Eisbären-Geschäftsführer Peter John Lee im Interview: „Das Eishockey trifft es weniger hart als andere Sportarten“
Peter John Lee spricht im Interview über das jähe Saisonende im Eishockey und über die Zukunft der Eisbären.
Peter John Lee, 64, ist seit 1995 bei den Eisbären Berlin. Zunächst spielte er als Stürmer für den Klub aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Später war er als Trainer und Manager tätig. Inzwischen ist der in England geborene Kanadier Geschäftsführer des Berliner Klubs. Kein anderer ist so lange im Führungsstab der Eisbären wie der einstige Weltklassestürmer, der unter anderem für die Pittsburgh Penguins und die Düsseldorfer EG spielte. Die Eisbären haben in dieser Saison die Hauptrunde der DEL als Vierter abgeschlossen und sollten im Viertelfinale der Play-offs gegen Düsseldorf spielen. Doch dann erklärte die Liga die Saison für beendet, einen Meister gibt es damit nicht.
Peter John Lee, wie geht es Ihnen? Was machen Sie nun so den ganzen Tag ohne Play-offs?
Ich bin am Telefon und schon heiser. Wir arbeiten bei uns alle im Homeoffice, das funktioniert.
Das Saisonende im Eishockey kam früher als in anderen Sportarten. Schon zu einem Zeitpunkt, als es im Fußball noch gespielt wurde und über Geisterspiele diskutiert wurde. Wie sehen Sie rückblickend die schnelle Entscheidung der Liga, die Saison nach der Hauptrunde einzustellen?
Ja, das ging schnell und war natürlich die richtige Entscheidung. Die Spieler haben sich sofort in alle Richtungen davon gemacht, das war schon komisch.
Bei Ihrem US-amerikanischen Stürmer Landon Ferraro ging das mit der Abreise besonders schnell, hat sein Vater Ray in einem Interview erzählt.
Um zwei Uhr morgens hat Landon gehört, dass US-Präsident Donald Trump die Grenzen dicht macht. Um 6.30 Uhr saß er bereits im Flugzeug. Er war sehr nervös, all die anderen Jungs waren es auch. Wir hatten noch eine große Besprechung mit der Mannschaft geplant, aber dazu kam es nicht. Innerhalb von 24 Stunden waren alle weg. Aber gut, das haben wir nun alles per Telefon geregelt.
Wie planen Sie denn nun bei den Eisbären? Einige Verträge laufen ja aus. Die Spieler hatten ja nicht mehr die Chance, sich in den Play-offs zu profilieren und vielleicht für einen neuen Vertrag zu empfehlen?
Sind wir mal ehrlich, das Eishockey und speziell uns in der Deutschen Eishockey-Liga hat es nicht so hart getroffen wie die anderen Sportarten. Wir haben die Saison doch quasi zu Ende gespielt, aber allesamt die Play-offs verpasst. Die Play-offs sind Bonus, die sollte man im Etat nicht mit einplanen, auch nicht im Hinterkopf.
Die Kölner Haie haben also alles richtig gemacht: Keine Play-offs erreicht, aber am meisten Zuschauer gehabt und keine Prämien an die Spieler gezahlt.
Ja genau. Das haben die wohl kaum erwartet, vor ein paar Wochen. Aber ganz im Ernst, ein finanzieller Verlust ist natürlich trotzdem da. Die Arenen sind leer, wo sie sonst in den Play-offs jetzt voll wären. Das trifft nicht nur die Würstchenverkäuferin in Augsburg, sondern das Eishockey. In den Play-offs bekommen wir viel mehr Aufmerksamkeit als sonst, da entsteht uns jetzt schon ein großer Schaden. Aber Handball und zum Beispiel Basketball trifft es womöglich härter, weil sie in ihrer Saison nicht so weit waren wie wir. Wir haben uns sogar für die Champions League qualifiziert, übrigens ist die Champions League in dieser Saison auch zu Ende gespielt worden, Frölunda Göteborg hat sie gewonnen.
„Wir sind alle gesund, das ist das Wichtigste“
Darüber freuen sie sich in Schweden aber auch nicht mehr so sehr zur Zeit. Und die Vorfreude auf die Champions League dürfte doch bei den Eisbären getrübt sein, es ist kaum davon auszugehen, dass da wie geplant ab August gespielt wird.
Nein, leider nicht. Aber wir planen trotzdem. Mit Mathias Niederberger haben wir einen sehr starken Torwart geholt. Die beiden anderen Torhüter Justin Pogge und Sebastian Dahm mussten daher gehen, sie wollten beide die Nummer eins sein, aber das geht nicht mehr. Wir werden Mathias einen jungen Torwart zur Seite stellen, aber da ist noch nichts entschieden.
17 Spieler bleiben, haben Sie schon verlautbart. Von einem altgedienten Profi wie André Rankel haben Sie sich getrennt. Was ist eigentlich mit Florian Busch, wie Rankel einer der letzten Spieler aus dem 1985-Jahrgang, der ja als besonders stark galt?
Sein Vertrag läuft aus, aber er ist momentan krankgeschrieben. Da müssen wir sehen, was da passiert. Da kann ich noch nichts sagen.
Lukas Reichel, ihr großes Talent, wird im Draft der NHL sicher eine gute Rolle spielen, sehen wir ihn noch einmal in Berlin?
Lukas wird hoffentlich noch ein Jahr für uns spielen. Es ist für seine Entwicklung besser, wenn er mit Männern spielt und nicht in irgendeiner Juniorenliga ein Jahr lang geparkt wird. Vier Klubs aus der NHL sind an ihm dran, das ist mein Gefühl. Es ist viel davon abhängig, wer ihn dann nehmen will. Aber ob mit oder ohne Lukas - wir sind ja insgesamt gut aufgestellt, da werden wir nicht so viel ändern müssen. Absolut keine Frage, die Chemie in der Mannschaft war gut. Wir hätten eine Chance auf den Titel gehabt in dieser Saison gehabt, aber gut. Es ging halt nicht und natürlich gibt es momentan andere Dinge, die interessieren. Wir sind alle gesund, das ist wichtig.
Im deutschen Fußball halten sie sich noch an Daten fest, die Bundesliga setzt bis jetzt erst einmal bis April aus. Im Eishockey ist da nichts geplant terminlich, oder?
Die letzte Absage, die noch fehlte, war die der Weltmeisterschaft. Das ist jetzt auch passiert. Jetzt ist die Eishockeysaison vorbei. Obwohl ich immer noch glaube, die NHL wird irgendeinen Weg finden, doch noch irgendwann zu spielen. Wir wollen Ende Juli mit dem Mannschaftstraining anfangen, so planen wir momentan. Aber Training ist eine Sache, Spiele sind eine andere.
Wie groß ist der Schaden für die DEL. Werden alle Klubs die Coronavirus-Krise überleben?
Das tut allen weh. Theoretisch hat ein Klub, der die Play-offs verpasst keinen Schaden. Aber praktisch sind vor allem kleine Klubs von vielen Sponsoren abhängig. Und was da passiert, weiß keiner. Wir planen erst einmal die nächste Saison und hoffen das Beste. Was die Eisbären betrifft, machen wir uns keine Sorgen.