Die ersten sechs Monate waren ganz gut aber dann hatte ich Verletzungspech und konnte nicht spielen“, klagt der heute 24-jährige Berliner. „Ich hatte ein Problem mit dem Knie, ich war bei fünf verschiedenen Ärzten und keiner wusste genau, was das ist.“

Wir fahren wieder los. Jetzt ist es Sommer 2013 und Kiyan Soltanpour hat ein weiteres schweres Jahr hinter sich, diesmal in der 3. Liga. „Dortmund II wollte einen erfahrenen Stürmer holen und es war schwierig für mich, weil ich wegen der Verletzungen keine Spielpraxis hatte“, erklärt er. „Dann bin ich zu Saarbrücken gewechselt, das war auch nicht gut.“ Für die Saarländer kommt er insgesamt nur 57 Minuten zum Einsatz und die Zeit ist reif für einen Neuanfang. Das gleiche gilt für Engin Yanova und auch für den BAK. Und so kommen die drei Geschichten langsam zusammen.

Am Sonntag empfängt der BAK Spitzenreiter Neustrelitz im Poststadion

Jens Härtel, der erfolgreiche BAK Trainer, wechselt zu RB Leipzig – als Ersatz werben die Moabiter Engin Yanova von Union II ab. Der neuer Chef brauchte einen Stürmer und denkt sofort an Kiyan Soltanpour: „Ich wusste aus seiner Zeit bei Union, dass er gewisse Qualitäten hat“, erinnert sich der BAK-Coach. Soltanpour zweifelt keine Sekunde, als der Anruf von Yanova kommt. „Ich hätte zu anderen Regionalligamannschaften gehen können, aber ich habe mich für den BAK entscheiden, weil es in Berlin ist und weil der Trainer super ist“, erklärt er. „Er war der Hauptgrund, warum ich hergekommen bin.“

Sie können sich nun abschnallen, wir sind in der Gegenwart angekommen, die für alle drei Beteiligten kaum besser aussehen könnte. Die Verletzungsprobleme von Soltanpour sind wohl endlich Vergangenheit. Er hat bis jetzt alle zwölf Regionalligaspiele des BAK von Beginn an gespielt und dabei acht Tore erzielt. Yanova scheint bislang alles richtig gemacht zu haben, sein neuer Klub steht auf dem zweiten Tabellenplatz und gilt als ernsthafter Anwärter auf den Aufstieg in die 3. Liga. „Wegen seiner unglücklichen Zeit über die letzten Jahren gab es natürlich ein Risiko mit Soltanpour“, sagt Yanova. Doch die Sorgen haben sich nicht bestätigt, ganz im Gegenteil. Der Trainer ist selbst überrascht, dass seine Truppe so stark ist. „Es ist schön zu sehen, dass das, was man investiert hat, zurückgeflossen ist. Das ist eine Art Return-on-Investment“ sagt Yanova.

Die beiden alten Bekannten sind sich auch einig, dass wir von Soltanpour sogar noch mehr erwarten dürfen. „Ich bin noch nicht bei hundert Prozent, weil mir noch Spielpraxis fehlt – ich hatte zwei Jahre lang kaum gespielt“, sagt der deutsch-iranische Stürmer. „Mit den Toren wird’s immer besser und ich denke, dass ich noch besser werden kann.“ Yanova stimmt zu. „Er muss sich weiterentwickeln – er ist noch nicht da, wo er früher mal war. Wir geben ihm aber die Zeit, damit mehr von ihm kommt. Es gibt kleine Baustellen bei ihm aber er arbeitet hart daran, sich weiterzuentwickeln.“

Am Sonntag (13.30 Uhr) kommt ein großer Test für Yanova, Soltanpour und den BAK: Tabellenführer TSG Neustrelitz ist zu Gast im Poststadion. Zu Saisonbeginn sagte Yanova, er erwarte, dass es eine Überraschungsmannschaft gibt. Er hatte Recht. Keiner hat vermutet, dass Neustrelitz zehn Spiele in Folge gewinnt, und mit vier Punkten Abstand an der Spitze der Regionalliga steht. Yanova freut sich auf die Begegnung: „Das wird ein sehr schnelles Spiel. Neustrelitz ist eine Mannschaft, die ein gutes Tempo hat. Beide Teams sind von den Stärken her auf Augenhöhe, aber die Mannschaft, die am Tag die bessere Mentalität auf dem Platz verkörpert, wird das Spiel gewinnen.“

Leider können wir nicht in die Zukunft blicken. Vielleicht wird der BAK am Sonntag gewinnen und vielleicht wird Soltanpour irgendwann eine neue Chance bekommen, sich in der 3. Liga verletzungsfrei zu beweisen. Vielleicht sogar mit dem BAK. Vielleicht auch nicht. Nur eine Sache ist klar: mit Yanova am Ruder und Soltanpour in Form, sieht die Zukunft des Klubs sehr gut aus.

Der Autor: Stephen Glennon kommt aus Irland, lebt seit 2005 in Berlin und ist Mitgründer des englischsprachigen Berliner Fußballmagazins No Dice.  Für den Tagesspiegel schreibt Glennon immer freitags über den Berliner Fußball. Bilder und Spielberichte von „No Dice” auf Facebook.

Stephen Glennon

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