Von Gold und Geistern: Das waren die prägendsten Momente des Sportjahres 2021
2021 war kein besonders schönes, aber ein sehr spannendes Sportjahr mit den Olympischen Spielen als Höhepunkt – ein Rückblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Die Zeit der Partys sei vorbei, hat der neue Bundeskanzler Olaf Scholz nun kurz nach seinem Amtsantritt gesagt. Und irgendwie ist man gewillt ihn zu fragen: Welche Partys? Im Sport jedenfalls gab es die wie schon 2020 auch in diesem Jahr eher selten. Sicher, ziemlich voll waren die Stadien bei der Fußball-Europameisterschaft im Sommer und im Spätsommer und Herbst dann auch in der Bundesliga. Immer wieder damit verbunden war die Kritik, dass der Profifußball die falschen Signale sende – in Zeiten, die nicht von Sportergebnissen sondern von den trüben Zahlen der mit dem Virus infizierten Menschen diktiert werden.
Natürlich wäre es vermessen, in diesem Zusammenhang, in der zur Normalität gewordenen Dauerkrise, davon zu sprechen, dass 2021 ein besonders schönes Sportjahr gewesen wäre. Vielleicht bleiben die leeren Tribünen bei den Geister-Sommerspielen von Tokio bei manchem Menschen mehr im Kopf haften als große Triumphe von Sportlerinnen und Sportlern. Aber die gab es trotzdem und vielleicht werden sie einmal die Erinnerung an das triste Jahr 2021 überlagern.
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Die Liste der Namen ist lang und die Sieger*innen haben eines gemeinsam – sie haben aus dem Jahr, das für viele von uns eines zum Vergessen ist, für sich ein Jahr zum Erinnern gemacht. Wie Alexander Zverev nach seinem Olympiasieg von Tokio auf die Knie sank und die Hände vor sein Gesicht nahm, zählt zweifellos zu den prägnantesten Momenten des Sportjahres. Bei den ATP-Finals wurde Zverev zudem noch zum zweiten Mal Weltmeister – er gewann in diesem Jahr so viel, wie sonst keiner auf der Männer- Tour im Tennis. Der Hamburger wurde verdientermaßen Sportler des Jahres in Deutschland.
Diese Ehre erfuhr bei den Frauen Weitspringerin und Olympiasiegerin Malaika Mihambo, die uns mit ihrem weiten Satz am Ende zum Glück um den Schlaf gebracht hat. Und dann war da auch der Bahnrad-Vierer der Frauen, der in Tokio ebenfalls Gold gewann. In diesem Jahr holte das Quartett so ziemlich alles an Titeln, was auf der Strecke lag. Besonders war auch die Geschichte der Elena Semechin. Sie schwamm noch als Elena Krawzow erstmals zu paralympischem Gold über 100 Meter Brust und durchlitt danach aufgrund ihrer Erkrankung eine schlimme Zeit.
Nicht nur die schönen Momente haben uns mitgenommen. Da war der Zusammenbruch des dänischen Fußballers Christian Eriksen bei der Europameisterschaft. Sein auf dem Platz erlittener Herzstillstand war ein Schock für Millionen Zuschauende, zum Glück ist die Geschichte gut ausgegangen.
2021 war ohnehin das Jahr, in dem Gesundheit mehr denn je auch im Sport zum beherrschenden Thema wurde – die mentale Fitness und zu viel Stress spielten zunehmend eine Rolle. Turnerin Simone Biles zeigte sich von einer sehr menschlichen Seite, als sie im olympischen Finale des Mannschaftsmehrkampfs nach dem ersten misslungenen Sprung ihren Wettkampf abbrach. Sie tat das nicht etwa wegen einer physischen Verletzung, sondern aufgrund psychischer Probleme und aus Rücksicht auf ihre geistige Gesundheit. Ein paar Tage später holte sie am Schwebebalken trotzdem noch Bronze. Auch andere Sportler*innen legten ihre Psyche offen; etwa Tennisspielerin Naomi Osaka, die über ihre Depressionen sprach.
Vielen Sportlerinnen gelingt nicht immer so ein schnelles Comeback wie Biles, weil sie schlimme Erfahrungen mit sich ein Leben lang herumtragen müssen: Die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt im Sport wurde 2021 mehr thematisiert als je zuvor. In jedem Fall war das ein Fortschritt, es wird immer weniger geschwiegen über das, was hinter verschlossen Türen passieren kann – auch wenn die Strecke für die Opfer immer noch sehr lang ist, wie sich fast täglich an diversen Horrormeldungen über Missbrauch im Sport erkennen lässt.
Vieles war anders im Sportjahr 2021, mit dem Australier Josh Cavallo hat ein aktiver Profifußballer und Nationalspieler seine Homosexualität öffentlich gemacht. Dann gab es die verschobenen Olympischen Spiele, das deutsche EM-Aus der Fußballmänner im Achtelfinale und damit den traurigen Abschied vom verdienten Bundestrainer Joachim Löw. Und nach einer Atempause kamen zum Ende des Jahres erneut die seelenlosen Geisterspiele ins Programm. Zudem gab es Ergebnisse, die wirklich überrascht haben, wie etwa das in der Formel 1: Da schnappte der Niederländer Max Verstappen seinem Widersacher Lewis Hamilton den Titel im letzten Rennen in der letzten Runde weg.
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Von so viel Dramatik sind sie in der Fußball-Bundesliga Lichtjahre entfernt, da werden immer nur die gut bezahlten Jungs vom FC Bayern München Meister – in diesem Jahr zum neunten Mal in Serie. Übrigens haben es die Bayern-Frauen auch geschafft – allerdings „erst“ zum vierten Mal überhaupt. Und sonst: Hauptstadt beim Profimannschaftssport (Männer) ist – Berlin. Hier gab es die nationalen Titel im Basketball, Eishockey und Volleyball. Und noch einen Rekord kann die größte Stadt des Landes beanspruchen: Eisschnellläuferin Claudia Pechstein hat sich in diesem Jahr wieder für die Winterspiele qualifiziert: Sie wird 2022 in China zum achten Mal an den olympischen Start gehen. Als Olympiasiegerin in puncto Durchhaltevermögen.
Was war letztlich die schönste große Geschichte, die der Sport geschrieben hat oder schreiben konnte? Wahrscheinlich haben die meisten von uns sie selbst erlebt. Den persönlichen Rekord beim Dauertraben durch den Park – die Bestzeit beim Lauf, den eine Hobbyläuferin ganz für sich aufgestellt hat oder das erste gewonnene Tennismatch, das dem Sieger wichtiger war als jeder Matchball von Alexander Zverev.
Der Sport ist eben stärker als jede Krise. Wenn er nicht so übertrieben ausgeübt wird wie bei dem Gros der Profis, dann ist er gesund und macht uns ausgeglichener als vieles andere.
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