zum Hauptinhalt
Torschützen unter sich. Unions Sebastian Polter (vorn) bejubelt mit Grischa Prömel das 3:0.
© Jörg Carstensen/dpa

Vor dem Saisonfinale um den Aufstieg: Der 1. FC Union steht weiter unter Druck

Unions Trainer Urs Fischer will die Spannung vor dem Duell mit dem VfL Bochum hochhalten. Er glaubt noch an den zweiten Platz – genau wie sein Team.

Von David Joram

Weil das Ende dieser Zweitliga-Saison naht, hat der Fußballtrainer Urs Fischer nochmal an den Anfang erinnert. Am Montag sinnierte der Coach des 1. FC Union also über eine Freundschaftsspielreise, die im Juli letzten Jahres stattfand, nach London an die Loftus Road. Bei den dort beheimateten Queens Park Rangers testeten die Berliner ihre Form für die anstehende Saison, Fischers erster bei Union. Der belanglose Test, den sein Team 0:3 verlor, ist dem Schweizer in guter Erinnerung geblieben. Nicht wegen des Ergebnisses, sondern weil Fischer eine erste Ahnung davon erhielt, wie viel dieser Klub aus Köpenick seinen Anhängern bedeutet. 1500 Fans flogen damals mit in die englische Hauptstadt, von einer „roten Wand“ sprach Fischer, „eindrücklich“ sei das gewesen.

Am kommenden Sonntag wird der 1. FC Union wieder zum Pilgerklub. 5000 Fans werden die Berliner nach Bochum begleiten, wenn es um den ersten Bundesliga-Aufstieg in der Vereinsgeschichte geht. „Es gibt keine größere Wertschätzung und Unterstützung. Ich meine, das ist ja Wahnsinn. 5000 – unglaublich“, findet Fischer.

Während die Fans zum Aufstieg rüsten, bleibt der Trainer fokussiert. Die Freude über Platz drei hält sich in engen Grenzen. Der würde schließlich auch bedeuten, dass es noch zwei Extraschichten gegen den VfB Stuttgart gäbe. Die Chancen des Zweitligisten in solchen Relegationsduellen fallen traditionell eher gering aus. Fischer setzt deshalb auf eine letzte Wende am 34. Spieltag, die sein Team auf Platz zwei und damit zum direkten Aufstieg führen soll. Er will den Druck weiter hochhalten – auch intern. Es gehe ihm darum, die Spannung hochzuhalten, präzisiert Fischer. „Es kann nicht sein, dass jetzt der ganze Druck weg sein soll. Es gibt noch ein Spiel, da kann noch einiges geschehen.“

Für den besten Fall benötigt Union fremde Hilfe. Einen Berliner Auswärtssieg vorausgesetzt, dürfte der SC Paderborn nicht in Dresden gewinnen. „Ich glaube nicht, dass Dresden ohne Kampf das letzte Spiel bestreiten wird. Von daher ist es noch möglich“, sagt Fischer, der bezeichnenderweise in einem gelben Pullover zur Fragerunde mit den Pressevertretern erschien. Kleine Zeichen, bewusst oder unbewusst gesetzt, können bekanntlich den Ausschlag geben.

Fischer beschäftigt sich auch mit dem VfB Stuttgart

„Wir wollen Platz zwei, das ist doch ganz klar“, sagt Stürmer Sebastian Polter, derweil Mittelfeldspieler Grischa Prömel erklärt, wie das gehen soll: „In erster Linie müssen wir gewinnen. Es bringt uns nichts, alle zehn Minuten nachzufragen, wie es in Dresden steht. Da verlierst du komplett den Fokus.“

Beim 3:0 gegen Magdeburg stimmte der Fokus. Vom 4:1-Sieg der Paderborner gegen den HSV erfuhren Fischer und seine Spieler erst nach dem eigenen Spiel. Das Ergebnis der Konkurrenz – bei einem Unentschieden oder einer Niederlage Paderborns wären die Berliner als Zweiter ins Saisonfinale gegangen – habe bei ihm nichts ausgelöst, sagt Fischer. Am kommenden Sonntag wird dies vermutlich anders sein, noch aber tätigt Fischer Sätze wie diesen: „Was in Paderborn ist oder passiert, ist mir im Moment egal.“

Zumindest nach dem Duell gegen Magdeburg erweckten seine Spieler den Eindruck, als stimme auch bei ihnen der Fokus. Im Innenraum analysierten Polter, Prömel und Joshua Mees sachlich-nüchtern, der Jubel fiel – anders als auf den Rängen – eher moderat aus. Es ist eben noch nichts erreicht in Unions erfolgreichster Zweitliga-Saison. Um den Geist wach zu halten, ordnete Fischer für Montag und Dienstag zwei trainingsfreie Tage an. Der Ausgleich könne den Spielern gut tun, findet er. „In der jetzigen Phase ist weniger manchmal mehr.“

Das gilt nicht für Fischers Gegner-Analysen. Neben den Bochumern studiert der Trainer noch die Spiele des VfB Stuttgart, am Samstag will er die Schwaben beim FC Schalke 04 im Stadion begutachten. „Bochum hat erste Priorität“, sagt Fischer zwar, aber es gehe auch darum, sich mit dem VfB auseinanderzusetzen. Noch hofft der Trainer natürlich, dass die letzte Auswärtsfahrt der Saison nicht am 23. Mai nach Stuttgart führt – genau wie die vielen reisefreudigen Union-Fans.

Zur Startseite