Kein Sieg für Eriksen: Belgien schlägt Dänemark im zweiten Durchgang
Den Dänen gelingt im Spiel nach dem Kollaps von Christian Eriksen ein Blitzstart. Belgien beweist aber den längeren Atem - und bringt de Bruyne von der Bank.
Auch viel Herz und Leidenschaft haben Dänemark im ersten EM-Spiel nach dem dramatischen Zusammenbruch von Topstar Christian Eriksen nicht vor der zweiten Niederlage bei der Fußball-Europameisterschaft bewahrt. Unterstützt von 25 000 lautstarken Zuschauern in Kopenhagen verlor der Co-Gastgeber am Donnerstag trotz früher Führung und eines leidenschaftlichen Auftritts gegen den WM-Dritten Belgien mit 1:2 (1:0) und steht vor dem vorzeitigen EM-Aus. Der noch punktlose Europameister von 1992 ist hinter Belgien (6), Russland (3) und Finnland (3) nun sogar Gruppenletzter.
Entscheidend für den Spielverlauf war das Comeback des belgischen Topstars Kevin de Bruyne von Manchester City, der nur zweieinhalb Wochen nach seinem Augenhöhlen- und Nasenbeinbruch im Champions-League-Finale zu Beginn der zweiten Halbzeit eingewechselt wurde. Der 29-Jährige bereitete den Ausgleich durch den Dortmunder Thorgan Hazard (55. Minute) vor und erzielte dann selbst den Siegtreffer (71.). Yussuf Poulsen (2.) vom deutschen Vizemeister RB Leipzig hatte die Gastgeber früh in Führung gebracht und die Gänsehaut-Atmosphäre im Parken Stadion sogar noch gesteigert.
Für die Dänen war es bei der Rückkehr an den Ort ihres Dramas der erwartet emotionale Abend. In dem Stadion, in dem der 29 Jahre alte Eriksen am vergangenen Samstag beim Auftaktspiel gegen Finnland (0:1) auf dem Spielfeld zusammengebrochen und wiederbelebt worden war, wurden seine Teamkollegen diesmal schon beim Aufwärmen bejubelt. Alle trugen etwas zu diesem Gesamterlebnis zu Eriksens Ehren bei. Zahlreiche Fans kamen mit seinem Namen und seiner Rückennummer 10 auf ihren Trikots ins Stadion. An den Tribünen hingen Plakate wie „Hele Danmerk er med dig, Christian“ (Ganz Dänemark ist mit dir, Christian).
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Die Stadionregie spielte noch vor den Nationalhymnen die Fußball-Hymne „You'll never walk alone“ ein, die als Symbol des Zusammenhalts ansonsten vor allem beim FC Liverpool gespielt wird. Nach zehn Spielminuten unterbrach Schiedsrichter Björn Kuipers aus den Niederlanden dann sogar die Partie, damit alle Zuschauer und Spieler noch einmal lautstark für Eriksen applaudieren konnten.
Dänemarks Trainer Kasper Hjulmand hatte am Vortag noch davor gewarnt, dass diese riesige Welle der Unterstützung seine Spieler auch überfordern könnte. Doch tatsächlich passierte dann das, was Kapitän Simon Kjaer schon am Nachmittag in seiner Grußbotschaft an die Fans vorweggenommen hatte: „Wir werden den Platz mit Christian in unseren Herzen betreten“, schrieb der Abwehrchef vom AC Mailand. Dass es Eriksen wieder besser gehe, sei „die größte Motivation für uns alle“.
Das setzte bei den Dänen so viele Kräfte frei, dass sie mit sportlichen Mitteln regelrecht über die Belgier herfielen und sich leidenschaftlich in jeden Ball und jeden Zweikampf warfen. Es waren gerade 99 Sekunden gespielt, da schien die Arena in ihren Grundfesten zu erbeben. Nach einem Fehler in der belgischen Abwehr kam Poulsen an den Ball und traf mit einem präzisen Flachschuss ins Eck. Es war das zweitschnellste EM-Tor der Geschichte nach dem Russen Dmitri Kiritschenko, der 2004 gegen Griechenland schon nach 65 Sekunden getroffen hatte.
Die Dänen agierten wie aufgedreht und ließen die Belgier überhaupt nicht zur Entfaltung kommen. Joakim Maehle, Daniel Wass und Mikkel Damsgaard hätten die Führung vor der Pause ausbauen können. Die Belgier um ihren mit Eriksen befreundeten Stürmerstar Romelu Lukaku blieben in der ersten Halbzeit dagegen ohne Torchance.
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Doch dann kam de Bruyne, der den EM-Auftakt gegen Russland (3:0) noch verpasst hatte. Der frühere Bundesligaprofi vom VfL Wolfsburg führte sich gleich gut ein, als er mit einem Querpass den Ausgleich durch Thorgan Hazard vorbereitete. Vorangegangen war ein unwiderstehliches Solo von Lukaku. Wenig später gab Axel Witsel nach 159 Tagen sein Comeback. Der Defensivmann von Borussia Dortmund hatte sich Anfang Januar beim Bundesligaspiel in Leipzig einen Achillessehnenriss zugezogen.
Es war aber vor allem de Bruyne, der dem belgischen Spiel die zuvor vermissten Impulse gab. Der Blondschopf dirigierte nicht nur, sondern traf auch selbst mit einem Flachschuss ins kurze Eck zur Führung. Aus Respekt vor Eriksen bejubelte er seinen Treffer nicht. Kurz vor Schluss standen die nie aufgebenden Dänen dicht vor dem Ausgleich, doch Martin Braithwaite (87.) traf mit einem Kopfball nur die Latte.