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Herausforderer gesucht. Ein Duell gegen Weltmeister Magnus Carlsen ist der Preis, der auf den Sieger des Berliner Turniers wartet.
© dpa

Schachturnier in Berlin: Denkerduelle im Kühlhaus

In Berlin wird der Herausforderer von Schachweltmeister Carlsen gesucht: Am Samstag beginnt das Kandidatenturnier 2018.

Wer wird der neue Herausforderer von Schachweltmeister Magnus Carlsen? Diese Frage wird in den nächsten drei Wochen mitten in Berlin beantwortet, einen Steinwurf vom Tagesspiegel entfernt. Erstmals geht ein Kandidatenturnier mit acht Teilnehmern in der deutschen Hauptstadt über die Bühne, im Kühlhaus, einer ehemaligen Kühl- und Lagerhalle Nähe Gleisdreieck. Die Schachgroßmeister ermitteln, wer im Herbst diesen Jahres in London gegen Carlsen antreten darf. Das Kandidatenturnier 2018 ist das bedeutendste Turnier in Berlin seit langer Zeit, jedenfalls in Bezug auf ein Turnier mit „langer“ Bedenkzeit.

Schachfans erinnern sich: 2015 gab es hier schon die Schnellschach- und Blitzschach-Weltmeisterschaft. Damals mit Magnus Carlsen. Das ehemalige Wunderkind des Schachs hat der Randsportart am Brett mit den 64 Feldern in den vergangenen Jahren medial deutlich mehr Aufmerksamkeit gebracht. Der 27-jährige Norweger, der 2013 den Weltmeistertitel errang und bereits zwei mal verteidigte, ist in Berlin nicht dabei. Er kann in Ruhe die Schwächen seines nächsten Gegners analysieren.

Einen Favoriten gibt es nicht

Doch was heißt schon Schwächen. Das Feld ist sehr ausgeglichen besetzt. Einen Favoriten gibt es nicht. Am ehesten noch Shahkriyar Mamedyarow aus Aserbaidschan, derzeit die Nummer Zwei der Schach-Welt und damit in der Elo-Liste direkt hinter Carlsen platziert. Mamedyarow konnte in in den vergangenen Monaten einige wichtige Turniersiege einfahren und fleißig Elo-Punkte sammeln. Das Elosystem ordnet die Schachspieler nach dem Ergebnis ihrer Partien in einer Rangfolge an. Die besten Spieler haben die höchste Punktzahl. Auch der Russe Wladimir Kramnik (Nummer 3 der Elo-Liste), Wesley So (USA/4), Fabiano Caruana (USA/8), der Chinese Ding Liren (11) und der Russe Alexander Grischuk (12) wollen ihre Chance nutzen.

Kramnik war schon Weltmeister, ist mit 42 Jahren aber vielleicht nicht mehr der jüngste. Landsmann Sergej Karjakin hatte sich Ende 2016 im WM-Duell mit Carlsen erst im Tiebreak geschlagen geben müssen. Mittlerweile ist Karjakin in der Elo-Liste auf Platz 13 abgerutscht, so dass ihm eher Außenseiterchancen einzuräumen sind. Eine Art Lokalmatador ist der Armenier Levon Aronjan (Armenien/5), der lange Zeit in der Schach-Bundesliga für den SC Kreuzberg spielte und auch in Berlin wohnte, einer der sympathischsten Spieler in der Schachszene.

Eine Partie dauert bis zu sechs Stunden

Auch ihm ist beim Denken live zuzuschauen. Am Samstag um 15 Uhr werden die ersten Züge, die ersten vier Partien im Kühlhaus gespielt. Eine Schachpartie dauert bis zu sechs Stunden. Spielsaal und Zuschauerplätze sind bemerkenswert aufgebaut, 5000 Quadratmeter auf sechs Stockwerken. Es kann von oben auf die Spieler geblickt werden. Tickets gibt es ab 17 Euro aufwärts. Laut Agon, Vermarkter des Weltschachverbands Fide, wurden 3000 Karten vorverkauft. Diverse TV-Stationen sind vor Ort, wobei sich das Ganze auch im Internet verfolgen lässt.

Jeder spielt zweimal gegen jeden. Bei einer Generalprobe am vergangenen Wochenende in Moskau gewann einer, der in Berlin gar nicht dabei ist: der von Carlsen 2013 entthronte Inder Viswanathan Anand. Mamedyarow, Karjakin, Grischuk und Kramnik landeten im geschlagenen Feld. Mit Anand wäre das Herausforderer-Feld komplett.

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