Hertha BSC gegen Dynamo Dresden: Berlin spielt auch gegen gelb-schwarze Tribünen
Hertha BSC empfängt am Mittwochabend Dynamo Dresden im DFB-Pokal. Das Olympiastadion wird zur Hälfte mit sächsischen Fans gefüllt sein.
Es ist ja nicht so, dass in dieser Woche für die Fußballer von Hertha BSC nichts los wäre. Zwei nicht ganz unbedeutende Spiele stehen an, inklusive aller damit verbundenen Verpflichtungen. Und dann mussten die Zugänge des Sommers auch noch beim Schneider vorstellig werden, der ihre Maße für die neuen Ausgehanzüge genommen hat. Natürlich war es Zufall, dass der Termin gerade in diese Woche gefallen ist, aber eigentlich passte er ganz gut: festliche Anzüge für die Festtage, die Hertha BSC nun bevorstehen.
Das Derby am Samstag gegen den 1. FC Union ist ohne Zweifel der größere Festtag, aber auch das Vorspiel an diesem Mittwoch (20.45 Uhr, live bei Sky) hat seinen besonderen Reiz. Auf den ersten Blick mag es wie eine Pflichtaufgabe aussehen: zweite Runde DFB-Pokal, Heimspiel gegen den Vorletzten der Zweiten Liga. Doch der Eindruck täuscht. „Man hat das Gefühl, es geht um viel mehr als die zweite DFB-Pokalrunde“, sagt Herthas Trainer Ante Covic vor der Begegnung mit Dynamo Dresden.
Das liegt nicht zuletzt an den besonderen Begleitumständen des Spiels. „Dynamos größtes Auswärtsspiel“, hat die „Sächsische Zeitung“ am Dienstag über die Pokalbegegnung geschrieben. Seit der Auslosung macht Dresden mobil. Das offizielle Kartenkontingent für die Dynamo-Anhänger war in Rekordzeit ausverkauft. Hertha stockte es insgesamt zweimal auf knapp 20.000 Karten auf – doch selbst das konnte die Nachfrage nicht befriedigen.
Von 30.000, mehr als 30.000 bis hin zu 35.000 Dresdner Zuschauern ist jetzt die Rede. „Alle in Gelb“, lautet das Motto der aktiven Fanszene, so dass der westliche Teil des Olympiastadions, die Blöcke links und rechts des Marathontors, vermutlich gelb leuchten wird. Es ist nicht ausgeschlossen, dass mehr Dresdner in Berlin dabei sein werden, als in ihr eigenes Stadion (32.123 Plätze) passen. „Das ist einmalig und bemerkenswert, dass so viele Fans von uns dabei sein werden“, sagt Patrick Ebert, Dynamos Mittelfeldspieler mit Hertha-Vergangenheit.
Ebert, 32 inzwischen, hat es aus der eigenen Jugend der Berliner bis zu den Profis geschafft. Er war erklärter Liebling der Ostkurve und hat zwischen 2006 und 2012 insgesamt 146 Pflichtspiele für Hertha bestritten. An diesem Mittwoch wird er erstmals in einem anderen Trikot auf dem Rasen des Olympiastadions stehen. Ob er es schon mal erlebt habe, dass eine Auswärtsmannschaft von so vielen Fans unterstützt werde, wurde Ebert am Tag vor dem Spiel gefragt. Ja, antwortete er, mit Hertha habe er mal in der Europa League gegen Galatasaray Istanbul gespielt; da seien sogar 60.000 Türken im Olympiastadion gewesen.
Knapp 70.000 Karten wurden verkauft
Auch wenn zwischen den Fanszenen von Hertha und Dynamo keine besondere Rivalität besteht, ist die Begegnung als Risikospiel eingestuft worden. Es werden, natürlich auch bedingt durch die größere Masse an Menschen, deutlich mehr Ordnungskräfte im Einsatz sein. Auch das Polizeiaufgebot ist aufgestockt worden: Statt wie sonst üblich um die 400 Beamte sollen es am Mittwoch etwa 1000 sein. Hertha rät den Zuschauern nicht nur zu einer Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln, sondern empfiehlt auch, das möglichst früh zu tun. Die Stadiontore öffnen bereits um 18.30 Uhr, wobei die im Süden für den Anhang aus Dresden reserviert sind und das Osttor für die Hertha-Fans.
Ganz ausverkauft ist das Olympiastadion mit knapp 70.000 verkauften Karten noch nicht. Blau-Weiß und Gelb-Schwarz dürften sich in etwa die Waage halten. In Dresden setzen sie auf die Kraft der Kulisse. „Ich hoffe, dass es die Jungs pusht“, sagt Trainer Christian Fiel. „Ich wünsche mir, dass die Jungs das aufsaugen.“ Auch Hertha hofft auf eine stimmungsvolle Atmosphäre. „Ich glaube, dass die Blau-Weißen lauter sein werden“, sagt Manager Michael Preetz. „Wir freuen uns jedenfalls, dass wir ein Heimspiel haben.“
Unabhängig davon, ob Preetz die Stimmenverhältnisse unter den Zuschauern richtig einschätzt oder nicht: Auch für die Berliner ist diese Begegnung eine besondere. Es hat in diesem Jahrtausend im Olympiastadion deutlich mehr DFB-Pokalendspiele ohne Hertha-Beteiligung gegeben als Hauptrundenspiele mit Hertha-Beteiligung. Seit der Jahrtausendwende haben die Berliner in diesem Wettbewerb ganze sieben Heimspiele bestritten – und davon wiederum nur zwei (gegen Borussia Mönchengladbach und den 1. FC Kaiserslautern) gewonnen. Die jüngsten drei gingen allesamt verloren.
Derart favorisiert wie diesmal aber waren die Berliner selten. Dynamo liegt nicht nur auf dem vorletzten Tabellenplatz in der Zweiten Liga, die Mannschaft hat zuletzt auch viermal hintereinander verloren. Trotzdem sagt Fiel, der 2004 mit Alemannia Aachen als Zweitligaspieler im Pokalfinale stand: „Im Pokal kann Besonderes passieren. Das ist eine Chance, die Stimmung in eine andere Richtung zu lenken.“
Das weiß auch Ante Covic. „Auf diese Gefahr sind wir vorbereitet“, sagt er. Herthas Trainer ahnt, „dass diese Pokalrunde sehr gefährlich ist“, weil die Dresdner vermutlich alles daran setzen werden, sich im Pokal neuen Mut für den Abstiegskampf in der Liga zu verschaffen. Auch deshalb haben sie bei Hertha allergisch auf alle Andeutungen zum vermeintlich wichtigeren Spiel gegen Union am Wochenende reagiert. Dass Hertha am Mittwoch schon vom Derby am Samstag abgelenkt sein könnte, glaubt auch Fiel nicht. „Wir wollen was Großes schaffen“, sagt er. „Ob Hertha mit den Gedanken in der Wuhlheide ist oder am Wannsee, das ist uns egal.“
So könnte Hertha spielen: Kraft – Klünter, Stark, Rekik, Plattenhardt – Grujic, Skjelbred – Wolf, Darida, Lukebakio – Selke.