Kommentar zur Zukunft der Sportgerichtsbarkeit: Das Todesurteil für den Cas?
Mit einem Urteil in Belgien wird die Instanz Cas infrage gestellt. Es kommt einem Umsturz in der internationalen Sportgerichtsbarkeit gleich. Ein Kommentar.
Der Cas war immer die letzte juristische Instanz im Sport. Athleten hatten keine andere Chance, als den Weg vor den internationalen Sportgerichtshof zu gehen. Wer sich weigerte, gefährdete seine Karriere. Bis jetzt. Denn ein Urteil eines belgischen Gerichts könnte nun das Rechtswesen im Sport komplett verändern. Der Anwalt eines belgischen Fußballdrittligisten hat erwirkt, dass es rechtswidrig ist, Streitigkeiten zwischen Spielern, Vereinen und Verbänden vor dem Internationalen Sportgerichtshof zu regeln. Dass die Instanz Cas infrage gestellt wird, käme einem Umsturz in der internationalen Sportgerichtsbarkeit gleich.
So könnte zum Beispiel auch Claudia Pechstein wieder neue Hoffnung schöpfen. Pechstein kämpft in ihrem Schadenersatz-Prozess gegen die Internationale Eislauf-Union vor Zivilgerichten und hat eine Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht in Aussicht. Die Eisschnellläuferin sagt, sie könne sich nicht vorstellen, dass die Richter am Bundesverfassungsgericht hinter dem Urteil von Belgien zurückbleiben werden. Das würde bedeuten, dass Verbände künftig nicht mehr einzelne Sportler oder Klubs vor den Cas zitieren können. Es heißt auch, dass es die mächtigen Sportverbände von Fußball-Weltverband Fifa bis zum Internationalen Olympische Komitee (IOC) schwerer haben würden, ihre Rechtsvorstellungen durchzusetzen.
Wenn es so käme, wäre es ein Umsturz, der überfällig ist.
Wie ginge es ohne Cas weiter?
Der „Court of Arbitration for Sport“ (kurz Cas) gilt für viele in der Sportszene als nicht unabhängig, weil er von den internationalen Sportverbänden finanziert wird. Sein Präsident John Coates ist Vizepräsident des IOC und Vorsitzender der Koordinationskommission für die Sommerspiele 2020. Zudem gibt es Anschuldigungen, wonach die Auswahl der Richter beim Cas manipuliert wird. Laut der Studie eines schwedischen Sportrechtwissenschaftlers bekommen 17 Personen ungefähr die Hälfte der Aufträge. 17 von 400 Richtern! Diese 17 Personen nehmen demnach enormen Einfluss auf die Cas-Rechtsprechung. Doch wie ginge es ohne Cas weiter? Wer sollte künftig die höchste internationale Sportgerichtsbarkeit sein – und wer bezahlt sie. Wobei das schon ein Widerspruch ist: Denn wer von denen bezahlt wird, über die er urteilen soll, ist nicht unabhängig. Aber das Problem hat nicht nur der Sport.