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6500 Arbeitsmigrant*innen sind seit Vergabe der WM gestorben.
© imago images/Joerg Boethling

Neuer Bericht von Amnesty zur Situation in Katar: Der äußere Schein trügt

Aus einem Bericht von Amnesty geht hervor, dass Reformen in Katar stagnieren. Ein Jahr vor der WM sollte Schluss sein mit der Nachsicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Inga Hofmann

Als entschieden wurde, dass die WM 2022 nach Katar vergeben wird, warnte Amnesty International davor, dass das Event nicht zum „Sportwashing“ dienen dürfe. Darunter werden Bestrebungen von Staaten verstanden, mithilfe sportlicher Turniere ihr eigenes Image reinzuwaschen.

Der Eindruck, dass der Golfstaat genau das versucht, drängt sich allerdings auf: Während homosexuelle Menschen im Land kriminalisiert werden, schmückt Katar sich damit, dass Regenbogenfahnen in den Stadien erlaubt sein werden. Und während der Tod von 6500 Arbeitsmigrant*innen nicht aufgeklärt wurde, wird Katar nicht müde, auf Reformen zur Verbesserung der arbeitsrechtlichen Situation zu verweisen.

Scheinbar mit Erfolg: Im August 2020 läutete die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) den „Beginn einer neuen Ära“ in Katar ein. Das Emirat hatte damals zwei Gesetze verabschiedet, damit Arbeitsmigrant*innen ohne die Erlaubnis ihres Arbeitgebers das Land verlassen und den Arbeitsplatz wechseln können. Die Gesetze und die Realität klaffen jedoch weit auseinander.

Missbräuchliche Praktiken wieder aufgetaucht

Aus einem neuen Bericht von Amnesty International geht hervor, dass Reformen im Land „nur lückenhaft“ umgesetzt wurden und missbräuchliche Praktiken sogar wieder aufgetaucht sind. Sämtliche Reformen, die seit 2017 eingeführt wurden, seien nicht angemessen umgesetzt worden, sodass die Ausbeutung der Arbeitskräfte sich fortsetze.

Betroffene berichteten Amnesty, dass sie beim Wechsel ihres Arbeitsplatzes nach wie vor auf erhebliche Hürden stoßen und von ihren Arbeitgeber*innen unter Druck gesetzt würden. Löhne würden auch nach der Einführung des Mindestlohns häufig gar nicht oder zu spät ausgezahlt und Arbeiter*innen hätten kaum Möglichkeiten, diese einzufordern. Sie dürfen sich demnach nicht einmal in Gewerkschaften organisieren.

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Todesfälle weiterhin unaufgeklärt

Bereits im August hatte Amnesty das Versagen der katarischen Behörden dokumentiert, den Tod von 6500 Arbeitsmigrant*innen zu untersuchen, die seit Vergabe der WM ums Leben gekommen sind – obwohl es Belege für einen Zusammenhang zwischen Todesfällen und unsicheren Arbeitsbedingungen gab. Bis heute hätten die Behörden keine ausreichenden Maßnahmen eingeleitet, um die Todesfälle zu untersuchen.

Katar hat es über zehn Jahre lang versäumt, umfassende Reformen zu initiieren und für deren Umsetzung Sorge zu tragen. Wenn sich das „Sportwashing“ nicht fortsetzen soll, dann muss Schluss sein mit der Nachsicht. Die Fußballwelt muss der Inszenierung aktiv entgegenwirken und diese boykottieren, damit Katars Image von der WM nicht profitiert.

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