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Elegant und kompromisslos. Der 29 Jahre alte Belgier Dedryck Boyata ist unter Trainer Jürgen Klinsmann zum Abwehrchef aufgestiegen. Im vorigen Sommer kam er von Celtic Glasgow nach Berlin. Davor war er bei Manchester City aktiv.
© Imago/Matthias Koch

„Fühlt sich ähnlich an wie bei Manchester City“: Dedryck Boyata spricht über Windhorst-Einstieg bei Hertha BSC

Dedryck Boyata hat bei Manchester City gespielt, als der Investor aus Abu Dhabi einstieg. Bei Hertha BSC macht er gerade eine ähnliche Erfahrung.

Im Hotelzimmer von Dedryck Boyata und Karim Rekik ist das Licht dieser Tage ziemlich spät ausgegangen. Mit dem Jetlag, den lange Reisen wie die ins Trainingslager nach Orlando mitunter verursachen, hatte das allerdings nur bedingt zu tun.

Auch die beiden Innenverteidiger von Hertha BSC, die sich seit langem aus ihrer gemeinsamen Zeit in England kennen und mittlerweile wieder zusammen spielen, behandelten ein Thema, das viele Anhänger und Angestellte von Hertha BSC seit einigen Monaten beschäftigt: den Einstieg von Investor Lars Windhorst und die daraus resultierenden Veränderungen für den Berliner Fußball-Bundesligisten aus Charlottenburg.

Wird Hertha tatsächlich ein „Big City Club“?

Wo geht die Reise des Vereins in den nächsten Jahren hin? Welche Chancen birgt das Engagement und welche Risiken sind zu berücksichtigten? Geht das alles gut? Und wird Hertha tatsächlich ein „Big City Club“?

„Wir haben mit Karim darüber gesprochen, dass es sich ähnlich anfühlt wie bei Manchester City“, erzählt Boyata am Morgen danach beim Interview-Termin unter der Sonne Floridas. Als junger Kerl war der Belgier gerade auf die Insel gewechselt und hatte sich über die Nachwuchsakademie ins Profiteam hochgearbeitet, als der damalige Besitzer plötzlich die Lust an seinem Spielzeug verlor.

Thailands umstrittener ehemaliger Premierminister Thaksin Shinawatra veräußerte die Hauptanteile am Verein an Mansour Bin Zayed Al Nahyan – und das Mitglied aus der Herrscherfamilie Abu Dhabis steckte nach seiner Übernahme so viel Geld in den englischen Traditionsklub, dass selbst die finanzkräftige Konkurrenz aus der Premier League staunte. Von heute auf morgen stellte der Scheich alles auf den Kopf und drehte jeden Stein um.

„In einem solchen Prozess ändern sich viele Dinge“, sagt Boyata, „wir haben neue Trainingsanlagen bekommen, neue Trainer und Mitarbeiter, eine neue Denk- und Handlungsweise.“ Und nicht zu vergessen natürlich: viele, viele neue Spieler.

Klinsmann muss unpopuläre Entscheidungen treffen

„Die Zahl der Teamkollegen, die ich als junger Spieler dort in der Kabine kommen und gehen sehen habe, war unglaublich“, berichtet der 29-Jährige. „Viele Leute waren sauer, viele Leute waren glücklich, es war viel los. Aber wenn man sieht, wo der Klub heute steht, ging es in die richtige Richtung.“

Drei Jahre nach Mansours Einstieg holte City unter Trainer Roberto Mancini den FA-Cup – es war der erste Titel seit mehr als 40 Jahren. Mittlerweile wird der Verein von Pep Guardiola verantwortet und ist Stammgast in der Champions League.

Wer sich Boyatas Anekdoten anhört, erkennt schnell gewisse Parallelen zu den aktuellen Geschehnissen bei Hertha BSC. Auch bei Hertha ist auf allen Ebenen ordentlich Bewegung drin: Trainer Jürgen Klinsmann hat den Kader keine sechs Wochen nach Dienstantritt von 34 auf 25 Feldspieler reduziert und dabei einige unpopuläre Entscheidungen getroffen, angefangen bei Salomon Kalou über diverse Nachwuchskräfte aus der Berliner Jugendakademie.

Im Trainingslager in den USA ist ein weiterer Härtefall dazugekommen: Eduard Löwen, im Sommer für sieben Millionen Euro aus Nürnberg verpflichtet und der Öffentlichkeit als großer Perspektivspieler verkauft, ist kürzlich inklusive Kaufoption an den FC Augsburg ausgeliehen worden.

Dedryck Boyata dürfte sich im Konkurrenzkampf behaupten

„Wenn man als Hertha-Fan das Gleiche will wie damals bei Manchester City, sollte man sich auf viele Veränderungen einstellen“, sagt Boyata. Profifußball ist und bleibt eben ein knallhartes Geschäft. Selbst Nationalspieler Niklas Stark kann – genau wie zum Beispiel Vedad Ibisevic, Jordan Torunarigha oder Arne Maier – im Moment nicht zufrieden mit seiner Situation sein.

Jürgen Klinsmann verpackt die Personalien und Abgänge bei Medienrunden und auf Nachfrage zwar gekonnt in nette Worte, aber hinter den Kulissen trifft er ganz offensichtlich knallharte Entscheidungen.

„Es ist ein Wettbewerb, unabhängig vom Alter der Spieler. Wir brauchen eine Kontinuität, eine Anfangsformation mit neun, zehn Blöcken, die erst mal stehen muss“, sagt Herthas Trainer. Dann sei es auch egal, wer hinter wem auf welcher Position auf der Lauer liege. „Derjenige muss hier auf dem Platz zeigen, dass er besser ist als der andere, der gerade zum Zuge kommt.“

In der Causa Dedryck Boyata deutet aktuell vieles darauf hin, dass der Belgier zum Rückrundenstart in der Anfangsformation stehen wird. „Ich sehe vielleicht noch wie 25 aus“, sagt der Verteidiger und lacht. „Aber ich bin 29 Jahre alt und habe viel Erfahrung gesammelt“, ergänzt er, „jetzt versuche ich das weiterzugeben, was ich von allen Kollegen in meiner Karriere gelernt habe.“ Trainer Jürgen Klinsmann wird es mit Freude zur Kenntnis nehmen.

Alle Infos zum Trainingslager von Hertha BSC in Florida finden Sie in unserem Blog.

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