Krawalle beim Basketball: "Das ist komplett neu - und sehr traurig"
Alba Berlins Geschäftsführer Marco Baldi über die Ausschreitungen der Fans von Galatasaray Istanbul und die Entscheidung, trotzdem zu spielen.
Herr Baldi, haben Sie Szenen wie vor Spielbeginn gegen Galatasaray, als Fans der Gäste den Alba-Block tätlich angriffen, in 25 Jahren Vereinsgeschichte schon einmal erlebt?
Ich würde sogar noch länger zurückgehen: Ich bin jetzt seit 40 Jahren im Basketball – und zumindest in deutschen Hallen habe ich so etwas noch nie gesehen. Manchmal regen sich Leute natürlich auf, haben ihre Emotionen nicht im Griff und werfen irgendwas aufs Feld. Aber was da heute war, das hat im Sport überhaupt nichts verloren. Und im Basketball schon gar nicht. Das ist komplett neu - und sehr traurig.
Was haben Sie gedacht, als es losging?
Da kann man nicht viel denken. Ich bin sofort zu Mitarbeitern von Anschutz, die hier die Sicherheit verantworten. Ich habe gesagt: Was ist los, Leute? Hier ist Bewegung in der Halle. Ich kenne die Geschichte nicht genau, ich habe jetzt schon 16 Versionen gehört, wie es angefangen hat. Eins ist sicher: Wenn Leute in der Halle oder im Stadion sind, um Krawall zu machen, ist es immer ganz schwer, sich dagegen zu wehren. Für mich sah es so aus, als sei eine Gruppe da gewesen, die nicht am Sport interessiert war. Ob es dann einen Auslöser gab, das weiß ich nicht. Man muss da sehr vorsichtig sein. Wir werden uns mit unseren Partnern zusammensetzen und die Sache aufarbeiten.
War es richtig, das Spiel nach den Krawallen durchzuführen?
Wir standen natürlich in Kontakt mit der Euroleague. Die Hierarchie war folgende: Zuallererst musste die Polizei die Sicherheit gewährleisten können. Und die Polizei hat gesagt, wir sollen spielen. Das Zweite war, alles mit den Teams, den Schiedsrichtern und den Euroleague zu sprechen. Drittens wäre das Spiel sofort bei jedem weiteren Zwischenfall sofort abgebrochen worden. Ich denke, dass diese Reihenfolge die richtige war.
Wer ist dafür zuständig, die Polizei einzusetzen?
Wir teilen mit, mit wie vielen Gästefans und mit welcher Situation wir rechnen. Natürlich muss bei vielen Zuschauern eine erhöhte Wachsamkeit da sein, das haben wir auch so mitgeteilt. Die Gefahreneinschätzung, wie es in Anführungszeichen heißt, nimmt dann die Polizei vor. Angesichts der Gewalt wird alles andere jetzt natürlich total und völlig zu Recht sekundär. Da leidet unser Sieg natürlich massiv darunter. Wir spielen eine grandiose Euroleague-Saison – aber das kann man jetzt natürlich nicht ansatzweise in irgendeiner Form genießen.
Fürchten Sie eine Strafe?
Das ist mir jetzt ehrlich gesagt völlig wurscht. Es ist ja nicht das erste Mal, dass Galatasaray mit bestimmten Schwierigkeiten zu tun hat. Natürlich muss eine gewisse Prävention stattfinden. Es ist nicht das erste Spiel, das wir hier ein Spiel austragen. Sondern das 200-xte. Wir haben schon öfter gegen Galatasaray gespielt. Und gegen andere Teams, bei denen man weiß, dass ein gewisses Heißblut und eine gewisse Atmosphäre aufkommen können. Aber wenn es drauf angelegt wird, nicht zum Sport zu gehen, um Sport anzuschauen, sondern wenn es um etwas anderes geht, wird man sich nicht wappnen können.
Aufgezeichnet von Lars Spannagel. Das Gespräch wurde am Donnerstagabend nach Spielende gemeinsam mit anderen Berliner Journalisten geführt.