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Sport: „Das war ein Konto zum Zocken“

Steueraffäre: Bayerns Präsident Uli Hoeneß nennt Details – einen Rücktritt schließt er nicht mehr aus.

Berlin - Bis zum 19. März war die Welt des Uli Hoeneß noch in ihren Fugen. Vor der Durchsuchung seines Hauses sei er davon ausgegangen, dass er keine Strafverfolgung infolge seiner Selbstanzeige zu befürchten habe: „Am 20. März änderte sich dann mein Leben, morgens um sieben. Da läutete es an der Tür in meinem Haus am Tegernsee, ich war im Bademantel, und da stand die Staatsanwaltschaft vor der Tür. Da begann die Hölle für mich“, sagte Hoeneß in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ (Donnerstagausgabe).

In dem Gespräch rekonstruierte Hoeneß die Vorgänge seit Abgabe seiner Selbstanzeige im Januar. Dass seine Selbstanzeige öffentlich wurde, habe ihn vollkommen überrascht: „Es gab bislang Tausende von Selbstanzeigen, ich hatte noch von keiner gehört, die öffentlich wurde.“ Zugleich hat Hoeneß Verbindungen seines Schweizer Kontos zum FC Bayern München ausgeschlossen. „Dieses Konto war ganz allein Uli Hoeneß“, sagte der Bayern-Präsident.

Nach seiner Selbstanzeige ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den 61-Jährigen wegen Steuerhinterziehung. Nun äußert sich Hoeneß das erste Mal zur Affäre. Dabei zeigt sich Hoeneß reumütig und verzweifelt: „Ich habe eine große Torheit begangen, einen Riesenfehler, den ich so gut wie möglich korrigieren will.“

Uli Hoeneß schilderte die vergangenen Tage. „Es ist eine Situation, die kaum auszuhalten ist. Ich schlafe sehr schlecht. Ich wälze mich und wälze mich. Und dann wälze ich mich nochmal. Und denke nach, denke nach und verzweifle.“ Er denke „Tag und Nacht an meinen Fehler und an das, was ich meiner Familie angetan habe. Ich kann diesen Gedanken nicht zulassen“, fügte er hinzu.“ Und weiter: „Ich habe Riesenmist gebaut, aber ich bin kein schlechter Mensch.“ Hoeneß räumte auch ein, mit seiner plötzlichen Rolle als Buhmann ein „großes Problem“ zu haben. „Ich fühlte mich in diesen Tagen auf die andere Seite der Gesellschaft katapultiert, ich gehöre nicht mehr dazu“, sagte er.

Auf die Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich über ihren Sprecher „enttäuscht“ von Hoeneß gezeigt hatte, sagte Hoeneß: „Ich würde mir wünschen, dass ich irgendwann die Gelegenheit bekäme, der Bundeskanzlerin in einem persönlichen Gespräch zu erklären, wie es so weit kommen konnte, der ganze Mist.“

Der Bayern-Präsident schilderte erstmals Hintergründe. Der frühere Adidas-Chef Robert-Louis Dreyfus habe nach dem Platzen der großen Internetblase die Millionen für die Börsenspekulationen bereitgestellt und angeboten, „lass es uns zusammen machen, er würde es finanzieren. So kamen die Millionen auf das Konto, es war immer klar, das war ein Konto zum Zocken, für nichts anderes“, sagte Hoeneß. Er habe damals begonnen, exzessiv an der Börse zu spekulieren: „In den Jahren 2002 bis 2006 habe ich richtig gezockt, ich habe teilweise Tag und Nacht gehandelt, das waren Summen, die für mich heute auch schwer zu begreifen sind, diese Beträge waren schon teilweise extrem. Das war der Kick, das pure Adrenalin“, sagte Hoeneß. Nach dem Platzen der Internetblase am Finanzmarkt habe er schwere Verluste eingefahren und sei „richtig klamm“ gewesen.

Auf die Frage, ob er sich für süchtig halte, antwortete Uli Hoeneß in dem Interview: „Ich halte mich nicht für krank, wenn Sie das meinen. Zumindest heute nicht mehr. Sollte ich vor Gericht müssen, erscheine ich dort nicht als kranker Mann. Ein paar Jahre lang war ich wohl nah dran. Aber inzwischen halte ich mich für kuriert.“

Seine Zukunft als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern ließ Hoeneß offen. „Wenn ich das Gefühl habe, dass meine Person dem Verein schadet, werde ich Konsequenzen ziehen. Andererseits steht der Verein sportlich und wirtschaftlich so gut da wie nie zuvor – und daran habe ich auch einen großen Anteil. Auf keinen Fall werde ich vor dem Finale der Champions League zurücktreten.“ Er rechne auch nicht damit, dass er auf der für kommenden Montag anberaumten Aufsichtsratssitzung gedrängt werden könnte, seine Ämter niederzulegen oder ruhen zu lassen. „Aus heutiger Sicht nein, aber ich kann die Entwicklung der nächsten Tage nicht voraussehen.“ Tsp/dpa

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