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Allein schon das Können in der Verteidigung aber machte DeAndre Jordan zu einem der meistgefragten Spieler dieser Sommerpause.
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Big Four - die US-Sport-Kolumne: DeAndre Jordan will nicht zu den Dallas Mavericks

Der heiß umworbene Center DeAndre Jordan entscheidet sich nach einem beispiellosen Hin und Her gegen einen Wechsel zu den Dallas Mavericks. Die Mannschaft von Dirk Nowitzki steht nun vor einer ungewissen Zukunft.

Ein Bild für die Basketballgötter wäre es gewesen an diesem Mittwochabend Ortszeit. Da kreist Mark Cuban, der milliardenschwere Besitzer des NBA-Klubs Dallas Mavericks, stundenlang hastig in seiner Limousine durch die Straßen Houstons - und sucht verzweifelt wie erfolglos nach dem Haus von DeAndre Jordan. Zumindest, wenn es nach dem renommierten NBA-Experten Chris Broussard von ESPN geht. Die Meldung verbreitete sich umgehend wie ein Lauffeuer. 

„Das ist ja wohl der größte Blödsinn, den ich je gehört habe“, polterte Cuban daraufhin auf Twitter. „Dann legen Sie doch mal Ihre Quellen offen, die das wissen wollen“, fuhr er Broussard öffentlich an. 

Diese Anekdote ist nur eine von vielen der letzten Tage. Um den Wechsel Jordans von den Los Angeles Clippers zu Cubans Mavericks entwickelte sich ein wahrer Wahnwitz. Jordan galt als einer der meistbegehrten Spieler der diesjährigen Free Agency. Hier buhlen Klubs seit Anfang Juli um hochkarätige, vertraglich ungebundene Akteure. Seit Donnerstag dürfen auch neue Verträge unterschrieben werden. Jordan wurde gleich von mehreren Teams umworben - gilt er doch als „Difference Maker“, als ein Akteur, der gute Teams zu Titelanwärtern machen kann.

Das Treffen in der Heimatstadt wurde zur halbtägigen Belagerung

Bis Mitte dieser Woche noch schien es, als hätten sich die Texaner ihren Wunschspieler gesichert, eine mündliche Vereinbarung wurde bereits getroffen - ehe der 26-Jährige wohl an der eigenen Entscheidung zweifelte und sich bei seinem alten Team meldete. Eine Delegation aus Kalifornien um Klubbesitzer und Ex-Microsoft-Chef Steve Ballmer und Trainer Doc Rivers machte sich daraufhin eilig auf den Weg in die Ölmetropole. Spielmacher Chris Paul, umjubelter Denker und Lenker der Mannschaft, brach sogar seinen Urlaub ab, um mitzureisen - Unstimmigkeiten mit dem ehrgeizigen Mannschaftskapitän sollen ein Grund für die Wechselabsichten gewesen sein.  

Das Treffen in der Heimatstadt des offenbar Zartbesaiteten wurde zur halbtägigen Belagerung: Forward Blake Griffin twitterte augenzwinkernd ein Foto aus Jordans Haus, Unterzeile: „Ich stimme mit der Anordnung der Möbel nicht überein - aber ich bin ja auch kein Inneneinrichter“ - die Eingangstür war durch einen Stuhl blockiert. Die Mavericks-Verantwortlichen und selbst Jordans Berater blieben also nicht nur im übertragenen Sinne außen vor, während im Haus ferngesehen, gepokert und - bekocht von der Frau Mama - geschlemmt wurde. Jordan revidierte seine Entscheidung - wohl schon Tage vor dem finalen Treffen - und spielt nun doch weiter für die Clippers, wohl mit einem neuen Vertrag über vier Jahre. Ein Paukenschlag, in derart öffentlicher Art und Weise ein Novum der NBA-Historie. Hinter vorgehaltener Hand bestätigen viele Liga-Macher: „Das ist eine große Sache, so etwas gab es noch nie.“ 

In Dallas sollte Jordan eine neue Ära einleiten

„Zuhause ist, wo Dein Herz ist. Wilkommen zuhause, DJ“ jubelten die Clippers unbeeindruckt in einer Grußbotschaft. „Ich hatte nie das Gefühl, dass er wirklich gehen wollte“, erklärt Rivers nun. „Jeder hat das Recht, seine Meinung zu ändern. Das ist genau das, was DeAndre getan hat - das ist doch nichts Verwerfliches.“ Ein fader Beigeschmack bleibt trotzdem. 

„Er hat mir nicht ein einziges Mal auf meine Nachrichten und Anrufe geantwortet. Seit Dienstag habe ich nichts mehr von ihm gehört“ ließ Cuban Ärger und Enttäuschung über Jordans Verhalten öffentlich freien Lauf. Die Liga-Führungsetage selbst reagiert bisher sachlich: „Natürlich gibt es für Spieler und Teams das Risiko, dass sich eine Seite während der Verhandlungen doch noch umentscheidet. Daher sollte schon zu Beginn jeder Gespräche klar sein: Wie bei jedem anderen Geschäftsvertrag kommt es erst durch die Unterschrift zum Abschluss.“

In Dallas sollte Jordan eine neue Ära einleiten und die mittlerweile 37-jährige deutsche Vereinsikone Dirk Nowitzki tatkräftig unterstützen. Mehr noch: Die Mannschaft von Trainer Rick Carlisle wieder in die Liga-Elite führen. Der 2,11-Meter-Mann ist in der Defensive einer der besten Spieler der Liga, stark bei den geblockten Würfen wie auch bei den Rebounds. In der abgelaufenen Spielzeit sicherte sich Jordan durchschnittlich 15 Rebounds pro Partie, in den letzten 15 Jahren wurde nur zwei Mal ein höherer Wert erreicht. Im Angriff allerdings sind die Fähigkeiten des so Begehrten mehr als ausbaufähig, der Wurf ist unsicher, dazu hat Jordan eine der schlechtesten Freiwurfquoten überhaupt. Einzig den sicheren Dunk beherrscht der sprunggewaltige Center, das aber äußerst spektakulär. 

Das Dallas-Management steht nun vor einem Dilemma

Allein schon das Können in der Verteidigung aber machte Jordan zu einem der meistgefragten Spieler dieser Sommerpause - und zum erhofften fehlenden Puzzleteil der Mavericks. Seit der Meisterschaft im Jahr 2011 müht sich Dallas nach Kräften, Nowitzki ein hochkarätiges Team an die Seite zu stellen. Bisher ohne Erfolg: In den letzten vier Spielzeiten kam drei Mal das frühe Aus in der ersten Play-off-Runde, ein Mal wurde die Teilnahme gar ganz verpasst. 

„Wir alle haben mit so viel Herzblut versucht, DeAndre von einem Wechsel zu uns zu überzeugen“, resigniert Mavs-Forward Chandler Parsons. „Ich finde das einfach respektlos. Bei uns hätte er zum Superstar werden können. Aber er hatte wohl Angst, den nächsten Schritt in seiner Karriere zu machen.“ 

Das Dallas-Management steht nun vor einem Dilemma: Nach dem gescheiterten Transfer ist selbst die Play-off-Qualifikation in der kommenden Saison fraglich. Die so wichtige Center-Position wird zur fatalen Schwachstelle - alles war auf den Wunschspieler ausgerichtet. Stamm-Center Tyson Chandler wurde eigens zu den Phoenix Suns transferiert. Ein Spieler von Jordans Kaliber ist nicht mehr auf dem Markt. Auch Tauschgeschäfte mit anderen Teams sind nahezu ausgeschlossen, zu unattraktiv sind die Akteure im bestehenden Kader für potenzielle Interessenten. 

Wie es richtig gemacht wird, zeigen die Spurs

Am späten Donnerstag noch gaben die Mavericks die Verpflichtung des georgischen Centers Zaza Pachulia von den Milwaukee Bucks bekannt - höchstens eine Notlösung. Vielleicht drückt es Nowitzkis kolportierte Reaktion auf die Situation am besten aus: „Bitter.“ 

Wie es richtig gemacht wird, zeigen indes ausgerechnet die texanischen Rivalen der San Antonio Spurs, seit Jahren schon bekannt und umjubelt für die wohl beste Personalpolitik des Weltbasketballs: Der fünfmalige Meister gab innerhalb von 45 Minuten die Vertragsverlängerungen der Stammspieler Danny Green und Kawhi Leonard bekannt, auch der mittlerweile 39-jährige Tim Duncan - der beste Power Forward der Basketballgeschichte - und Shooting Guard Manu Ginobili (37) hängen noch ein Jahr dran. Geniestreich der Spurs war jedoch die Verpflichtung des hoch gelobten Power Forwards LaMarcus Aldridge, zuletzt bei den Portland Trail Blazers und von noch mehr Teams umworben als Jordan. Der erfolgreichste Klub der letzten 20 Jahre ist schon jetzt einmal mehr ein Top-Kandidat auf die Meisterschaft. 

Aldridge kündigte am 4. Juli an: „Ich freue mich, nach Hause nach Texas zu kommen und ein Spur zu sein.“ Und hielt sich an seine Zusage.

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