Amateurfußball in Berlin: Blau-Weiß 90 gegen Tennis Borussia: Duell nach 32 Jahren
Als Blau-Weiß 90 und Tennis Borussia zuletzt gegeneinander um Punkte spielten, war Berlin noch geteilt. Nun treffen sie in der Oberliga aufeinander.
Zum Abschied gibt es Blumen. Lila-weiße Blumen. Überreicht von den Spielern von Tennis Borussia an jene von Blau-Weiß 90. TeBe hat das Zweitliga-Derby am letzten Spieltag im Olympiastadion vor 22 000 Fans 2:1 gewonnen. Wichtig ist das nicht mehr. Schon vorher war klar, dass beide die Liga verlassen: TeBe nach unten, Blau-Weiß nach oben. „Bayern, wir kommen“, rufen die Fans. Weil auch Hertha BSC in die Oberliga muss, sind die Mariendorfer im Mai 1986 die klare Nummer eins im Westen des geteilten Berlins.
32 Jahre lang haben sich TeBe und Blau-Weiß nicht mehr in einem Ligaspiel getroffen. Bis Sonntag 14.30 Uhr, Rathausstraße, erster Spieltag der Oberliga Nordost. Um die 1000 Zuschauer werden wohl kommen, wenn zwei Berliner Fußball-Institutionen auflaufen. TeBe, in den 70ern zwei Saisons Bundesligist, will unbedingt aufsteigen. Blau-Weiß spielt so hoch wie seit 26 Jahren nicht, gilt aber vielen trotzdem als Mitfavorit in der Liga.
Wenig Aufs und viele Abs, so lässt sich die Entwicklung der Klubs seit dem letzten Treffen zusammenfassen. Blau-Weiß war nur ein Jahr in der Bundesliga, 1992 folgten Konkurs und Neugründung als SV Blau Weiss in der Kreisliga C. Schnell ging es zurück in die Landesliga, doch da war für zwei Jahrzehnte Ende der Ausbaustrecke nach oben. 2015 dann die Rückbenennung in Blau-Weiß 90, einhergehend mit guten finanziellen Möglichkeiten und einem sportlichen Aufschwung. TeBe kratzte Ende der 90er Jahre noch einmal an der Bundesliga, taumelte dann 2011 erstmals in die Sechstklassigkeit. Begleitet von heftigen Geldproblemen.
Haben Sie Lust, jemanden kennenzulernen, der Fragen ganz anders beantwortet als Sie? Dann machen Sie mit bei "Deutschland spricht”. Mehr Infos zu der Aktion auch hier:
Für das heutige Spiel hat sich Blau-Weiß etwas Besonderes ausgedacht: Mehr als ein Dutzend ehemaliger Profis kommen. Karl-Heinz Riedle, der in der Erstligasaison zehn Tore schoss und vier Jahre später Weltmeister wurde, schafft es nicht. Stanislav Levy schon. Wenn auch nur zum Ehemaligentreffen am Abend vor dem Spiel. Sonntag muss er früh zurück. Der 60-Jährige ist Sportdirektor beim tschechischen Erstligisten 1. FC Slovacko, der abends bei Sparta Prag spielt. „Es ist wirklich schon 30 Jahre her, dass ich zu Blau-Weiß 90 gekommen bin. Unglaublich“, sagt Levy, der weiterhin regelmäßig Berlin besucht. Der heutige Präsident Michael Meister war damals Amateurtrainer im Verein und erinnert sich an die erste Begegnung. „Hallo, ich bin Stanislav Levy aus Prag“, habe Levy, der schon viele Europacup- und Länderspiele in seiner Vita stehen hatte, zurückhaltend gesagt.
Die TeBe-Fans warben mit dem Slogan „Mehr West-Berlin geht nicht“
Mächtiger Bart, die Haare hinten lang, das waren Levys Markenzeichen. Erst war er vier Jahre bei Blau-Weiß und absolvierte 134 Zweitligaspiele. Bis zur Pleite. „Das war eine traurige Entwicklung“, sagt er . Levy war 34, aber in Abwehr und Mittelfeld immer noch ein Spieler von hohem Format. Er ging zu Tennis Borussia, wo die Ziele ehrgeizig waren. Mehr als eine katastrophale Zweitligasaison kam nicht heraus. Große Titel holte er in den sieben Berliner Jahren nicht, war aber immer Publikumsliebling. Levy sucht nach einer Erklärung: „Vielleicht, weil ich immer alles gegeben habe und ein sehr gutes Verhältnis zu den Fans hatte.“
Denis Roters wird deutlicher: „Stanislav Levy ist ein Ehrenmann. Auf und neben dem Platz. Ein guter Typ einfach.“ Als Blau-Weiß in die Bundesliga aufstieg, war Roters zehn. Beim letzten Spiel – das mit den lila-weißen Blumen – nahm er erstmals TeBe wahr. Vor allem die Fans. Sie waren wenige, aber trotz des feststehenden Abstiegs gut zu vernehmen. Roters blickt zurück: „Das hat mir imponiert.“ Blau-Weiß blieb sein Verein, auch beim Neustart in der Kreisliga C war er dabei. Doch die Prioritäten verschoben sich Richtung Eichkamp. Ein wichtiger Grund war Levys Wechsel.
Roters hat in mehreren Saisons alle TeBe-Spiele gesehen, war auch Pressesprecher. Er erinnert sich gut an die Zeit der Göttinger Gruppe, als die Zukunftspläne nicht groß genug sein konnten. Zu der Zeit war Levy kurz Trainer. Im März 1999 lag das Team in Schlagdistanz zu den Aufstiegsrängen – gewann nach 0:2 noch 3:2 beim KFC Uerdingen. Trotzdem war der Rausschmiss des Trainers beschlossene Sache. Levy, der später nach Tschechien zurückging und auch in Albanien und Polen trainierte, kam zu den mitgereisten Fans und umarmte jeden. „Ich habe selten emotionalere Szenen gesehen“, sagt Roters.
2012 traf man sich im Pokal. Der SV Blau Weiss verlor 1:7. Die TeBe-Fans warben vorher mit dem Slogan „Mehr West-Berlin geht nicht“. Da hatten beide bessere Zeiten erlebt. Und danach viel schlechtere als jetzt. Er hätte nicht gedacht, dass Blau-Weiß wieder in die Oberliga kommt, sagt Roters. Levy sagt: „Es wäre toll, wenn es beide mal in die Dritte Liga schaffen. Aber das ist weit weg.“ Nah ist das Oberligaspiel. Wer gewinnt? Levy lacht, gewinnt Zeit für die Antwort: „Hoffentlich der, der den schöneren Fußball spielt.“
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität