zum Hauptinhalt
Erfolg mit deutscher Note. Real wurde 1998 von Jupp Heynckes trainiert, im Tor stand Bodo Illgner.
© picture alliance / dpa

Champions-League-Finale Real gegen Juventus: Bodo Illgner über 1998: Ich spürte, wir konnten nicht verlieren

Das Duell Real Madrid gegen Juventus Turin hat eine Vorgeschichte. Schon 1998 standen sich beide im Finale der Champions League gegenüber. Torhüter Bodo Illgner erinnert sich.

Amsterdam, Finale der Champions League, das war eines der prägendsten Spiele meiner Karriere und eines, das ich nie vergessen werde. Wenn ich heute durch Madrid gehe, werde ich überall auf unseren Sieg angesprochen. „Estas el portero de la septima“, sagen die Leute dann. Für sie bin ich immer der Torwart des siebten Europapokaltitels.

Inzwischen hat Real Madrid elf mal den wichtigsten Pokal im europäischen Vereinsfußball gewonnen und vielleicht gelingt in Cardiff gegen Juventus Turin sogar der zwölfte Titel. Aber der siebte ist für die Madridistas, die Fans, ein ganz besonderer. Ähnlich vielleicht noch wie der zehnte. Warum? Weil zwischen dem sechsten und dem siebten 32 Jahre lagen. Eine kaum vorstellbar lange Zeit. Der Sechste stammte noch aus der Schwarz-Weiß-Ära und mit all den Jahren, all den schmerzlichen Niederlagen und dem dramatischen Scheitern wurde der siebte Titel zu einer Obsession für Real. Das bekam ich vom ersten Moment an zu spüren.

Kaum hatte ich unterschrieben, sagten sie zu mir: „Ihr müsst die Champions League gewinnen. Du musst sie uns mit deinen Paraden sichern.“ Das sagten sie im Verein und auf der Straße. Immer wenn jemand mit mir über Fußball redete, ging es bald darum. Anfangs musste ich mich darüber sehr wundern, beinahe befremdlich war das. Ich war da wohl doch etwas nüchterner, etwas deutscher und sah die Dinge realistischer.

Als ich 1996 ankam, steckte der Klub in einer Krise. Real hatte durch einen sechsten Platz in der Liga die Teilnahme an allen Europapokal-Wettbewerben verpasst, was gefühlt einem Abstieg gleich kam. Die Stimmung war also ziemlich negativ. Dass wir 1997 dann gleich in meinem ersten Jahr Meister wurden, war nur unsere Pflicht und nicht mehr als Wiedergutmachung. Aber wir durften ja nur an den Wochenenden in der Liga ran und nicht unter der Woche, wenn international gespielt wurde. Umso heißer waren wir, als wir dann endlich wieder in der Champions League dabei waren.

Sicherer Pokalhalter. Bodo Illgner feiert seinen größten Erfolg im Vereinsfußball.
Sicherer Pokalhalter. Bodo Illgner feiert seinen größten Erfolg im Vereinsfußball.
© dpa

Das weniger Schöne war, dass es in meinem zweiten Jahr sehr wechselhaft lief. In der Liga spielten wir schlecht, nur in der Champions League rissen wir uns zusammen. Ich glaube der Grund war folgender: Wir hatten zu Saisonbeginn einen neuen Trainer bekommen, Jupp Heynckes. Aber der konnte nichts für die Misere. Sein Vorgänger Fabio Capello hatte zuvor alles aus der Mannschaft herausgepresst, einige Spieler waren nach so einem intensiven Jahr müde, und die Anspannung war nicht mehr dieselbe. Nur unter der Woche, wenn die Gegner international waren, konnten wir uns auf den Punkt konzentrieren. Es ging ja um La Septima.

Gegen Juve waren wir nur Außenseiter

Gegen Juventus waren wir nur Außenseiter. Für die Italiener war es die dritte Finalteilnahme hintereinander. In ihrem Team standen Alessandro del Piero und Zinedine Zidane, die damals vielleicht besten Fußballer der Welt. Wir aber hatten ein gemeinsames Ziel. Nie werde ich die Rede von Chendo vor dem Spiel vergessen. Er war damals schon 37, es sollte das letzte Spiel seiner Karriere sein.

In den Achtzigern gehörte er jener legendären Real-Mannschaft an, die in Spanien „La quinta del buitre“ genannt wird. Gemeint ist die Truppe um Emilio Butragueño, die den herrlichsten Offensivfußball zeigte, aber im entscheidenden Moment immer scheiterte. Chendo sprach von den Mühen, den Tränen und all den vergeblichen Versuchen, diesen Pokal zu gewinnen. Er sagte, dass so eine Chance für viele Fußballer vielleicht nur einmal in ihrer Karriere kommt und wir sie anders als er nutzen sollten. Selbst die älteren wie Fernando Hierro oder Manolo Sanchis hatten Tränen in den Augen und da spürte ich, dass wir dieses Spiel nicht verlieren konnten. Es sollte unser Abend, unsere Nacht werden.

Juve legte los wie wild, Angriff um Angriff rollte auf mein Tor. Aber da gab es diesen einen Moment. Plötzlich tauchte Edgar Davids vor mir auf, eins gegen eins, eine hundertprozentige Torchance. Ich parierte, und plötzlich ging ein Ruck durch unsere Mannschaft. Nun glaubten auch die anderen, dass wir gar nicht verlieren können. Kurz darauf gingen wir in Führung und brachten das 1:0 souverän über die Zeit.

Auch wenn es sich gegen eine italienische Mannschaft komisch anhört: Ich glaube, dass der Schlüssel für unseren Sieg in der Verteidigung lag. Wir waren defensiv spielerisch einfach deutlich besser. Sie verteidigten, indem sie die Bälle nur raus schlugen, wir verteidigten, indem wir das Spiel aufbauten. Den Pokal dann in die Luft zu heben hatte etwas Magisches. Auch weil ich in diesem Moment wusste, für immer Teil der Geschichte dieses großen Klubs zu sein. (Aufgezeichnet von Sebastian Stier.)

Zur Startseite