Hockey: BHC: Im Mangel erfolgreich
Auch wenn die Finanzen ein Dauerproblem sind: "Es macht uns extrem stolz, dass bei uns keiner einen Pfennig bekommt", sagt Präsident Stiebitz. Denn der Berliner Hockey-Club ist dennoch zuverlässig erfolgreich.
Auch abseits der großen Profiligen gibt es jede Menge Vereine, die sich um den Sport in Berlin verdient gemacht haben. In unserer Serie stellen wir einige von ihnen vor. Dass Berlin auf junge Leute einen gewissen Reiz ausübt, ist keine allzu neue Erkenntnis. Beim Berliner Hockey-Club machen sie diese Erfahrung auch immer wieder. Gelegentlich melden sich Spitzenspieler aus dem Ausland, um ihr Interesse an einem Engagement beim BHC zu bekunden. Die Antwort auf die Frage, was der Klub denn so zahle, lässt das Interesse dann aber in vielen Fällen wieder deutlich erkalten: „Du brauchst keinen Beitrag zu bezahlen, und wir helfen dir bei der Wohnungssuche.“ Mehr kann der BHC nicht bieten, zumindest nicht finanziell.
Michael Stiebitz, der Präsident des Vereins, findet das ziemlich gut so: „Es macht uns extrem stolz, dass bei uns keiner einen Pfennig bekommt.“ Lupenreine Amateure sind die Hockeyspieler des BHC, und das sollen sie auch bleiben: „Wir werden unsere Prinzipien niemals ändern.“ Auch wenn die Konkurrenz in den vergangenen Jahren spürbar aufgerüstet hat. In einigen Vereinen, bei Rot-Weiß Köln, dem Mannheimer HC, dem Hamburger Club an der Alster sowie dessen Lokalrivalen Uhlenhorst, in Mülheim oder Krefeld, wird inzwischen zumindest semiprofessionell gearbeitet – und bezahlt. Michael Stiebitz, 56, hält das für eine gefährliche Entwicklung, weil in Deutschland niemand vom Hockeyspielen leben kann.
Der BHC bekennt sich nicht nur zu seinem Anderssein, er pflegt es auch – und vor allem ist er damit erfolgreich. Mit 66 deutschen Meisterschaften bei den Männern, den Frauen und in der Jugend ist der BHC der erfolgreichste Ballsportverein Berlins. „Der Verein lebt vom Herzblut, der Leidenschaft und dem Engagement seiner Mitglieder“, sagt Stiebitz, der früher selbst für den BHC in der Bundesliga gespielt hat. „Bei uns wird der Klub noch gelebt, da wird auch gefeiert, und zwar richtig.“ Im Grunde ist Stiebitz nur deshalb im März 2008 überhaupt Präsident des Vereins geworden. Nach einem Spiel des BHC war er mit seiner Frau noch im Klubhaus gelandet. Klubhaus? Stiebitz fühlte sich eher an eine Ruine erinnert. Der Tresen war herausgebrochen, eine Wand eingerissen, und trotz allem war der alte Zusammenhalt, den Stiebitz von früher kannte, noch zu spüren. Nach und nach trudelten die Jugendmannschaften ein, die allesamt an diesem Tag Berliner Meister geworden waren. Man kam ins Gespräch, spann ein bisschen herum, wie man den finanziell angeschlagenen Klub wieder auf die Beine bringen könne. Und ein paar Tage später sah sich Stiebitz mit der Idee konfrontiert, für das Amt des Präsidenten zu kandidieren. „Du bist verrückt“, sagte seine Frau, „aber du kannst jetzt nicht nein sagen.“
Seitdem muss sich Stiebitz mit den Problemen eines Vereins herumschlagen, der kaum Aufmerksamkeit erfährt. Sponsoren gibt es so gut wie keine, Stiebitz selbst ist mit seinem Merchandising-Unternehmen Max 2001 einer von zwei größeren. Dabei ist der Unterhalt von zwei Bundesliga-Teams durchaus kostspielig. Rund 200 000 Euro fallen dafür pro Jahr an. Für alles außer der Reihe fehlt da oft das Geld. Die Männer, Meister auf dem Feld, spielen im März um den Einzug ins Final-Four des Europapokals. Ursprünglich wollten sie ein Trainingslager in Barcelona beziehen. Doch das war nicht zu finanzieren.
Der Mangel ist ein ständiger Begleiter. „Die Trainingsmöglichkeiten in Berlin sind eine Katastrophe“, sagt Stiebitz. Die städtische Anlage in Zehlendorf mit zwei Kunstrasenplätzen muss sich der BHC mit Hertha Zehlendorf, Zehlendorf 88, den Wespen und diversen Schulen aus dem Bezirk teilen. „In der Halle ist es noch viel schlimmer“, sagt Stiebitz. In manchen Altersklassen trainieren die Kinder gerade mal eine Stunde pro Woche.
Man muss schon ein bisschen positiv verrückt sein – und sich an kleinen Dingen erfreuen. Die Zahl der Mitglieder ist in Stiebitz’ Amtszeit von 900 auf 1100 gestiegen. In den nächsten drei Jahren wird der Klub die Hallen-Endrunde in der Schmeling-Halle organisieren. „Die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit ist ein wichtiger Punkt“, sagt der BHC-Präsident. „Wir haben ein paar gute Schritte gemacht, aber es ist schwer, dauerhaft eine mediale Präsenz hinzubekommen.“ Punktuell gelingt das durchaus. Als der BHC im Juni das Final-Four um die Feldhockey-Meisterschaft ausrichtete, waren an den beiden Tagen fast 6000 Zuschauer auf der Anlage. „Das war richtig gigantisch“, sagt Stiebitz. „Da merkt man, dass eine ganze Menge möglich ist.“
Stefan Hermanns