Nach Pokal-Pleite gegen den VfB Friedrichshafen: BR Volleys: Auf der Suche nach der Ruhe
Wenn sich die BR Volleys nicht verbessern, können sie noch mehr verlieren als den Pokaltitel. Manager Niroomand erhöht den Druck auf das Team.
Felix Fischer hatte eine ungünstige Position. Als der Mittelblocker der BR Volleys am Sonntagabend in der Mixed-Zone der Mannheimer Arena seine Interviews gab, konnte er direkt in die Kabine des VfB Friedrichshafen gucken, denn die breite Tür war weit offen. Dort tanzten die Spieler mit freiem Oberkörper und Bierflaschen in der Hand, sie reichten die Pokaltrophäe herum und grölten freudetrunken. Fischer mochte gar nicht hinsehen – und so blickte der Berliner auf den Boden.
Natürlich wäre er lieber derjenige gewesen, der in der Kabine mit seinen Teamkollegen feiert. So wie vor einem Jahr. Doch die Volleys konnten den Pokaltitel nicht verteidigen. Sie verloren knapp mit 1:3 gegen den Rivalen vom Bodensee. Fischer wollte sich dann auch gar nicht mehr zu lange mit dem misslungenen Finale beschäftigen. „Jetzt müssen wir uns Gedanken machen, wie wir das ändern können“, sagte der 33-Jährige und meinte damit die Tatsache, dass die Berliner in dieser Saison bisher alle drei Spiele gegen Friedrichshafen verloren haben: im Supercup, in der Liga und nun im Pokal. Fischer konnte sich erst recht nicht damit trösten, dass den Volleys nun in der dritten Partie immerhin der erste Satzgewinn gegen den Bundesliga-Tabellenführer gelungen war. „Wir müssen unsere Fehler suchen, müssen sie offen diskutieren und dann abstellen“, sagte er. „Sonst werden wir auch die Meisterschaft verlieren.“
Die Berliner haben wirklich einiges zu verlieren in dieser Saison. Hinter ihnen liegt ein grandioses Jahr 2016. Sie holten das Triple aus Meisterschaft, Pokal und Europapokal. Niemand konnte sie aufhalten. Doch nun stellt sich diese unangenehme Friedrichshafener Mannschaft des ehemaligen Bundestrainers Vital Heynen bisher immer in den Weg. „Sie spielen eigentlich ein ganz simples Spiel“, sagt Kaweh Niroomand. „Die beiden Außenangreifer sind fast wie weitere Liberos und so stimmt ihre Annahme. Sie sind vor allem in den Grundelementen stabiler als wir, sie funktionieren als Team besser“, sagt der Manager der Volleys.
Der 64-Jährige begann mit der von Fischer geforderten Fehleranalyse bereits kurz nach dem verlorenen Pokalendspiel. „Wir schaffen es in Aufschlag und Annahme einfach nicht, die Ruhe zu behalten, wenn wir unter Druck geraten“, sagt Niroomand. „Wir wurden immer unsicherer. Dabei müssen wir unsere Waffen gegen deren System setzen.“ Individuell sind die Berliner besser besetzt als Friedrichshafen, außerdem haben sie die deutlich erfahreneren Spieler. Doch gegen den cleveren Belgier Heynen und sein junges Team gelingt es den Volleys bisher nicht, ihre Stärken gewinnbringend einzusetzen. „Wir müssen die schlagen“, sagt Niroomand. „Darum gebe ich mich auch nicht damit zufrieden, dass das Spiel so eng war.“
„Wir sind jetzt mental angeschlagen“
Niroomand hatte große Erwartungen in das Pokalfinale gesetzt. Nachdem die Berliner in der Bundesliga nicht nur gegen Friedrichshafen, sondern auch in Lüneburg verloren hatten, in ihren Leistungen zuletzt also etwas mehr schwankten als in der Vorsaison, hoffte er mit einem erfolgreichen Endspiel auf einen zusätzlichen Schub in der Mannschaft. „Das hätte uns Sicherheit gegeben“, sagt er. Stattdessen gilt für das Team nun die Gemütslage, die Zuspieler Sebastian Kühner beschreibt: „Wir sind jetzt mental angeschlagen.“
Auch Trainer Roberto Serniotti setzt die Niederlage sehr zu. Der enttäuschte Italiener gab offen zu: „Ich habe auch Fehler gemacht.“ Es gelte nun, daraus für die zweite Saisonhälfte zu lernen, sagte er. Und dieser Prozess sollte am besten schnell abgeschlossen sein. Denn bereits in den nächsten sechs Tagen stehen enorm wichtige Spiele für seine Mannschaft an. „Es wird eine schwere Woche“, sagte Serniotti. „Aber das ist gut. Nur mit harten Spielen ist es möglich, die Pokalniederlage zu überwinden.“
Am Donnerstag empfangen die Berliner in ihrem vierten Champions-League- Vorrundenspiel Dukla Liberec. Mit einem Sieg gegen den Tschechischen Meister können die Volleys schon die K.-o.- Runde erreichen, was in der starken Gruppe ein echter Erfolg wäre. Und am Sonntag spielt Serniottis Team bei den United Volleys Rhein-Main. Die Partie gegen den Tabellenzweiten der Bundesliga ist für den aktuellen Dritten umso bedeutsamer, weil die Berliner bei einer Niederlage eine gute Ausgangsposition in den Play-offs wohl verspielen würden. Das wollen die Volleys verhindern.
„Ich hoffe, wir können das Finale schnell vergessen“, sagte Paul Carroll. „Und ich bin froh, dass wir noch eine Chance gegen Friedrichshafen haben – in den Play-offs um die Meisterschaft.“ Und der australische Diagonalangreifer war dann auch einer der ersten Berliner Spieler, der sich zuversichtlich zeigte, den großen Rivalen in dieser Saison noch bezwingen zu können: „In Friedrichshafen gewinne ich am liebsten – und wir haben da noch nicht gespielt.“