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Jens Lehmann sorgt nicht zum ersten Mal mit fragwürdigen Aussagen für Kritik.
© Kraft/Imago
Update

Rassistische Nachricht von Jens Lehmann: Bei Hertha BSC brennt es mal wieder

Jens Lehmann ist nicht mehr Teil des Aufsichtsrats von Hertha BSC. Der ehemalige Nationaltorwart hatte Dennis Aogo als „Quotenschwarzen“ bezeichnet.

Pal Dardai ist wirklich nicht zu beneiden. Als wäre die Aufgabe, Hertha BSC vor dem Abstieg aus der Bundesliga zu retten, nicht schon schwer genug, muss sich der 45 Jahre Ungar immer wieder mit außersportlichen Themen herumschlagen.

Seitdem er am 25. Januar erneut den Job als Profitrainer bei Hertha übernommen hat, wurde sein Landsmann Zsolt Petry wegen abwertender Äußerungen zu Homosexualität und Migration als Torwarttrainer entlassen, die Mannschaft musste nach mehreren Corona-Fällen in eine zweiwöchige häusliche Quarantäne und Dienstagnacht leistete sich Aufsichtsrat Jens Lehmann einen rassistischen Fehltritt, für den er von Investor Lars Windhorst noch am Mittwoch von seinem Amt entbunden wurde.

„Ich möchte nicht so viel darüber reden“, sagte Dardai in der Pressekonferenz vor dem Nachholspiel gegen den SC Freiburg an diesem Donnerstag (18.30, Dazn). „Uns als Mannschaft hat die Causa Lehmann kaum berührt, wir konzentrieren uns voll auf den Endspurt und haben keine Zeit, uns mit anderen Themen zu befassen.“ Für Dardai und seine Spieler mag diese Prioritätensetzung zutreffen, in der Öffentlichkeit war das wichtige Heimspiel gegen Freiburg aber plötzlich nur noch eine Randnotiz. Im Fokus stand einzig Lehmanns rassistische Äußerung.

Bekannt wurde sie durch einen Screenshot, den Dennis Aogo in einer Instagram-Story veröffentlichte. Der ehemalige Nationalspieler, der wie einst Lehmann Sky-Experte ist und am Dienstagabend in der Champions League für den Sender im Einsatz war, hatte alle Nachrichten, die dem Screenshot zufolge vom Handy von Lehmann stammten, bis auf eine geschwärzt. Rot umrandet hatte der 34-Jährige die Frage: „Ist Dennis eigentlich euer qotenschwarzer?“ Versehen war der Satz mit einem Lach-Smiley vor dem Fragezeichen. „WOW dein Ernst? @jenslehmannofficial Die Nachricht war wohl nicht an mich gedacht!!!“, hatte Aogo Richtung Lehmann gefragt.

In den sozialen Medien wurde Lehmann scharf kritisiert und schnell wurde deutlich, dass dies nicht die einzigen Folgen für den ehemaligen Nationaltorwart bleiben würden. Hertha-Investor Windhorst und seine Tennor Holding kappten am Mittwoch die Verbindungen zu Lehmann. „Jens Lehmann ist nicht mehr Berater“, sagte Sprecher Andreas Fritzenkötter. Damit gehört Lehmann mit sofortiger Wirkung auch nicht mehr dem Aufsichtsrat der Profiabteilung Hertha BSC GmbH & Co. KGaA an. Der 51-Jährige war in dieser Position erst im Mai 2020 auf Jürgen Klinsmann gefolgt, der den Verein als Trainer auf unrühmliche Weise verlassen hatte.

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Herthas Präsidium begrüßte die schnelle Entscheidung des Investors. „Solche Einlassungen entsprechen in keiner Weise den Werten, für die Hertha BSC steht und sich aktiv einsetzt. Hertha BSC distanziert sich von jeglicher Form von Rassismus“, sagte Vereinspräsident Werner Gegenbauer. Ähnlich äußerte sich am Mittwoch auch Alexander Schwolow. „Wir als Hertha vertreten bestimmte Werte und die haben sich in dieser Nachricht nicht wiedergefunden. Deshalb musste es zu diesem Schritt kommen“, sagte der Torwart auf der Pressekonferenz.

Auch die TV-Sender Sky und Sport1 reagierten und wollen Lehmann künftig nicht mehr einladen. „Wir hatten Jens Lehmann oft als Gast in unserem Programm, sind sehr enttäuscht über sein Verhalten und planen, ihn jetzt nicht mehr als Gast in unsere Sendungen einzuladen“, schrieb Sky-Sportchef Charly Classen.

Lehmann hatte am Mittwochvormittag noch versucht, die Aufregung mit einer kurzen Stellungnahme auf Twitter zu beruhigen, tat damit aber eher das Gegenteil. „In einer privaten Nachricht von meinem Handy an Dennis Aogo ist ein Eindruck entstanden für den ich mich im Gespräch mit Dennis entschuldigt habe“, schrieb Lehmann. „Als ehemaliger Nationalspieler ist er sehr fachkundig und hat eine tolle Präsenz und bringt bei Sky Quote.“ An wen die ursprüngliche Nachricht, die offensichtlich nicht an Aogo gehen sollte, eigentlich gerichtet war, erklärte er nicht. „Ich nehme seine Entschuldigung an. Ich fand nicht gut, was er geschrieben hat. Ich fand auch die Formulierung nicht gut, ich finde das auch ein Stück weit respektlos, weil man so etwas nicht schreibt, egal, an wen die Nachricht adressiert war“, sagte Aogo.

Es ist nicht das erste Mal, dass Lehmann mit seinen Aussagen für Diskussionen sorgt. Im vergangenen Jahr verharmloste er bei mehreren Fernsehauftritten das Coronavirus, verglich Covid-19 noch im Dezember mit einer Grippe und kritisierte die Eindämmungsmaßnahmen.

Bereits im Jahr 2014 riet er bei Sky homosexuellen Fußballern vom Coming-out ab, da die Reaktionen unvorhersehbar seien und das „Privatsache“ sei. Dabei sagte er ebenfalls, dass es komisch gewesen wäre, wenn er als Aktiver von Thomas Hitzlspergers Homosexualität erfahren hätte. „Man duscht jeden Tag zusammen, man hat Phasen, in denen es nicht so läuft. Aber Thomas Hitzlsperger ist ein Spieler, der erstens sehr intelligent ist, und zweitens von seiner Spielweise überhaupt nicht den Anlass gegeben hätte, dass man hätte denken können, da ist irgendetwas“, sagte Lehmann damals. (mit dpa)

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