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Update

Hertha - Union 1:2: Denkwürdiges Ergebnis eines denkwürdigen Derbys

Erst waren die Unioner beeindruckt von der Kulisse im Olympiastadion und von Herthas Druck - doch dann befreite sich der Außenseiter aus Köpenick und gewann das Berliner Derby 2:1 beim Tabellenführer.

In der Ostkurve herrschte vielsagendes Schweigen. Die blau-weiße Trauerarbeit stand in größtmöglichen Kontrast zu den roten Leuchtraketen, die gut 15 000 Fans des 1. FC Union abbrannten, auf der anderen Seite des ausverkauften Olympiastadions, rund um das Marathontor. 2:1 (1:1) gewann der abstiegsgefährdete 1. FC Union das Berliner Derby beim Aufstiegskandidaten Hertha BSC. Unions Kapitän Torsten Mattuschka schoss zwanzig Minuten vor Schluss das entscheidende Tor. Hertha bleibt zwar auf Platz eins, aber die Zweite Fußball-Bundesliga ist wieder ein bisschen spannender geworden, und die Machtverhältnisse im Berliner Fußball sind wohl doch nicht so zementiert, wie es Hertha gern hätte.

„Mit dieser Schmach müssen wir jetzt leben“, sagte Herthas Trainer Markus Babbel, „aber Fußball ist nun mal kein Wunschkonzert.“ Dabei war zunächst überhaupt nicht abzusehen, dass seine Mannschaft in diesem Spiel auch nur annähernd in Bedrängnis kommen würde. Die Spieler vom 1. FC Union, sichtlich beeindruckt von der großen Kulisse, bekamen kaum einen Fuß vor den anderen, geschweige denn Erfolg versprechend an den Ball. „Da hatten wir ein kleines bisschen die Hosen voll“, gab Unions Trainer Uwe Neuhaus zu. Das rote Durcheinander artete aus zur Konfusion, als auch noch Michael Parensen mit seinem Kopf gegen den von Peter Niemeyer rasselte. Parensen, beim 1:1 im Hinspiel der beste Unioner, musste mit einer Trage vom Platz gebracht werden, was die Hertha-Fans in der Ostkurve stilsicher zu „Scheiß-Union“-Rufen inspirierte. Parensen erlitt ein Schädel-Hintrauma ersten Grades und musste die Nacht zur Beobachtung im Krankenhaus verbringen.

Es geschah dies schon nach 100 Sekunden und trug nicht bei zu einem raschen Abschluss der Findungsphase in Unions Spiel. Hertha dominierte, Hertha drängte, und Hertha schoss auch schnell ein Tor. Es entsprang einem Zusammenspiel der beiden Innenverteidiger (!), allerdings unter gütiger Mithilfe des Gegners. Zunächst vertändelte Santi Kolk im Mittelfeld den Ball an Niemeyer. Der Holländer setzte regelwidrig nach, worauf Schiedsrichter Jochen Drees einen Freistoß verhängte. Raffael flankte hoch vor das Tor, wo zunächst Unions Torhüter Marcel Höttecke ziellos umherirrte und im Anschluss Dominic Peitz den Ball unkontrolliert zur Seite drosch. Dort stand Herthas Andre Mijatovic, als langer Schlaks wegen seiner Kopfballstärke nach vorn geeilt. Der Kroate hob den Ball, genau auf den Kopf von Roman Hubnik. Es war im 27. Spiel das erste Tor des Tschechen für Hertha und für Mijatovic im 13. Spiel die erste Vorlage.

Hertha hatte das Spiel im Griff, ließ den Gegner laufen und versäumte es doch, schnell ein zweites Tor nachzulegen. „Wenn Hertha da vehementer nachgesetzt hätte, wäre es für uns sehr schwer geworden, noch einmal zurückzukommen“, sagte Neuhaus. Union trug zwar immer noch nicht viel bei zum Spiel, aber es reichte schon, dass hinten erst einmal nichts mehr passierte. Denn Herthas laxes Defensivverhalten war in dieser Rückrunde noch immer gut für ein Gegentor.

So war es auch im Derby, auch wenn das 1:1 aus dem viel zitierten Nichts fiel. Christian Stuff schlug den Ball einfach nach vorn in Richtung Strafraum. Dort stand John Jairo Mosquera mit dem Rücken zum Tor. Der Kolumbianer stoppte den Ball artistisch mit der Brust, er sprang ihm auch ein wenig gegen die Schulter, aber Drees ließ weiterspielen. Mosquera drehte sich um Hubnik und schlug den Ball direkt vom Kreidestrich mit dem linken Fuß hoch in die rechte Ecke. Ein wunderschönes Tor, Unions Fans feierten es ausgelassen mit bengalischen Feuern. Für ein paar Minuten herrschte dicke Luft in Unions Strafraum, was für die Köpenicker den angenehmen Nebeneffekt hatte, dass der Schiedsrichter übersah, wie Niemeyer im Strafraum umgerissen wurde.

Union aber war jetzt im Spiel und ließ sich nicht mehr herausdrängen. Hertha hatte zwar weiterhin Vorteile, aber es fehlte das Zwingende. Die beste Chance im einsetzenden Regentreiben bereitete Adrian Ramos vor, als er die linke Außenlinie hinunter preschte und vor das Tor flankte. Friend eilte heran und hatte Pech, dass er mit letztem Einsatz nur den Außenpfosten traf. Dann schoss Ramos selbst vorbei, von Raffael schön frei gespielt. So kam, was in solchen Situationen öfter kommt. Es fiel ein Tor, aber nicht auf der erwarteten Seite. 22 Meter vor dem Tor holte Mattuschka einen Freistoß heraus. Unions Kapitän, bis dahin einer der Schwächsten auf dem Platz, schoss selbst. Nicht scharf, nicht platziert, aber der weitgehend beschäftigungslose Maikel Aerts flog zu spät in die rechte Ecke, er bekam nur die Fingerspitzen an den Ball – Union führte 2:1. „Zwei Chancen, zwei Tore – Union hat uns gezeigt, wie es geht“, sagte Markus Babbel.

Auf der Gegenseite hätte Höttecke Hertha beinahe den Ausgleich ermöglicht, als er Ramos' Kopfball vor die Füße von Hubnik prallen ließ, aber der reagierte zu spät. Ramos hatte noch einmal Pech mit einem abgefälschten Schuss, aber das war es dann auch schon. Schiedsrichter Drees spendierte noch drei Minuten Nachspielzeit, aber Hertha fiel nichts mehr ein.

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