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Immer mit der Ruhe. Carlo Ancelotti erwartet von seinem Team in der Champions League die gleiche Mentalität wie zuletzt gegen Ingolstadt.
© Michael Dalder/Reuters

FC Bayern München: Carlo Ancelotti? Unterhaltungswert null!

Wenn Carlo Ancelotti brennt, kann er es gut verbergen: Unter dem neuem Trainer hat Bayern München Dominanz und Ausstrahlung eingebüßt.

Wenn es nicht gut läuft, schlägt die Stunde der Besserwisser. Was ist los mit dem FC Bayern, warum schießt Thomas Müller keine Tore mehr, warum tun sich die Stars aus München auch gegen mittelmäßige Mannschaften wie Ingolstadt so schwer, warum ist die jahrelang zelebrierte Dominanz plötzlich weg? Für den früheren Nationalspieler Bernd Schuster steht fest: Carlo Ancelotti ist schuld. Vor dem Champions-League-Spiel der Bayern gegen Arsenal am Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF und Sky) analysiert Schuster in der „Bild“: Unter Ancelotti dürfe jeder Spieler sein eigenes Ding machen. Davon profitierten Eins-gegen-Eins-Spezialisten wie Ribéry, Robben und Costa – aber als Mannschaft funktioniere der FC Bayern nicht mehr so gut wie früher.

Kann sein, dass da etwas dran ist. So tadellos der Ruf von Carlo Ancelotti im internationalen Fußball ist, so wenig glücklich lässt sich sein Wirken beim FC Bayern an. Das liegt nicht nur daran, dass selbst eingefleischte Ancelotti-Fans bis jetzt nicht so richtig verstehen, was der Italiener eigentlich will und bis jetzt keine richtige Idee erkennbar wird, in welche Richtung er seine Mannschaft formen will. Dass im Moment nicht einmal in München so richtige Begeisterung über den FC Bayern aufkommen will, liegt auch an der Person des Trainers.

Dieser Verein will und muss immer glänzen, und das nicht nur auf dem Platz. Deshalb braucht er glanzvolle Leitfiguren. Der dröge Karl-Heinz Rummenigge scheidet dafür aus, der aufbrausende Uli Hoeneß bietet keine Überraschungen mehr. Immer schon zählte es zu den inoffiziellen Hauptaufgaben des Cheftrainers, für Gesprächsstoff in den Kantinen und auf den Schulhöfen zu sorgen. Was waren das für Zeiten unter Guardiola! Jeden Tag eine Schlagzeile in den Lokalblättern, sein Temperament, sein witziges Deutsch in den Pressekonferenzen, sein fanatisches Gestikulieren am Spielfeldrand, und vor allem: seine geniale Idee vom schönen Spiel, das Mannschaft und Fans von Woche zu Woche immer besser begriffen.

Womöglich gewinnen die Bayern, weil Arsenal noch schwächer ist

Und Carlo Ancelotti? Unterhaltungswert null. Flasche leer, würde Giovanni Trapattoni sagen, auch so einer, dem die Herzen der Münchner zugeflogen sind, weil er brannte für den FC Bayern. Wenn Ancelotti brennt, kann er es gut verbergen. Eigentlich nimmt man ihn kaum wahr. Sicher, der Mann steht für Erfolg, aber es ist ein kalter Erfolg. Seine Mannschaft liegt in der Bundesliga sieben Punkte vor RB Leipzig, niemand zweifelt daran, dass sie wieder Deutscher Meister wird. Aber es freut sich auch niemand darüber. Was fehlt, ist die Leidenschaft.

Das gilt auch für das Achtelfinale gegen den FC Arsenal. „Wir müssen die gleiche Einstellung, die gleiche Mentalität, den gleichen Charakter und die gleiche Persönlichkeit wie gegen Ingolstadt zeigen“, sagte Ancelotti vor dem Spiel am Mittwoch. Gut möglich, dass die Bayern weiterkommen, denn auch bei den Briten läuft es nicht besonders; gegen Chelsea haben sie eine unterirdische Leistung gezeigt. Aber was ist das für eine Vorfreude? Die Bayern gewinnen womöglich, weil Arsenal noch schwächer ist? Das kennt man in München anders. Übrigens schreiben die Zeitungen in London: Wenn Arsenal eine Chance hat, dann gegen diesen FC Bayern.

Wenigstens gibt es ein paar Personalien, die bei den Bayern gerade im Gespräch sind. Schließlich braucht der Verein nicht nur einen neuen Rechtsverteidiger (Neuverpflichtung Sebstian Rudy aus Hoffenheim kann die Lücke, die Lahm hinterlässt, langfristig nicht füllen), sondern auch einen neuen Sportdirektor. Max Eberl von Borussia Mönchengladbach ist als Nachfolger von Matthias Sammer im Gespräch. Dass die Fans darüber leidenschaftlicher diskutieren als über die Champions League, ist vielleicht das aktuelle Hauptproblem des FC Bayern.

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