zum Hauptinhalt
Ratloser Adliger. Luca di Montezemolo wartet seit 2007 auf einen Weltmeistertitel für seine roten Autos.
© Imago

Formel 1: Bei Ferrari herrscht Panik

Nach jahrelanger Erfolglosigkeit herrscht bei Ferrari Unzufriedenheit. Und Besserung ist in dieser Saison nicht in Sicht. Inzwischen wird es auch für Präsident Luca di Montezemolo eng.

Die neue Formel 1 ist durch die neuen Motoren ja eher leise, doch bei Ferrari herrscht Krach. Anstatt durch das neue Reglement näher an die Spitze zu kommen, liegen die Italiener weiter hinten als je zuvor in den letzten Jahren. Vor allem der neue Antriebsstrang inklusive Motor, Herzstück der diesjährigen Formel 1, geriet bei Ferrari viel zu leistungsschwach und schwer. Die Hoffnung auf die Weltmeisterschaft kann das Team wohl schon vor dem Rennen in China an diesem Wochenende wieder vergessen. Doch dass es schon jetzt, nach nur drei Saisonrennen, zur Trennung von Teamchef Stefano Domenicali kommen würde, das sah schon gewaltig nach einer erneuten Panikreaktion von Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo aus. Derartiges ist in Maranello ja nichts Neues – zumal di Montezemolo in den letzten Jahren noch dünnhäutiger geworden ist. Die vergeblichen Anläufe seit dem letzten Titelgewinn 2007 mit Kimi Räikkönen haben dem Traditionsrennstall und offenbar auch dem Adligen selbst zugesetzt.

Die Trennung von Domenicali verlief allerdings anders als zunächst gedacht. Zwar tatsächlich „einseitig“, aber genau anders herum. Domenicali, von der internen Ferrari-Politik, seiner Dauerrolle als Sündenbock und der fehlenden Anerkennung bei Erfolgen frustriert, wollte schon öfter hinwerfen. Der ständige Vorwurf, er habe als Teamchef nichts erreicht, nagte an ihm. Dabei kämpfte Ferrari unter Domenicali dreimal – 2008, 2010 und 2012 – bis zum letzten Rennen um den WM-Titel und verlor zum Teil nur unter sehr unglücklichen Umständen. Etwa 2008, als Felipe Massa in Interlagos bis zur letzten Kurve Weltmeister war, ehe Lewis Hamilton im McLaren doch noch den Titel holte.

Auch 2010 war es knapp – Sebastian Vettel profitierte bei seinem ersten Titel davon, dass sich die Ferrari-Strategen verrechneten und Fernando Alonso nach einem verplanten Boxenstopp hinter Witali Petrow hängenblieb. Nicht zuletzt der riesige Ärger von Montezemolo sorgte dafür, dass als Sündenbock der bis dahin doch sehr erfolgreiche Ingenieur Chris Dyer gehen musste. Dabei lag die Schuld an der Niederlage nicht nur beim Team, auch Alonso selbst hatte seinen Anteil. Der Spanier hatte sich höchstpersönlich für eine zu kurze Getriebeübersetzung entschieden, durch die er Petrow auf der Geraden nicht überholen konnte.

Der letzte Titelgewinn gelang im Jahr 2007

Damals deckte Domenicali Alonso, der sich gern als heimlicher Teamchef bei Ferrari sieht. Es war nicht der einzige derartige Fall. Bis heute allerdings fand der Spanier, der sonst jede Kleinigkeit über Twitter in die Welt posaunt, keine Worte zum Abgang seines Teamchefs. Spätestens seit August, als Domenicali mit Rückendeckung di Montezemolos auf Alonsos Abwanderungsgedanken mit dem deutlichen Signal der Rückholung von Kimi Räikkönen reagierte, war das Verhältnis zwischen Pilot und Teamchef angespannt.

Als Domenicali jetzt gegenüber dem immer wieder Druck machenden Montezemolo erklärte, dass er eigentlich nicht mehr wolle, kam das dem Boss, der angesichts der Krise Handlungseifer beweisen wollte, offensichtlich sehr gelegen. Er versuchte gar nicht erst, seinen Teamchef zum Bleiben zu bewegen. Stattdessen zauberte er auf die Schnelle ein neues Gesicht aus dem Hut: Marco Mattiaci. Dass der bei den Roten die Dinge jetzt zum Besseren wenden kann, wird allerdings selbst in Italien bezweifelt. Denn Mattiaci hat bisher von der Formel 1 so gut wie keine Ahnung. Als Vorstand von Ferrari USA war es bisher vor allem seine Aufgabe, dort den Absatz an Straßensportwagen zu erhöhen.

Wie der Quereinsteiger Ferrari auf die Schnelle Beine machen soll, ist die große Frage. Ein Ansatz wäre bei den Problemen, die nicht technischer Natur sind. Denn der Rennstall ist geprägt von frustrierten und auf ihre Eigeninteressen bedachten Mitarbeitern, die oft mehr gegeneinander als miteinander arbeiten. Dazu kommt Alonso, der jetzt erst recht versuchen wird, den heimlichen Teamchef zu spielen. Und an der Spitze di Montezemolo, der zwar immer wieder große Reden schwingt, aber auch nicht dafür sorgen kann, dass tatsächlich Besserung eintritt. Die italienischen Medien jedenfalls sind schon angriffsbereit. Wenn das Experiment Mattiaci scheitert, dann könnte es auch für Luca di Montezemolo ganz oben an der Spitze der Scuderia bald ungemütlich werden.

Zur Startseite