Atlanta Hawks ziehen Option: Dennis Schröder: Solist mit Ansprüchen
Basketball-Nationalspieler Dennis Schröder startet mit gewachsenen Erwartungen in die NBA-Saison. Das machte schon das erste Spiel deutlich.
Steve Blake war wirklich nicht zu beneiden. Der Aufbauspieler der Detroit Pistons ist bereits 35 Jahre alt und hat schon für acht verschiedene NBA-Teams gespielt. Im ersten Spiel seiner 16. Profisaison in der nordamerikanischen Basketballliga musste Blake am Dienstagabend nun einem Spieler hinterherhetzen, der eindeutig zu schnell für ihn war. Wieder und wieder kam Blake zu spät und sah nur noch die Fersen eines gewissen Dennis Schröder, der 20 Punkte erzielte und damit bester Werfer seines Teams war.
Am Auftaktspieltag der NBA verloren Schröders Atlanta Hawks trotzdem deutlich mit 94:106 (43:48) gegen Blake und die Detroit Pistons. Schröder hatte im ersten Spiel seiner dritten NBA-Saison wieder einmal als Solist geglänzt, seine Mannschaft aber nicht zum Sieg führen können. In dieser Saison wird sich zeigen, ob der 22-Jährige den gewachsenen Ansprüchen an ihn gerecht werden kann.
Was Schröder von sich selbst erwartet, ist kein Geheimnis. Der Braunschweiger will kein Mitläufer oder Rollenspieler in der besten Liga der Welt sein, sondern ein Star und Anführer. Im mannschaftsorientierten System der Hawks hat der deutsche Nationalspieler in seinen ersten beiden Spielzeiten große Fortschritte gemacht, Atlanta setzt auch in Zukunft auf den Spielmacher. Unmittelbar vor dem Spiel gegen Detroit hatte der Verein bestätigt, dass Schröder auch 2016/2017 das Trikot der Hawks tragen wird. Der Klub zog eine entsprechende Option.
Erst kurz vor dem Start der Saison hatte Schröder in der ihm eigenen selbstbewussten Art erklärt, mittelfristig wolle er als Aufbauspieler auch in Atlantas Startaufstellung rücken. Wenn es nächste Saison nicht vorwärts gehe, „muss man mit den Leuten reden und andere Möglichkeiten suchen“, sagte er der „Sport Bild“. Die Aussage wurde sogar in den USA aufgenommen, dass Schröder in dem Interview auch die Stadt und das Team lobte, ging angesichts der Startplatzforderung unter. Die Hawks besitzen mit Jeff Teague einen gestandenen Aufbauspieler, der mit 27 Jahren auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft ist und in der vergangenen Saison erstmals für das All-Star-Game ausgewählt wurde.
Dass Schröders Ansprüche trotzdem nicht vermessen sind, zeigte er gegen Detroit. Kaum ein Basketballer weltweit ist so schnell im Antritt wie der Deutsche, nur wenige Verteidiger können ihn im Spiel Eins-gegen-Eins daran hindern, zum Korb zu ziehen. In den Play-offs der vergangenen Saison allerdings ließen ihn gegnerische Teams einfach aus der Distanz werfen, seine miserable Dreierquote von nur 23,5 Prozent war auch ein Grund dafür, dass Atlanta im Finale der Eastern Conference gegen Cleveland ausschied.
In diesem Sommer hat Schröder sich nicht nur im Nationalteam als Anführer und Lenker versucht, sondern mit seinem Hawks-Mitspieler und Dreier-Spezialisten Kyle Korver an seinem Distanzwurf gearbeitet. Gegen Detroit traf Schröder bei fünf Versuchen von der Dreierlinie zwei Mal – eine derart respektable Quote würde den Deutschen im Angriff noch deutlich gefährlicher machen. In den USA wird allerdings auch von ihm erwartet, dass er sich als Vorbereiter verbessert. Während der Heim-EM im Sommer, bei der das deutsche Nationalteam in der Vorrunde ausschied, war Schröder ebenfalls immer wieder Eigensinn vorgeworfen worden.
Im Gegensatz zu den vergleichsweise braven anderen beiden deutschen NBA-Profis Dirk Nowitzki und Tibor Pleiß, die in der Nacht zu Donnerstag mit Dallas und Utah in die Saison starteten, polarisiert Schröder nun einmal. Dabei kann der junge Aufbauspieler auch ganz artig sein. Vor dem Spiel gegen Detroit veröffentlichte er ein Bild von sich und Atlantas Trainer Mike Budenholzer und teilte mit, wie „gesegnet“ er sei, Teil der Hawks zu sein. „Dieser Mann hier hat mir sehr viele Dinge auf dem Feld und neben dem Feld beigebracht“, schrieb Schröder in Bezug auf Budenholzer.
Vielleicht weiß der junge Spielmacher auch einfach nur, zu wem er nett sein sollte. Letztendlich wird schließlich Budenholzer darüber entscheiden, wen er in die Startformation der Hawks stellt.