So folgsam wie Schafe: Bundesligaspieler haben in der Coronakrise kein Mitspracherecht
Das Coronavirus birgt große Risiken für Profifußballer. Diese sind aber kaum in der Lage, ihre Stimme zu erheben – von der Liga ist das gewollt. Ein Kommentar.
Der Fußballprofi wird besonders in diesen Coronavirus-Zeiten gemeinhin nicht bemitleidet. Im Gegenteil: Viele assoziieren mit ihm Proletentum, Kleingeistigkeit, Rücksichtslosigkeit und Leichtsinn. Sinnbildlich für letztere beide Eigenschaften stand jüngst der ehemalige Berliner Stürmer und Hobbyfilmer Salomon Kalou, dessen Live-Doku eindrücklich bewies, wie sehr Corona einem Fußballprofi egal sein kann.
Dabei geriet etwas aus dem Blick, dass die besten Fußballspieler dieses Landes plötzlich Leidensträger sind. Sie sollen in knapp einer Woche wieder auf dem Spielfeld gegeneinander antreten, obwohl sie – erstens – weder richtig dafür trainiert sind und – zweitens – völlig ungewiss ist, welchen gesundheitlichen Risiken sie ausgesetzt sind.
Kein Mensch und auch kein Virologe kann sagen, welche Infektionsgefahr auf dem Platz besteht. Es fehlen empirische Daten über die Verbreitung von Covid-19 im Fußball. Ziemlich wahrscheinlich ist aber, dass es im Profifußball Menschen geben wird, die unentdeckte Immundefekte haben. Und recht unbestritten ist ebenso der Einwand vieler Virologen, dass derjenige, der kontaminierte Luft bei sportlicher Anstrengung tief in die Lungen einatmet, das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs erhöht.
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Dass nun Unions Abwehrspieler Neven Subotic im „Deutschlandfunk“ das fehlende Mitspracherecht der Spieler in der Wiederaufnahme des Spielbetriebs kritisiert, ist nicht nur schwer verständlich. Vielmehr wirft es die Frage auf, wie es sein kann, dass es in Deutschland keine halbwegs mächtige Spielervertretung wie etwa in England oder Italien gibt. Während dort um Lösungen gestritten und debattiert wird, folgt das Gros der Bundesligaspieler den Maßgaben der Deutschen Fußball-Liga (DFL) wie die Schafe dem Hirten.
Eine Antwort dürfte sein, dass die Organisatoren des milliardenschweren Bundesligabetriebs sehr gut damit leben können, wenn sie die wirtschaftlich vielversprechendsten Mechanismen des Spiels relativ störungsfrei bestimmen. Den mündigen Profi, von dem immer wieder mal gesprochen wird, gibt es nur in Ausnahmefällen.
Zur Sozialisation eines Bundesligaprofis gehört immer noch die Zurückhaltung, wenn es um Themen geht, die sich nicht direkt innerhalb des Spielfeldes abspielen. So ist es kein Wunder, dass der Profifußballer hierzulande eher mit Salomon Kalou als mit Neven Subotic in Verbindung gebracht wird. Es ist höchste Zeit, dass sich das ändert