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Dynamisch. Peter Niemeyer (links) im Einsatz für Münster.
© imago images/Kirchner-Media

Interview mit Peter Niemeyer vor dem Pokalspiel bei Preußen Münster: „Bei Hertha machen sie das seriös“

Der ehemalige Hertha-Kapitän Peter Niemeyer spricht über seine Arbeit bei Preußen Münster und über das Pokalspiel gegen seinen ehemaligen Klub.

Peter Niemeyer, 37, spielte als Profi für Twente Enschede, Werder Bremen und Hertha BSC. Bei den Berlinern war er von 2010 bis 2015 aktiv und bis 2013 auch ihr Mannschaftskapitän. Seit Juli 2020 ist er Sportdirektor bei Viertligist Preußen Münster, der am Dienstag (18.30 Uhr, live auf Sky) Hertha BSC in der zweiten Runde des DFB-Pokals empfängt.

Peter Niemeyer, beim Pokalspiel gegen Hertha BSC müssen ja zwei Herzen in Ihrer Brust schlagen. Sie waren als Spieler einst Kapitän bei Hertha BSC und haben mal gesagt, dass Sie Hertha-Fan seien. Wie groß ist denn die Vorfreude auf die Begegnung mit ihrem langjährigen Arbeitgeber?
Es ist schon etwas Besonderes für uns, in der zweiten Runde des DFB-Pokals gegen so einen großen Bundesligisten zu spielen. Was den Fan geht, das kann ich schon trennen. Berlin war für mich eine besondere Station, mein ältester Sohn ist dort geboren und ich habe mich auch immer mit dem Verein identifiziert. Nur dann kann man ja als Spieler auch die optimale Leistung abrufen. Aber mal losgelöst von mir: Die Vorfreude im und um den Verein herum ist riesig, dass wir nun gegen Hertha spielen.

Hertha kommt in der Bundesliga so langsam ins Rollen, vielleicht zu einem ungünstigen Zeitpunkt für Preußen Münster. Was müsste denn nun passieren, damit es am Dienstagabend eine Pokal-Überraschung gibt?
So ziemlich alles, so realistisch muss man sein. Das kleine Fünkchen Hoffnung haben wir. Auf dem Papier sind wir chancenlos, aber darin liegt dann vielleicht auch die Chance

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Das Spiel ist ausverkauft, die Euphorie in Münster ist groß. Beschreiben Sie doch mal den Zustand des Klubs. Sie spielen nun das zweite Jahr in der Viertklassigkeit. Die Regionalliga ist ein Nadelöhr, was den Weg nach oben angeht. Nur ein Klub aus dem Westen steigt auf und sie haben große Klubs wie Rot-Weiss Essen als Konkurrenten.
Die Regionalliga West gehört schon zu den besten Regionalligen, da sind viele Zweitvertretungen von Bundesligisten dabei, aber auch viele Traditionsvereine wie wir. Das ist natürlich ein riesiges Hauen und Stechen, da es nur einen Aufstiegsplatz gibt. Wir haben uns nach dem Abstieg aus der Dritten Liga gut sortiert und wollen jetzt oben mitspielen. Wir haben einen guten Kader, leider nun einige Verletzte. Wir waren am Anfang der Saison sehr, sehr stabil und haben daher auch gegen Wolfsburg ein gutes Spiel gehabt. Jetzt fehlt so ein wenig das Selbstverständnis, welches wir uns in der Rückrunde erarbeitet hatten und da sind wir jetzt momentan auf der Suche danach.

Das Spiel in der ersten Pokalrunde gegen den VfL Wolfsburg haben sie erst im Nachspiel gewonnen, weil ihr Gegner unerlaubt oft ausgewechselt hatte. Ein Wechselfehler wird Hertha wohl kaum passieren. Oder wäre das die Chance?
Da gehe ich nicht von aus. Ich hätte mir gewünscht, dass wir anders weitergekommen wären. Ich habe mich nach dem Urteil auch nicht als Sieger gefühlt, das hätte ich gerne auf dem grünen Rasen ausgefochten. Aber ich hatte gegenüber Verein, Mannschaft und den Fans die Pflicht, Einspruch einzulegen gegen die Wertung des Spiels. Ich muss auch sagen: Wir haben jetzt nicht 0:10 verloren, sondern wir hatten einen Champions-League-Verein bis zur 90. Minute am Rande einer Niederlage. Ich fühlte mich nicht als Gewinner nach dem erfolgreichen Einspruch, aber ich freue mich darüber. Weil es ein Riesenplus für den Klub ist.

Alte, auch oft gute Zeit. Peter Niemeyer (links) vor neun Jahren im Trikot von Herha BSC.
Alte, auch oft gute Zeit. Peter Niemeyer (links) vor neun Jahren im Trikot von Herha BSC.
© picture alliance/dpa

Die Einnahmen aus dem Spiel sind für Ihren Klub wichtig, inwieweit lässt sich mit dem Spiel auch an Renommee gewinnen? In Münster klebt an jedem Laternenpfahl ein Preußen-Aufkleber, der Klub ist von der Beliebtheit her die Nummer Eins in der Stadt, obwohl nur viertklassig. Münster hat mehr als 300 000 Einwohnende, so ein Klub mit dem Hintergrund gehört gefühlt nicht in die Regionalliga.
Da ist halt diese Diskrepanz zwischen dem Ist-Zustand und wo man sich selber sieht. Es steht nirgendwo festgeschrieben, dass Hertha BSC in die Bundesliga gehört und Preußen Münster in die Zweite oder Dritte Liga. Wir sind Gründungsmitglied der Bundesliga, aber wir tun als Verein gut daran, die Sache mit einer gewissen Demut anzugehen. Man muss halt dafür auch was machen, damit es nach oben geht.

„Lars Windhorst scheint gut für Hertha zu sein“

Die Nähe zur Stadt haben Sie, Sie sind unweit von Münster geboren.
Ich bin zwischen Münster und Osnabrück groß geworden, in Riesenbeck. Aber ich bin früh nach Holland gegangen und dann zu Werder Bremen. Die Nähe zum Stadion habe ich erst jetzt aufgebaut.

Das Preußenstadion wird in wenigen Jahren 100, wurde oft umgebaut und ist nicht im allerbesten Zustand. Wie sehen Sie das?
Das Thema beherrscht Münster schon einige Dekaden, aber jetzt sind wir so nah dran wie nie. Im nächsten Jahr wird, so ist der Plan, die gesperrte Kurve abgerissen, die Pläne stehen für den Umbau. Damit schaffen wir ein Fundament, um wieder höherklassig spielen zu dürfen. Andere Vereine im Umland sind uns einfach enteilt – weil sie das vorhandene Budget in die Struktur gesteckt haben. Mit dem Bestreben, ein Nachwuchsleistungszentrum aufzubauen, werden auch wir weitere strukturelle Maßnahmen treffen, um nachhaltig Erfolg zu haben. Der Weg ist sicher schwierig, weil wir nicht den einen großen Investor haben.

Das Modell großer Investor ist im deutschen Profifußball immer weiter verbreitet. Oberklassig gibt es viele Klubs, die es früher noch nicht gab und die nur Dank großer Investitionen nach oben kommen konnten. Wie sehen Sie das?
Das Problem ist doch, die Traditionsvereine haben es schwer. Oft sind Traditionsklubs große Kreuzfahrtschiffe, die schwer zu manövrieren sind und die Vereine mit einem Großinvestor sind Schnellboote, die wesentlich flexibler sind und schnell reagieren können.

Hat es deshalb ein Retortenklub wie RB Leipzig einfacher? Weil die eher weniger mit ihren Mitgliedern diskutieren und einfach machen?
Das muss nicht so sein. Ein großer Investor kann eben auch hilfreich sein. Lars Windhorst bei Hertha scheint gut zu sein, auch wenn ich da natürlich sehr weit weg bin. Es scheint mir seriös zu sein, was da in Berlin gemacht wird.

Lars Windhorst hat sich für Berlin und nicht für Münster entschieden. Was muss passieren, damit es bei den Preußen aufwärts geht?
Der Stadionbau ist der Hebel, dann brauche wir neue Trainingsplätze und wenn wir das mit der Struktur hinbekommen werden, dann wird es aufwärts gehen hier in Münster. Da bin ich mir sicher.

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