zum Hauptinhalt
Ist die große Bühne bald weg? Diskus-Olympiasieger Christoph Harting und Sprinterin Lisa Mayer werben für die Berliner Leichtathletikveranstaltung Istaf. Deren Veranstalter befürchten, das Olympiastadion als Austragungsstätte zu verlieren.
© dpa

Umbaupläne für das Olympiastadion: Berliner Leichtathleten wollen Volksbegehren vorantreiben

Der Berliner Senat erwägt den Umbau des Olympiastadions. Nun wollen die Leichtathleten ein Volksbegehren auf den Weg bringen, wie BLV-Präsident Janetzky erzählt.

Herr Janetzky, Hertha will in einem neuen Stadion spielen, weil das Olympiastadion stimmungsmäßig nicht so viel hergibt. Kann man das dem Verein verdenken?

Was heißt stimmungsmäßig nicht viel hergibt. Wenn Hertha das Stadion vollkriegt, wenn das DFB-Pokalfinale, der Kirchentag, das Turnfest oder Leichtathletik-Großevents stattfinden, dann ist die Stimmung dort fantastisch.

Also liegt der Fehler bei Hertha, weil der Klub das Stadion nicht oft voll bekommt?

Wenn Sie mich schon so fragen: Ja. Es bringt nichts, die Verpackung zu verändern, wenn der Inhalt nicht stimmt. Aber ich verstehe Herthas Bemühungen.

Inwiefern?

Die Firma Hertha BSC verfolgt kommerzielle Interessen. Und für das Geschäft ist es besser, wenn man Eigentümer statt Mieter ist. In der Bundesliga haben 16 von 18 Klubs ein eigenes Stadion. Hertha zahlt Miete – allerdings wohl eine recht günstige.

Hertha würde vermutlich auch noch Mieter sein, wenn – wie vom Senat angedacht – das Olympiastadion in eine reine Fußballarena ohne Laufbahn umgebaut wird.

Dabei muss Herthas Ziel meines Erachtens ein eigenes Stadion sein, das nicht die große Kapazität des Olympiastadions hat. Eine Abwendung von einer Multifunktionsarena, also auch ohne die weltberühmte blaue Bahn, wäre für Berlin und die deutsche Leichtathletik jedenfalls eine Katastrophe.

Ist das nicht etwas übertrieben?

Nein, überhaupt nicht. Das Olympiastadion in seiner jetzigen Form ist zum einen ein nationales Monument. Zum anderen würde die deutsche Leichtathletik das einzige Stadion verlieren, in dem große Leichtathletik-Veranstaltungen stattfinden können wie etwa Europa- oder Weltmeisterschaften. Und auch das Thema Olympische Spiele in Berlin wäre damit erstmal erledigt.

Sport-Staatssekretär Christian Gaebler sagte jüngst, dass man in der Stadionfrage auf die Interessen des Hauptmieters eingehen müsse. Schließlich würde Hertha 17 Heimspiele in einer Saison austragen, aber nur alle 17 Jahre fände ein Leichtathletik-Großereignis statt.

Die Rechnung geht nicht auf. Im Jahr 2009 hatten wir die WM, nächstes Jahr die EM. Und dazwischen viele weitere Veranstaltungen wie das Istaf. Außerdem nutzen wir das Olympiastadion für Welt- oder Europameisterschaften mehrere Tage. Da ist ein Event von der Belegung her fast schon wie eine halbe Hertha-Saison.

Gäbe es nicht eine Kompromisslösung für das Olympiastadion, etwa eine herausfahrbare Bahn?

Ich halte das für nicht umsetzbar. Die Kosten dafür wären exorbitant hoch. Auch müsste man dann wohl das Dach verlängern. Ich verstehe ja, dass der Senat seinen Hauptmieter nicht verlieren will – aber nicht um diesen Preis. Im Vergleich zu den drohenden Kosten eines Umbaus wären die Mietausfälle bei einem drohenden Auszug Herthas sehr wenig. Und das Schlimmste ist: Der Steuerzahler würde bei einem Umbau des Olympiastadion in der Konsequenz auch für die Interessen der Firma Hertha BSC einspringen. Außerdem hat der Bund vor circa zehn Jahren sehr viel Geld in die nationale Multifunktionsarena „Olympiastadion“ gesteckt, und die waren nicht als Vorbereitung zum Umbau in eine Mono-Sport-Arena gedacht. Einen Kompromiss sehe ich jedenfalls nicht.

Und der Senat wohl auch nicht. Er tendiert in diesen Tagen klar zu einem Wechsel der Berliner Leichtathletik in den Jahnsportpark.

Das ist kein Ersatz, höchstens für regionale Sportfeste. Wir prüfen zur Zeit, ob das Jahnstadion überhaupt für deutsche Meisterschaften geeignet ist. Definitiv hat es keine Zulassung zu Europa-und Weltmeisterschaften. Und auch hier wäre das Problem: Ein Umbau wäre sehr teuer.

Was wollen Sie nun gegen die Pläne des Senats tun?

Wir vom Berliner Leichtathletik-Verband wollen den gesamten Sport gegen die Pläne mobilisieren. Die Leichtathletik würde durch einen Umbau des Olympiastadions in ein reines Fußballstadion ihr Wohnzimmer verlieren. Mein Vorschlag ist aber auch, dass alle Parteien sich an einen Tisch setzen und eine Gesamtkonzeption für das Olympia-Gelände entwerfen.

Sie brachten vor Kurzem ein Volksbegehren ins Spiel?

Ich würde vorher gerne das Gespräch suchen. Aber den ersten Schritt hat am Donnerstag bei unserer Mitgliederversammlung der SCC Berlin mit seinem Präsidenten Andreas Statzkowski, dem ehemaligen Staatssekretär Sport, getan. Der SCC hat einen Antrag gestellt, dass der Berliner Leichtathletikverband ein Volksbegehren gegen den Umbau des Olympiastadions vorantreibt. Dem Antrag wurde mit nur einer Gegenstimme zugestimmt.

Glauben Sie denn, dass ein solches Volksbegehren Aussicht auf Erfolg hat?

Warum nicht? Es wäre nicht das erste Volksbegehren in Berlin, das erfolgreich wäre. Und an Argumenten fehlt es uns ja nicht.

Haben Sie denn die nötige Rückendeckung?

Zumindest von Seiten des Sports schon. Gestern hat sich endlich auch der LSB Berlin für eine Beibehaltung der Leichtathletik im Olympiastadion stark gemacht.

Gerhard Janetzky, 67, ist seit 2009 Präsident des Berliner Leichtathletik-Verbandes (BLV). Zuvor war Janetzky langjähriger Chef des Berliner Leichtathletik-Meetings Istaf.

Zur Startseite